Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
schützende Dunkelheit zurückzog.
Die drei Elfen auf der gegenüberliegenden Seite der Schlucht machten jedoch ohnehin keine Anstalten, auf ihn anzulegen. Offensichtlich hatten sie seine Warnung verstanden.
Jenseits der Schlucht
»Zumindest in einem hat dieser Schlauberger recht«, gestand Todbringer ein. »Es gibt noch viel, was wir über die Orks lernen müssen. Aber genau deshalb sind wir schließlich hier.«
»Wir folgen ihnen also?« Feibe war nur schwer zu verstehen, weil unzählige Spinnenbisse seine Gesichtsmuskeln lähmten.
»Natürlich folgen wir ihnen. Aber von jetzt an mit größerem Abstand. Dieser Urok scheint unsere Tarnmäntel zu durchschauen.«
Ein leises Flattern ließ alle drei aufhorchen. Todbringer wusste
schon, dass es sich um die Taube handelte, noch ehe er ihr goldenes Gefieder im Mondlicht schimmern sah. Als Feibe sein Blasrohr aus dem Mantel zog, legte er ihm eine Hand auf die Schulter und befahl: »Lass das! Damit hast du heute schon genug Schaden angerichtet!«
»Aber …« Feibe sah ihn aus großen Augen an. »Wenn der Lichtbringer erfährt, was hier vorgefallen ist, wird er die Gepanzerten losschicken. Du weißt, dass einige von ihnen entlang des Sumpfes postiert sind.«
»Umso besser«, antwortete Todbringer kalt. »So kommt der Ork wenigstens nicht zum Nachdenken.«
»Aber was ist mit Feene?«, wandte auch Peno ein, obwohl die Taube längst außer Reichweite war. »Was ist, wenn der Ork sie tötet, weil …«
»Unsinn!«, fiel ihnen Todbringer harsch ins Wort. »Feene lässt sich doch von einem wie dem nicht unterkriegen. Dazu ist das Luder viel zu gerissen.«
Peno und Feibe hüteten sich, darauf zu antworten. Das sprach für ihre Intelligenz.
Und so folgten sie auch gehorsam, als Todbringer den Atem des Himmels nutzte, um zu einem gewaltigen Sprung anzusetzen, der weder Orks noch Menschen möglich gewesen wäre.
Die vor ihnen aufklaffende Schlucht war so breit, dass sogar die drei Schattenelfen Mühe hatten, sie zu überwinden. Doch es gelang ihnen, einem wie dem anderem.
Die große Baumbrücke zu zerstören war vollkommen umsonst gewesen.
27
S angor, im Schatten der Schwebenden Festung
»Du musst sie töten«, flüsterte Nera. »Hörst du? Gleich jetzt.« Die Forderung passte so gar nicht zu dem friedlichen Bild, das
sie nach außen hin gab: halb aufgerichtet in den Kissen sitzend, den Neugeborenen erschöpft, aber liebevoll an die Brust gedrückt. Ihr Gesicht glänzte immer noch vor Schweiß. Eine verklebte Strähne hing an ihrem linken Mundwinkel und wippte bei jedem Wort auf und ab. Nera bemerkte es nicht, oder es fehlte ihr ganz einfach die Kraft, sie fortzupusten.
Benir strich das Haar in einer zärtlichen Geste aus ihrem Gesicht. Dann wandte er sich seinem Sohn zu, der so friedlich in ihren Armen schlummerte. Sein zierlicher Kopf wirkte fast kahl, dabei war er mit dichtem weißblondem Flaum überzogen. Beide Augen fest geschlossen, die Wangen so rosig wie die eines Menschen, lächelte er still vor sich hin. Der Kleine schien mit sich selbst und der Welt um ihn herum vollkommen zufrieden zu sein.
Ganz im Gegensatz zu seiner Mutter.
»Lass die Amme nicht gehen«, drängte Nera nun so laut, dass es bestimmt bis ans andere Ende des Zimmers zu hören war. »Sie wird uns sonst verraten.«
»Red keinen Unsinn«, gab er leise zurück. »Wenn sie das wirklich wollte, hätte sie es längst getan. Wir können ihr vertrauen. Außerdem brauchen wir sie noch.«
Nera zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Das tat sie häufig, wenn sie überlegte, ob sie lieber nachgeben oder richtig wütend werden sollte. Ihre Augen glitzern plötzlich wie Eis, doch Benir hielt dem kalten Blick schweigend stand.
Die Unterlippe wanderte zurück. »Dann töte ich sie eben selbst.«
Sie machte tatsächlich Anstalten, sich in die Höhe zu stemmen, sackte aber sofort kraftlos zurück. Kein Wunder, schließlich hatte sie gerade erst den härtesten Kampf ihres Lebens überstanden. Weder ihr noch Benir war vorher klar gewesen, wie anstrengend so eine Geburt für eine Mutter sein konnte. Und dass es fast ebenso viel Blut kostete, dieser Welt ein Leben zu schenken, wie ihr gewaltsam eins zu nehmen.
Von Krämpfen geschüttelt, legte Nera den Kopf tief in den Nacken. Einen Moment lang traten ihre Halsstränge wie straff gezogene Seile
hervor, dann entspannte sie sich wieder. Vollkommen ermattet sah sie zu Benir in die Höhe, unfähig, noch ein Wort zu sprechen. Aber der Wunsch, den er in
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