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Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Titel: Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Bevölkerung. Wer wie Benir von oben auf das Gewirr der Gassen hinabblickte, bemerkte rasch, dass Sangor etwas fehlte, was jeden anderen Marktplatz des Landes auszeichnete: das Lärmen und das laute Feilschen der Besucher, aber auch ihr Lachen.
    Tatsächlich. Seitdem die Schwebende Festung über ihren Köpfen thronte, war vor allem das Lachen der Menschen verstummt.
    Zwar linderte der Schatten, den Gothars Residenz über die alte Hafenmetropole warf, an manchen Tagen die sengende Hitze, doch bedrückte er auch die Menschen, die in seinem Halbdunkel lebten. Benir erging es da nicht viel anders als den Einheimischen. In diesem Moment hätte er sich allerdings ein wenig mehr Schutz vor der unbarmherzig vom Himmel brennenden Mittagsglut gewünscht. Zu dieser Tageszeit spendete die Festung nur eine senkrecht abfallende Schattensäule, die sich auf das unter ihr liegende Hafenbecken konzentrierte.

    Trotz seines dünnen, luftigen Umhangs, der sich in der leichten Meeresbrise blähte, spürte Benir, wie ihm am Rücken und an den Armen immer mehr Schweißperlen aufquollen, um seine Haut mit einer hauchdünnen Schicht klebriger Feuchtigkeit zu bedecken. Es gehörte schon einiges dazu, einen Elf zum Schwitzen zu bringen, doch gegen die Unbilden der Natur war auch Benirs Volk nicht gefeit.
    Es waren Momente wie diese, in denen er mit jeder Faser seines Körpers spürte, dass er einfach nicht hierhergehörte. Seine helle, äußerst lichtempfindliche Haut war für ein Leben im Schatten dichter Laubkronen geschaffen, nicht für diesen felsigen, von der Sonne verbrannten Landstrich.
    Obwohl er die dichten Wälder seiner Heimat nur aus Erzählungen kannte, sehnte sich sein Herz dennoch danach, zwischen hoch aufragenden Stämmen über weiches, feucht glitzerndes Moos zu laufen und bis zu den Fußknöcheln darin zu versinken.
    Für die Länge eines kurzen Atemzugs erwachte in ihm der unbändige Wunsch, einfach alles hinter sich zu lassen. Nur fort von hier , schoss es ihm durch den Kopf. Über die Dächer davon und zur Stadt hinaus .
    Ja, genau das wünschte er sich, obwohl niemand von ihnen den Weg in die Heimat kannte. Schlimmer noch, weder er noch die anderen wussten, wie das Land eigentlich hieß, aus dem ihre Urmütter stammten. Stattdessen mussten sie alle davon ausgehen, dass die Wälder der Ahnen nicht einmal mehr existierten.
    Sie waren Gothar dem Allmächtigen unterlegen gewesen, und das schon vor drei, vier oder sogar fünf Generationen. Seitdem gab es kein Volk der Elfen mehr, das unter sonnendurchflutetem Grün umherwandelte. Nur noch Geschöpfe der Nacht, die ihr Gesicht vor der sengenden Himmelsglut verbargen. Nur noch Leibeigene, die ihr Leben am Tag der Geburt verwirkten und von geborgter Zeit lebten.
    Wandelnde Tote im Dienste des Tyrannen.
    Benir verspürte den Drang, vor Schmerz laut aufzuschreien. Rasch unterdrückte er die aufwallenden Gefühle, die ihn zu überwältigen
drohten. Dazu dachte er an ein massives Portal, das sich direkt vor seinen Augen schloss.
    All die Ohnmacht und Trauer, die er über das Schicksal seines Volkes empfand, verschwand hinter tonnenschwerem Stahl, als die beiden großen Torflügel mit einem dumpfen Knall aneinanderstießen. Ein schwebender Querbalken, der wie von unsichtbarer Hand in die Halterung sank, sorgte dafür, dass sie verschlossen blieben, sodass ihn die dahinter verborgenen Gefühle nicht mehr aus der Ruhe bringen konnten.
    Einen Moment lang sah er dieses Tor so deutlich vor sich, dass er jede einzelne schmiedeeiserne Niete, jeden Rostfleck und jede sich noch so klein auf der brünierten Oberfläche abzeichnende Schramme zu erkennen glaubte. Dann verschwand es mitsamt den ausgesperrten Gefühlen, und Benir wurde wieder der entschlossene Schattenelf, der nicht an Flucht, sondern an Widerstand dachte.
    »Seht nur, dort oben!« Die Stimme, die aus den Tiefen des Basars emporstieg, zischelte wie die eines Schädelreiters. »Geflügelte in Menschengestalt!« Der Rufer konnte sich noch nicht lange in Sangor aufhalten. Kein Einwohner der weißen Stadt brach noch in überraschte Rufe aus, bloß weil zwei Lichtbringer von der Festung herabsanken.
    Mit flatternden Gewändern, die von weitem tatsächlich an schlagende Flügel erinnerten, schwebten sie aufrecht über die Türme der kasernierten Einheiten hinweg. Nahe der Stadtmauer gingen sie nieder. Dort, wo die Schädelreiter mit ihren Lindwürmern Quartier bezogen hatten und es regelmäßig zu Spannungen mit den Einheimischen

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