Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
hätten oder nur eine dunkle Ecke zum Wasserlassen suchten.
Stattdessen musterten sie ihn aus gelb geschlitzten Pupillen. Ihr Versuch, unter seine tief ins Gesicht gezogene Kapuze zu spähen, schlug dabei fehl. Trotzdem schienen sie zu ahnen, was mit ihm nicht stimmte. Vielleicht weil sie die Silbermasken kannten, hinter denen die echten Lichtbringer ihre Gesichter verbargen.
Benir hob beide Hände und ließ sie seine offenen Handflächen sehen. Auch das entlockte ihnen keinen einzigen nervösen Wimpernschlag.
»Du bist nicht das, was du vorgibst zu sein«, sagte ihm der größere der beiden auf den Kopf zu. »Sonst brauchtest du nicht zu fragen, was wir hier wollen.« Seine Stimme klang genau wie die des Rufers, der vorhin so aufgeregt auf die beiden schwebenden Lichtbringer hingewiesen hatte.
Entweder waren die beiden Kerle einfach nur ungeheuer abgebrüht, oder sie wussten ganz genau, was sich hinter einem der umliegenden Innenhoffenster verbarg. Mühsam kämpfte Benir die Panik nieder, die in ihm aufzusteigen drohte.
»Folgt mir!«, befahl er mit einer Festigkeit, die ihn selbst verwunderte. »Ihr werdet euch für diese Frechheit verantworten müssen.«
Statt davonzurennen, blieben sie einfach stehen. Herausfordernd. Selbstbewusst. Ohne sich ein einziges Mal durch Seitenblicke miteinander abzustimmen.
Ein Moment unangenehmen Schweigens entstand, das mehr als jedes weitere Wort bewies, dass Benirs Täuschungsmanöver vergebens war. Spätestens jetzt hätte seinen Handflächen ein Lichtball entweichen müssen, das war allen dreien klar.
Der größere der beiden Schädelreiter legte den Kopf in den Nacken, um sein geschupptes Gesicht der Sonne entgegenzurecken. Einem Kaltblüter wie ihm konnte es gar nicht heiß genug sein, während Benir den kochenden Schweiß spürte, der ihm über den Rücken strömte.
Die gespaltene Zunge des Schädelreiters zuckte unruhig aus dem
breiten Maul. »Sag schon, Schattenelf«, forderte er überraschend heftig. »Wo hast du das Balg versteckt? Wenn du redest, töten wir dich auf der Stelle. Müssen wir es erst aus dir herausprügeln, übergeben wir dich den Lichtbringern. Ich möchte gar nicht wissen, was sie mit jemandem anstellen, der sich als einer der ihren ausgibt.«
Benir fragte nicht, woran sie ihn erkannt hatten. Er beging auch nicht den Fehler, sich das Geschwätz des Schlangengezüchts bis zum Ende anzuhören. Lieber griff er in die Falten seines wallenden Umhangs, raffte sie mit schnellen Fingerbewegungen zusammen, schleuderte den Stoff unversehens nach vorn, und erneut vom Atem des Himmels beseelt, drückte er sich mit beiden Füßen ab und sprang aus dem Stand heraus über die Schädelreiter hinweg.
Für die Dauer eines Lidschlags füllte sich der Raum zwischen ihnen mit seidigem Nebel. Weißen Schwaden gleich wirbelte der Stoff umher. Hier noch ballonförmig aufsteigend, sank er dort bereits wieder zu Boden und raubte dabei allen die Sicht.
Im Rücken seiner Gegner kam Benir wieder auf. Wie geplant hatten die beiden Schädelreiter nach dem umherflatternden Stoff gegriffen, um ihn an der Flucht zu hindern, und während sie noch mit dem Umhang kämpften, hatte er längst wieder festen Stand gefunden. Augenblicklich wirbelte er herum und zerrte selbst an seinem Gewand, um die verwirrten Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Trotz seiner hageren Gestalt hatte der Elf ungeheuer viel Kraft in den Armen. Das feine Gewebe ächzte unter der Belastung, als er so fest daran zog, dass die Schädelreiter nach vorn stolperten. Sie prallten so heftig aneinander, dass sich ihre Schulterdornen ineinander verhakten. Beim Auseinanderrucken streiften die Dornen über die ungeschützten Hälse des jeweils anderen. Feine Blutperlen spritzten durch die Luft und benetzten das umherwirbelnde Weiß.
Fluchend lösten sie sich voneinander und sprangen, wild um sich schlagend, auf Benir zu. Der scharfe Stahl, der aus ihren Unterarmpolstern schnappte, schnitt durch das fließende Gewebe, in dem sie sich immer stärker verfingen. Mit roher Kraft versuchten sie sich freizuschneiden und gleichzeitig den Gegner aufzuspießen.
Es war der Kampf dreier Fliegen, die im klebrigen Netz der Spinne zappelten, doch Benir verstand es weitaus besser, mit dem allgegenwärtigen Gespinst zurechtzukommen. Geschickt tauchte er unter den blitzenden Stichen hinweg und passierte die Schädelreiter erneut. Diesmal auf Kniehöhe.
Während er nach der Zwillingsklinge in seinem Stiefel langte, schrammte ein
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