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Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Titel: Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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worden.
    Urok konnte sich kaum noch an ihre gemeinsame Zeit auf heimischen Grund erinnern. Schon mit sieben Wintern war seine Schwester in den Heiligen Hort eingetreten. Und obwohl er sie seitdem regelmäßig besuchte, hatte er sie zeitlebens vermisst.
    »Bist du nur zum Schweigen hergekommen?«, riss sie ihn aus seinen trüben Gedanken. »Oder um mir zu erzählen, warum du dich mit Grimpe und Tabor überworfen hast?«
    Zuerst Grimpe, dann Tabor. Es war kein Zufall, dass sie die beiden in dieser Reihenfolge nannte. Armer Erster Streiter , dachte Urok in einem Anflug von hämischer Genugtung, jeder weiß, wer deine Schar wirklich führt. Als ihn seine Schwester ungeduldig anstupste, weil er den Mund weiterhin nicht aufbekam, reagierte Urok mit einem unwilligen Knurren. Er wusste auch nicht warum, aber die Freude, die er eben noch über den bevorstehenden Besuch empfunden hatte, war mit einem Schlag verflogen.
    »Tabors Schar ist meiner nicht würdig«, knurrte er. »Dieser Kerl ist nur ein elender Aufschneider, trotzdem stärkt ihm sein Vaterbruder laufend den Rücken.«
    Ursa bedachte ihn mit einem ihrer üblichen Du-sprichst-mit-einer-Hüterin-des-Blutes-die-man-nicht-belügen-darf- Blicke. Mehr nicht.
    »Du weißt doch ohnehin schon alles«, fügte er widerwillig hinzu, denn er kannte ihre Gaben.
    »Längst nicht alles«, korrigierte sie, die Andeutung eines Lächelns auf den wulstigen Lippen. »Nur das meiste. Ich wäre eine schlechte Priesterin, wenn es anders wäre. Oder etwa nicht?«
    Urok zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich.« Am liebsten hätte er auf dem Absatz kehrtgemacht und sie wieder verlassen. Seine Absicht war ihm wohl deutlich anzumerken, denn sie versetzte ihm einen
groben Stoß in die Rippen, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen.
    Danach deutete Ursa auf den Beutel an seiner Seite.
    »Hast du mir etwas mitgebracht?«, fragte sie durchaus erwartungsvoll.
    »Nein!«, erwiderte er heftiger als beabsichtigt. »Das ist nicht für dich!« Allein der Gedanke, dass Ragmars gespaltener Schädel doch noch als Trophäe enden könnte, brachte sein Blut in Wallung. Da Ursa das nicht wissen konnte, fügte er etwas milder hinzu: »Aber es gibt eine lederne Schrift, die ich dir zeigen möchte.«
    Rasch holte er den Einband mit Ragmars Bildern hervor. Ursa hatte sicherlich schon von dem Zauberbuch erfahren, doch zu seiner großen Enttäuschung nahm sie es keineswegs erwartungsfroh, sondern eher gleichgültig entgegen und blätterte nur lustlos durch die ersten Seiten.
    »Da kommen noch Bilder«, drängte er sie, weiter hinten aufzuschlagen. »Die musst du dir unbedingt ansehen.«
    »Aha«, lautete Ursas einziger Kommentar. Und als sie auf die erste Zeichnung stieß: »Hmm, wirklich sehr schön.« Ihr Tonfall besagte genau das Gegenteil, ihr Gesichtsausdruck ebenfalls.
    Das war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte. Genauso gut hätte sie ihm einen Streithammer über den Schädel ziehen können.
    »Du musst weiter hinten schauen«, forderte er verärgert. »Gleich kommt Sangor! Vater hat oft davon erzählt, wie er vor den Mauern dieser Stadt gestanden hat. Aber er hat sie nur von außen gesehen. Du hingegen kannst jetzt einen Blick ins Innere werfen.« Ungeduldig langte er hinüber und blätterte so heftig weiter, dass das raschelnde Pergament an mehreren Stellen zerknickte. »Hier, sieh doch nur!«
    Ursa bequemte sich, eine Weile auf die von ihm aufgeschlagene Doppelseite zu starren. Ihrer Miene nach gab es dort allerdings nicht viel Interessantes zu sehen.
    »Bis du sicher, dass das Sangor ist?«, fragte sie schließlich. »Und nicht nur das Hirngespinst eines verrückten Hellhäuters?«
    Uroks Blick bohrte sich in den ihren, bis sie den Lederband mit
einem leisen Knall zusammenschlug und ihm wieder hinhielt. In diesem Moment begriff er, was vor sich ging, noch ehe sie begann: »Warum nimmst du nicht diese Zauberschrift und …«
    »Nein!«, unterbrach er sie grob, denn er wusste längst, was sie vorschlagen wollte. »Auf gar keinen Fall! Außerdem ist es zum Einlenken viel zu spät. Wenn ich die Schrift jetzt noch Grimpe oder dem Feuer übergebe, verliere ich nur mein Gesicht, ohne damit etwas zu ändern.«
    Wütend nahm er Ursa das Buch aus den grünen Händen und ließ es wieder in den Falten seines Waffenrocks verschwinden. Während er es verstaute, berührten seine Fingerspitzen Orgurs Dolch, der noch immer dort ruhte. Überrascht zog er die schmale Waffe hervor, die er ganz vergessen hatte. Sie war

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