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Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Titel: Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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zuzuordnen.
    Um ihrem Bruder zu verdeutlichen, worum es ging, deutete sie mit ihrer freien Hand auf den Glutsee, der aufgrund dieser Geste unterhalb des Säulenstumpfs zu sprudeln begann. In einem scharf umrissenen, kreisförmigen Flecken geriet das flüssige Gestein immer stärker in Bewegung, bis sich eine faustgroße Blase von der Oberfläche löste und langsam in die Höhe schwebte.
    Ursa spürte ein unangenehmes Stechen unter der Schädeldecke, dennoch dirigierte sie die wabernde, von roten und gelben Schlieren durchzogene Blase auf die leere Stelle des Säulenstumpfs zu. Sobald das Ziel erreicht war, schienen die beiden Massen einen Augenblick lang miteinander zu verschmelzen.
    Rasch versuchte Ursa ein Gesicht zu formen, ohne dabei genaue Züge im Sinn zu haben. Doch es gelang nicht. Die neu aufgetragene Masse nahm keinerlei Formen an, sondern sackte schlaff nach unten. Haltlos glitt sie von der Säule ab und tropfte zurück in die Tiefe.
    Die pieksenden Nadeln unter Ursas Schädel wuchsen zu glühenden Klingen an, die grausam in ihrem Kopf wühlten, als sie versuchte, die Glutblase an ihren Platz zurückzudrücken. Doch alle Anstrengung war vergebens. Sie hatte längst jede Kontrolle über die stürzende Masse verloren.
    Obwohl die Blase unnatürlich langsam sank, begann sie rasch an den Rändern auszufransen. Innerhalb weniger Atemzüge zerfiel sie zu Dutzenden kleinerer Kugeln, die sich überall in der Luft verteilten, bis sie, etwa auf halbem Wege zurück ins Blutbecken, wie von unsichtbaren Händen aufgefangen mitten in der Luft hängen blieben.

    Ursa kannte diesen Vorgang, sie hatte ihn schon häufig beobachtet. Doch ihr Bruder keuchte neben ihr ebenso überrascht auf wie sie damals, als sie zum ersten Mal versucht hatte, das fehlende Gesicht zu formen.
    Die schwebenden Kugeln hatten inzwischen begonnen, sich um sich selbst zu drehen. Immer schneller rotierten sie. Bis sie plötzlich zu neuen Strukturen zerflossen, sich wieder vereinten, die Form eines feurigen Rades annahmen. Eines mit Schaufeln versehenen Rades, dessen Aufbau durchaus dem in Ragmars Zeichnung ähnelte. Wenn man davon absah, dass einige Schaufeln und Streben fehlten.
    »Das Rad des Feuers«, entfuhr es Urok ergriffen.
    Seine Eingebung war vollkommen richtig, doch seine laut ausgesprochenen Worte wirkten wie ein Signal, das der wirbelnden Erscheinung ein Ende setzte. Auf einen Schlag verwischten alle Konturen. Zuerst sah es so aus, als ob sie nach allen Seiten davongeschleudert würden, doch dann regneten die Reste gemeinsam in die Tiefe, um sich lautlos mit dem großen Glutsee zu vereinen.
    Überall dort, wo die Tropfen niedergingen, entstanden brodelnde Strudel, die die Oberfläche in Aufruhr versetzten. Zischend begann das flüssige Gestein um sich selbst zu kreisen. Der See beruhigte sich erst wieder, als Ursa von dem pulsierenden Stumpf abließ und die nachströmende Glut den alten Weg fortsetzen konnte. Erschöpft wischte sie über ihre schweißnasse Stirn, während die Blutsäule erneut zum See herabwuchs. Gleichzeitig versiegten die breiten Abflussbahnen an den Höhlenwänden.
    Urok sah sie bereits ungeduldig an.
    »Was hatte das zu bedeuten?«, wollte er wissen.
    »Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Aber dieses geborstene Feuerrad entsteht jedes Mal, wenn ich versuche, der freien Stelle ein Gesicht zu geben. Ulke und andere Hohe Hüter glauben, dass das nichts zu bedeuten hat. Aber mein Gefühl sagt mir etwas anderes.«
    Statt sie zu verspotten, bedachte er sie mit einem ungemein stolzen Blick. Ursa wurde regelrecht verlegen, vor allem, als er auch noch
sagte: »Du bist Ramok eine würdige Tochter. Schade, dass er nicht mehr mit eigenen Augen sehen kann, wie gut du das Blut der Erde beherrscht.«
    Ursa ließ ein verächtliches Knurren hören, um ihm zu bedeuten, dass sie keinen Wert auf solche Schmeicheleien legte. Natürlich wusste er es besser, aber das machte nichts. Hauptsache, er ersparte ihr tiefer gehende Fragen, auf die sie keine Antworten wusste. Was hätte sie ihm auch erklären sollen? Dass selbst Priester hin und wieder ratlos waren, weil sich ein Teil ihres Wissens im Labyrinth der Geschichte verloren hatte? Dass auch Ursa sich – all ihrer Kräfte zum Trotz – oft wie eine Blinde fühlte, die sich nur tastend durch die Dunkelheit bewegte?
    Leise Schritte auf der Treppe bewahrten sie davor, mehr preiszugeben, als sie eigentlich wollte. Über die Störung verärgert, sah Urok ebenfalls zum Portal. Er hatte wohl

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