Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
der Schattenelf ein scharfes Sirren vernahm, wie es nur ein Langbogen zustande brachte.
Unversehens prellte ein harter Schlag dem Wolfshäuter die Waffe aus der Hand.
Der scharfe Stahl war schon zwischen sie gefallen, als Todbringer endlich den zitternden Pfeilschaft bemerkte, der durch das Handgelenk hindurch bis tief in den Baum gedrungen war. Die Augen unter dem Schädelhelm wurden starr und glanzlos. Von allem Blut und Lebensmut verlassen, erschlaffte der Wilde. Endlich kraftlos geworden, sank er dennoch nicht zu Boden, weil ihn der Pfeil weiterhin aufrecht hielt. Auch dann noch, als Todbringer längst das Schwert aus ihm herausgezogen hatte.
»Du hättest nicht einzugreifen brauchen.« Bevor er seine Klinge zurück in die Lederhülle gleiten ließ, säuberte er sie an dem verwanzten Wolfsfell des Toten. »Er war mir hilflos ausgeliefert.«
Als er sich schließlich doch umdrehte, sah sie ihn nur lachend an.
Feene – seine geliebte Wespe, deren Stachel so tödlich wie kein anderer war.
Ein Windzug bauschte ihren Mantel auf, dass er ihre schlanke, hochgewachsene Gestalt wie ein Paar Fledermausflügel umflatterte. Feene benutzte den Atem des Himmels, um sich so in Szene zu setzen. Sie wusste ganz genau, wie sie in solchen Momenten wirkte, ohne Kapuze, damit ihr langes, im Wind wallendes Haar bis auf ihren glänzend polierten Silberharnisch fiel.
Lässig auf den Langbogen gestützt, mit dem sie ihn gerade – wenn schon nicht vor dem Tode, so doch zumindest vor einer argen Verletzung – gerettet hatte, stand sie da. Eng anliegendes, weiches Wildleder zeichnete ihre langen Beine bis in unendliche Höhen nach, bevor sie unter einem Rock aus metallverstärkten Lederstreifen verschwanden, der ihr bis auf die Hälfte der Oberschenkel reichte.
»Ich wollte mir eben auch ein bisschen Spaß gönnen«, schmollte sie, ein spöttisches Funkeln in den blauen Augen, die auf geheimnisvolle Weise von innen heraus zu leuchten schienen. »Außerdem mag ich es nicht, wenn du von oben bis unten besudelt bis.«
Erst da fiel Todbringer auf, dass ihm fremdes Blut im Gesicht und auf der Kleidung klebte. Angeekelt wischte er über seine Wangen, erreichte damit aber nur, dass aus den roten Spritzern kreisförmige Schlieren wurden.
»Drecksgesindel«, fluchte er. »Niemand hat uns gesagt, dass sich diese Wolfshäuter hier herumtreiben.« Er wusste, dass sein Zorn unbegründet war. Schließlich stellten sie den Spähtrupp dar, der die genauen Verhältnisse in Arakia erst auskundschaften sollte. Trotzdem fuhr er mürrisch fort: »Möchte wissen, unter welchem Stein die hervorgekrochen sind. Und warum sie geglaubt haben, mich überfallen zu können.«
»Sicher die übliche Geißel der Bauernschaft«, vermutete Feene, bevor sie die Bö, die ihren Umhang tanzen ließ, abrupt zum Versiegen brachte. Den Langbogen geschultert, kam sie Todbringer lautlos entgegen. Kein einziges Metallteil ihrer Rüstung knarrte. Sie war eine von ihnen, auch wenn kein reines Elfenblut durch ihre Adern floss.
Die Waffe auf ihrem Rücken war den am Boden verstreut liegenden Bögen weit überlegen. In einer offenen Feldschlacht wären die Wolfshäuter nicht mal nahe genug an sie herangekommen, um einen einzigen Treffer zu landen, denn Reichweite und Durchschlagskraft von Feenes Bogen waren sicher doppelt so hoch. Im Dickicht der Wälder wog die Handlichkeit der gedrungenen Bögen allerdings so manchen Nachteil auf.
Todbringer stieß mit der Fußspitze gegen eine der stark gebogenen Waffen. Ob es wohl lohnte, sie den Toten abzunehmen? Während er noch darüber nachdachte, trat Feene neben ihn.
Nun, da sie beieinanderstanden, war ihr Größenunterschied nicht mehr zu übersehen. Feene überragte ihn um eine ganze Haupteslänge.
»Vermutlich haben sie dich für leichte Beute gehalten«, neckte sie ihn.
Er wusste, worauf sie anspielte. Dass er unter seinem Mantel, zumindest für menschliche Augen, die Gestalt eines Heranwachsenden hatte.
Jeder andere wäre für diese Bemerkung gestorben, doch ihr ließ er sie durchgehen, solange sie unter sich waren. In Feenes Adern mischte sich das Blut eines menschlichen Vaters mit dem einer Elfin. Deshalb und wegen ihres hohen Wuchses wurde sie oft – natürlich hinter vorgehaltener Hand – von den anderen verspottet.
Als sie bemerkte, dass ihre Worte ihn dennoch verletzt hatten, zog sie ein weiches Tuch hervor, befeuchtete es mit ihren Lippen und begann sein Gesicht sanft abzutupfen. Todbringer war froh, das Blut der
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