Blutorks 2 - Blutorks 2
scheitern!
Diese Offenbarung erschreckte Ursa zutiefst. War denn das Blut der Erde nicht eine unbezwingbare Kraft, die allem Bösen zu widerstehen vermochte?
Jede der natürlichen Gewalten ist nur so stark wie die Erden wandler, die ihr dienen , antwortete die Stimme auf ihre unausgesprochene Frage . Und du, Urtochter, auf der die größten Hoffnun gen ruhen, bist leider immer noch sehr geschwächt, weil du schon so Gewaltiges geleistet hast. Für eine allein ist die Last einfach zu groß. Zum Glück gibt es noch andere Schultern, auf die sie sich verteilen lässt. Das Blut der Erde hat sich in der Schlacht ganz auf dich kon zentriert, doch nun ist es an der Zeit, dass auch die beiden Feuer hände ihren Teil beitragen.
Die beiden Feuerhände? Ursa spürte Bitterkeit in sich aufsteigen.
»Aus Bavas Taten soll noch etwas Gutes erwachsen?«, zürnte sie laut. »Ulke und er hätten ebenso den Ruf vernehmen müssen wie all die tapferen Krieger, die ihr Leben im Blutrausch opferten.«
Ulke nützt dir lebend viel mehr als tot. Vielleicht wirst du das eines Tages begreifen. Es gibt kein Ende der Dinge, nur …
»Trollgeschwätz!«, fluchte sie erbost. »Ulke hat schon viel zu viel Leid über unser Volk gebracht. Ohne ihn wären wir alle besser dran.«
Du bist noch nicht bereit für die Wahrheit, Urtochter. Zum ersten Mal glaubte sie dem Raunen einen traurigen Unterton zu entnehmen. Aber das macht nichts. Tage und Monde sind nur kurze Lidschläge im ewigen Fluss der Zeit. Du wirst bald wieder zu Kräf ten kommen und lernen, und dann wirst du mehr verstehen …
Die Stimme wurde plötzlich leiser, als würde sie sich entfernen.
»Nein!«, rief Ursa erschrocken. »Wir können nicht länger warten. Gothars Truppen marschieren bereits in Arakia ein. Das Blut der Erde muss jetzt handeln. Sofort. Ich bin längst wieder stark genug, die Kräfte zu bündeln.«
Das bist du nicht.
»Doch, das bin ich!«, begehrte sie auf. »Und ich bin bereit, alles für den Sieg zu opfern. Dafür gäbe ich sogar die Kraft meiner Beine wieder her!« Sie erschrak über die eigenen Worte, noch ehe sie richtig ausgesprochen waren. Denn tief im Inneren mochte sie die gerade gewonnene Freiheit um nichts auf der Welt wieder einbüßen. Trotzdem fuhr sie fort: »Ich bin sogar bereit, mein Leben zu opfern. Im Blutrausch, in der inneren Versunkenheit – wie immer es auch nötig ist.«
Bist du auch bereit, deinen Bruder zu opfern?
»Nein!!« Die Antwort erfolgte aus der Tiefe ihres Herzens und schneller, als sie überhaupt über die Frage nachdenken konnte.
Die Stille, die sich daraufhin in ihrem Kopf ausbreitete, kam ihr wie eine Strafe vor. Doch die Stimme zürnte nicht, sie hatte nur schon alles gesagt, was es zu sagen gab.
Für eine allein ist die Last zu groß , wiederholte sie. Sie muss auf mehrere Schultern verteilt werden. Gräme dich deshalb nicht.
Immerhin, sie sprach noch mit ihr.
»Lebt Urok noch?«, fragte Ursa leise, weil sie nicht wollte, dass Moa, der immer noch an der Eingangstreppe stand, sie hörte.
Ja, er lebt , wisperte die Stimme, diesmal wirklich wie aus weiter Ferne. Und er handelt mit dem Instinkt einer echten Feuerhand. Das Blut der Erde, es ist noch zu stark eingeschnürt. Es liegt nun an ihm, eine weitere Fessel zu lösen.
Ursa atmete erleichtert auf. Nur um gleich darauf festzustellen, dass auch die Stimme, mit der sie sprach, blind und taub für Gefühle war.
Urok lebt noch , drang es so leise an ihr Ohr, als würden die Worte mit dem Wind verwehen. Aber die Feinde, die ihm nach dem Leben trachten, sind zahlreich und stark …
Im Frostgewölbe
»Diese Hand gehört Isleif, einem meiner besten Eisknechte«, heulte der Eisvogt entsetzt. »Ich erkenne es an dem Kupferreif, den er am Daumen trägt.«
Tatsächlich schlängelte sich eine rotbraune Spirale um das mittlere Daumenglied. Urok interessierte sich allerdings viel mehr für den glatten Schnitt knapp unterhalb des Handgelenks. Nicht mal ein wohl gezielter Schwerthieb vermochte einen Arm so sauber zu durchtrennen. Die Wunde verlief absolut ebenmäßig. Selbst der Knochen wies keine Absplitterung auf.
Neugierig trat er in den dunklen Gang. Neben ihm klaffte ein Loch in der Wand. Der eiserne Fackelhalter, der eigentlich dort hingehörte, lag verbogen in der vor Feuchtigkeit glänzenden Glutrinne, die Pechfackel, die einmal darin gesteckt hatte, in Stücke gebrochen daneben. Auch die übrigen Fackeln, die den Gang beleuchtet hatten, waren erloschen.
Eisige
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