Blutorks 3 - Blutorks 3
Hohepriesterin zu retten, statt sie aus dem Gefahrenbereich zu reißen, denn natürlich hatte Moa nicht gewagt, Hand an sie zu legen, nun, da sie die Höchste der ganzen Priesterschaft war.
Schreie des Entsetzens gellten in der Tiefe auf.
Ursa hörte sie nur dumpf, wie durch Moosbüschel hindurch, die ihre Gehörgänge verstopften. Gleichzeitig sah sie, wie der Lichtbringer eine weitere Sphäre zwischen seinen Händen bildete.
Plötzlich hatte sie den Eindruck, als würden um sie herum alle Bewegungen einfrieren. Nur für ein oder zwei Herzschläge, doch lange genug, um endlich die Wahrheit zu erkennen. Eine kurze Zeitspanne, in der sie voller Bitterkeit begriff, wie sehr ihr der Stolz den Blick auf die Wahrheit verstellt hatte und wie kleingeistig ihre Bedenken gegenüber Vuran gewesen waren.
Das war der Moment, in dem sie zum ersten Mal begriff, was das vierte, das unsichtbare Element war, und dass es etwas sein konnte, das ihr nicht immer gefallen musste, aber dass es trotzdem unabänderlich existierte, so wie das Blut, der Atem und der Leib!
Ein lauter Schrei brachte um sie herum wieder alles in Bewegung. Ein Schrei, von dem sie erst allmählich begriff, dass sie ihn selbst ausstieß, ein Schrei, mit dem sie all die Trauer herausbrüllte, die sie beim Anblick des zu ihren Füßen zerplatzenden Körpers empfand.
»O Vuran!«, flehte sie, während sich Moas Hirnmasse über die ganze Bastion verteilte und auch auf ihre Stiefel spritzte. »Mir ist egal, wer du bist und was du getan hast! Hilf mir einfach nur, unsere Feinde zu vernichten!«
Ein Grollen ertönte, noch während ihre Worte durch die Luft hallten, ein gewaltiges Rumoren aus den Tiefen der Erde, das nicht nur den Hort, sondern auch die umliegenden Wälder erzittern ließ. Der Lichtbringer, der auf sie zielte, erschrak deswegen so sehr, dass er die Sphäre, die er ihr entgegenschleuderte, im letzten Moment verriss. Wieder schlug die Energiekugel zwei Körperlängen neben ihr ein, und wieder prasselten ihr scharfe Steinsplitter gegen die Hände und ins Gesicht. Aber was machte das schon angesichts des toten Knappen zu ihren Füßen?
Weitere Lichtkugeln jagten auf sie zu, von zwei anderen Gegnern geschleudert, doch noch während sie durch die Luft schnitten, spaltete sich rund um den Hort die Erde, und aus Brüchen und Fugen schoss heißer Wasserdampf in die Höhe, jagte unter hohem Druck mit der Kraft explodierender Geysire empor, an manchen Stellen als massive Wassersäule, an anderen in einer dünnen, aber lang gezogenen Wand, die rasch die Umgebung einnebelte.
Eine der baumdicken Springquellen fuhr direkt unter den Lichtbringer, der sie beschossen hatte, und verbrühte ihn hinauf bis zum Unterleib, bevor er sich kreischend in höhere Gefilde flüchten konnte. Zwei der aufschießenden Mauern hingegen schirmten die Bastion ab, und als die anjagenden Sphären mit ihnen kollidierten, platzten sie umgehend auseinander, ohne nennenswerten Schaden anzurichten.
Auch die übrigen Lichtbringer wurden von massiven Springfluten bedrängt. Keiner von ihnen wurde so stark getroffen wie der Erste, doch auch ihre Schmerzlaute klangen unangenehm grell in den Ohren. Einer von ihnen versuchte noch, mit seinen Sphären etwas gegen die nachdrängende Wassersäule auszurichten, erreichte damit aber nur, dass sie sich teilte und ihn, wie ein sich windendes lebendiges Tier, von zwei Seiten attackierte. Daraufhin folgte er den anderen, die schon so weit aufgestiegen waren, dass sie bereits wieder mit dem gleißenden Rund der Sonne verschmolzen.
Erst einmal den Blicken vom Boden aus entzogen, verschwanden sie genau so, wie sie gekommen waren: blitzschnell, ohne dass einer der Orks zunächst begriff, was eigentlich vor sich ging.
So erklang das Freudengeheul am Fuße des Horts auch erst mit einiger Verzögerung, als die kochenden, vom Blut der Erde angeheizten Springfluten schon wieder versiegten. Ursa kniete bereits neben Moas Leichnam, drückte den kopflosen Torso fest an ihre Brust und ließ ihren Tränen freien Lauf.
»Warum nur?«, fragte sie sich selbst leise. »Warum war das nur nötig?«
Nicht jeder Wellenschlag im steten Fluss ist allen gleich zuträg lich, raunte ihr die Stimme wie zur Antwort zu . Manch einer er trinkt in seinen Fluten, ohne es zu verdienen, denn alles, was wert voll ist, muss nun mal unter großen Opfern erkämpft werde. Denn wisse: Ohne Opfer gäbe es keinen steten Fluss der Veränderung, und ohne diesen wäre die Welt zwischen Nebelmeer
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