Blutprinz (German Edition)
wollte ihm nicht noch mehr zur Last fallen, nachdem er ihr bereits das Leben gerettet und sein eigenes aufs Spiel gesetzt hatte.
„Vielleicht möchten Sie sich in der Wohnung umsehen, wegen des Auftrags. Sie erinnern sich?“
„Ich würde mich nicht wohlfühlen, dies ohne Sie zu tun.“
„Sie sehen nicht so aus, als wollten Sie mich ausrauben“, meinte André. Er schüttelte den Kopf und sah Natalie erwartungsvoll an. „Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause. Sie dürfen auch gern das Bad benutzen. Also, was sagen Sie?“
„In Ordnung“, gab Natalie schließlich nach. Es konnte nicht schaden, den Tag etwas ruhiger zu beginnen. Es war Samstag und auch wenn im Büro genügend Arbeit auf sie wartete, so hatten Tina und Natalie für das Wochenende nach der Eröffnungsfeier ohnehin geplant, ein paar Tage auszuspannen.
„Sehr schön.“ Ein Lächeln huschte über Andrés Lippen. „Da wäre noch etwas“, sagte er. „Im Laufe des Vormittags wird meine Haushälterin kommen.“ André nahm einen Apfel aus dem Obstkorb und wischte mit einem Tuch über die mit Wassertropfen benetzte Oberfläche. „Sie werden also nicht lange allein sein, wenn Sie das beruhigt.“ Genüsslich biss er in den Apfel und sank entspannt zurück auf den Stuhl.
3.
G egen halb elf brach André zu seinem Termin auf. Natalie frühstückte noch in Ruhe zu Ende. In der Zeitung las sie einen Artikel über die Eröffnungsfeier. Die Kritiker lobten das moderne Design des Foyers über alle Maßen und sprachen der Agentur ‚Adam & Sommer’ ihre Gratulation aus. In einem Interview mit der Zeitung beteuerte Richard Kingston sogar, in Zukunft weitere Aufträge an ‚Adam & Sommer’ vergeben zu wollen. Gott bewahre. Aber wer konnte sich seine Kundschaft schon aussuchen.
Nach der zweiten Tasse Kräutertee und einem Marmeladenbrötchen legte Natalie das Besteck beiseite, streckte sich genüsslich und stand anschließend auf. Sie machte sich auf die Suche nach dem Badezimmer, das in seiner Ausstattung dem Rest der Wohnung in nichts nachstand. Edle Fliesen mit Goldrändern zierten Wände und Boden. Die Armaturen der beiden Waschbecken waren ebenso vergoldet wie die der Duschkabine und der nierenförmigen Badewanne mit Whirlpoolfunktion. Als Innenarchitektin hatte sie in New York mehrere solcher Badezimmer geplant, aber sie war noch nie in den Genuss gekommen, selbst ein Bad in einer so luxuriösen Umgebung zu nehmen. Immer wieder hatte sie entsprechende Offerten von ihren Auftraggebern bekommen. Jedoch waren die Besitzer solcher Penthäuser längst nicht so sympathisch und gutaussehend wie André Barov. Ein warmer Schauer lief durch ihre Venen, als sie an ihren Retter dachte. Wie es wohl sein würde, von seinen muskulösen Armen umschlossen in den perlenden Fluten zu versinken?
In einem beleuchteten Glasschrank fand Natalie die Sammlung von Phiolen und Fläschchen mit Badeölen, Shampoos und Kräutermischungen, die André ihr beschrieben hatte. Ganz offensichtlich gehörte er zu jener Sorte Mann, die sehr viel Wert auf Körperpflege legten und er schien obendrein ein wahrer Genießer zu sein. Natalie schloss die Badezimmertür ab. Auch wenn sie allein in der Wohnung war, verlieh ihr die verschlossene Tür ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit. Es beruhigte ihr Gewissen ein wenig, als sie sich über Andrés Schatzschrank hermachte und sich ihre eigene Bademischung zusammen mischte. Das Gebräu goss sie schließlich in den Whirlpool.
Während die Wanne langsam voll lief, öffnete Natalie ihren Bademantel und streifte das weiche Frottee über ihre Schultern. Sie betrachtete ihren Körper in einem mannshohen Spiegel, der an einem vergoldeten Stehrahmen befestigt, in einer Ecke des Raumes stand. Die Abschürfungen an den Knien und Handgelenken waren weniger schlimm als die blauen Flecken an ihren Hüften, Pobacken und der große Bluterguss unter ihrer linken Brust. Ihr Gesicht war mit Ausnahme eines Kratzers unter dem rechten Auge und zweier rötlicher Erhebungen an ihrer Stirn, die aussahen, als wüchsen ihr Hörner, nahezu unverletzt. Wenn sie an die Heftigkeit der Schläge dachte, erschien es ihr wie ein Wunder, dass sie derart glimpflich davongekommen war.
Unterdessen war die Badewanne vollgelaufen. Der Wasserhahn stoppte automatisch und die Whirlpooldüsen nahmen die Arbeit auf. Das Wasser hatte sich durch die Bademischung orange gefärbt. Natalie sank in eine der Wannenvertiefungen, lehnte ihren Nacken an den gepolsterten Rand und schloss
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