Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
ihren Vater vernichten.
Ihr Vater hielt ihre Hand, als sie die Treppe hinaufstiegen. Er lächelte sie zögernd an, und sie blinzelte die Tränen fort.
Sie zwang sich selbst dazu, früh aufzuwachen und die restlichen Seiten in Zayans Tagebuch zu lesen. Es musste darin irgendeinen Hinweis geben.
Alles, was sie tun musste, war sicherzustellen, dass Zayan zerstört wurde. Und dass weder Bastien noch Yannick bei dem Versuch starben.
Und dann wäre es an der Zeit, sich von den Zwillingen zu verabschieden. Für immer.
22. KAPITEL
Das Bordell
„Wir hätten dich nicht hierherbringen dürfen“, beharrte Yannick.
„Ich hatte nicht vor fernzubleiben!“ Maskiert trat Althea, flankiert von Bastien und Yannick, über die Schwelle von Madame Rois elegantem Bordell.
Immerhin war sie es gewesen, die den entscheidenden Hinweis in dem letzten Tagebucheintrag gefunden hatte. Dort stand in Zayans akkurater Handschrift: Ich bin in einem von Madame Rois’ Etablissements gewesen. Ein Bordell für Sterbliche. Mächtige Spiele, hypnotisierend und ermüdend, eine ausgezeichnete Auswahl an Verbotenem – das ist mit Abstand das beste Etablissement in London …
Nein, sie würde nicht das Abenteuer verpassen, weil es in einem Haus mit schlechtem Ruf, das von einer Vampirkönigin geführt wurde, stattfand. Und nachdem sie bereits zwei Vampire in ihrem Bett gehabt hatte – wie konnte sie schockiert sein von dem, was in einem Londoner Bordell passierte? Nichts an dem Foyer von Madame Rois’ Bordell schockierte sie. Die Tapete, ein glitzernder Kandelaber, ein Teppich von satter Farbe – das alles schien passend für das Zuhause eines Gentlemans. Statuen nackter Frauen standen herum, aber sie waren kaum skandalös.
Die Zwillinge führten sie weiter, und Althea überprüfte instinktiv ihre Verkleidung. Weich und geschmeidig lag die schwarze Ledermaske auf ihrem Gesicht. Sie reichte von der Haarlinie bis zu ihrer Oberlippe. Große Öffnungen für ihre Augen ließen sie gut sehen, soweit das ohne Brille möglich war. Yannick hatte ihr die hübsche Maske gegeben und hatte ihr geholfen, sie festzubinden, während ihre Kutsche durch London ratterte. Sie trug ein Kleid in Smaragdgrün, das den tiefsten Ausschnitt hatte, den sie je zu tragen gewagt hatte. Eine Frau, die in ein Bordell ging, wäre in dieser Angelegenheit kaum zimperlich. Yannick hatte ihr noch ein Geschenk überreicht – ein wunderschönes Halsband aus Smaragden und mit einem herzförmigen Diamanten, das sie nun trug.
Sie betraten den Salon. Althea keuchte auf. Die ganze Atmosphäre veränderte sich – Strömungen sexueller Spannung lagen knisternd in der Luft. Attraktive Männer in eleganter Abendgarderobe trieben sich in Madame Rois’ Salon herum. Es schien, als wäre es nur den schönsten Männern erlaubt, bei Madame Roi zu verkehren. Ein weiterer interessanter Aspekt, wenn man bedachte, dass sie doch mit diesem Haus ihren Lebensunterhalt verdiente. Alternde Männer, die ihr gutes Aussehen verloren, waren vermutlich eher bereit, gute Preise für eine Tändelei mit hübschen Kurtisanen zu bezahlen.
Also schien die Vampirkönigin dieses Bordell nicht allein aus finanziellen Gründen zu führen.
Madame Rois’ Mädchen waren hübsch, jede einzelne von ihnen. Sie besaßen ausgezeichnete Manieren und sanfte Stimmen. Die Mädchen lächelten und scherzten mit den Männern mit dem Geschick wohlerzogener Debütantinnen. Einen Moment starrte Althea auf ein Dutzend Paar Brüste, allesamt nackt unter den hauchdünnen Miedern. Dann erinnerte sie sich an ihr kleines Intermezzo mit Sarah und schaute betreten beiseite.
Das lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ein Paar, das gerade in Verhandlung stand. Direkt vor ihren Augen hob der Mann den Rock der Frau an und sah sich ihre Möse an, die komplett glattrasiert war. Offensichtlich erfreut von dem, was er sah, schob er sogleich lustvoll seinen langen behandschuhten Finger hinein.
Die öffentliche Natur dieser Vorführung machte Althea bewusst, dass sie noch immer unerfahren war. Sie errötete hinter ihrer Maske, als sie verschiedene Paare und Dreier beobachtete, wie diese erotische Abmachungen trafen.
Es war schockierend, als ihr aufging, dass auch sie Teil eines Dreiers war – und sie war sicher, ihr Rücken müsse von den neidischen Blicken brennen, die einige Frauen in ihre Richtung warfen. Eine Kurtisane trat zu ihnen und fragte, ob sie nach einer weiteren Frau für einen Vierer suchten. Sie schlug es vor, als wären sie auf der
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