Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
stechender Schmerz durchfuhr plötzlich seinen Körper. Er schrie auf.
„Yannick?“
Altheas Augen weiteten sich ängstlich, aber er konnte nicht antworten. Er konnte nicht sprechen! Brennender Schmerz lähmte ihn.
Ich werde sterben .
Das war nicht sein Gedanke.
„Was ist los, Yannick? Was ist passiert?“
Er hörte die Panik in ihrer Stimme. Natürlich hatte sie Angst. Er war kurz davor gewesen, mit ihr zu schlafen. Und jetzt kämpfte er gegen den Schmerz an, der ihn überrollte, kämpfte, um nicht zu schreien.
Dann nimm mein Blut. Geh zur Hölle, aber bring es zu Ende .
Eine kalte Leere griff nach Yannicks Herz. Sein Rücken fühlte sich kalt und nass an. Als läge er in eiskaltem Wasser.
Vor seinen Augen verzerrte sich Altheas Gesicht. Er kämpfte, damit sie nicht verschwand, konzentrierte sich auf ihre weit aufgerissenen Augen und ihre Lippen, die sich bewegten. Am Rand seines Gesichtsfelds sah er ein weißes Licht, das immer größer wurde. Es verschwand nicht, als er blinzelte und benommen den Kopf schüttelte. Im Gegenteil: Das weiße Feld wurde größer, wie Wasser, das sich ausbreitet. Dann verschwand Althea. Seine Augen waren offen, aber er konnte sie nicht mehr sehen.
„Yannick, bitte! Bleib bei mir!“
Er konnte sie hören, aber ihre Stimme klang, als wäre sie weit weg. Doch er wusste, dass sie nach ihm rief, gleichgültig, ob irgendjemand im Gasthaus wusste, dass er bei ihr war.
Alles, was sie kümmerte, war er.
Er berührte sie noch, aber das Gefühl ihrer Haut unter seinen Fingern verblasste. Taubheit breitete sich von den Händen aus, unterbrach seine letzte Verbindung zu Althea.
Yannick? Yannick?
Das war nicht Altheas weiche Stimme. Die verzweifelte Stimme in seinem Kopf gehörte Bastien. Er hörte die Gedanken seines Zwillings. Schmeckte die Angst, fühlte die Wut in seinem Blut rauschen.
Er wusste, was passierte, wenn ein Vampir das Blut eines anderen Vampirs trank .
Instinktiv taumelte er zurück. Er spürte, wie sein Schwanz Altheas Wärme verließ. War er aufgestanden? Hatte er das Bett verlassen? Wo war er?
„Althea?“ Yannick hörte nicht mal seine eigene Stimme. Hörte sie ihn?
Dunkelheit. Der nächtliche Himmel. Das Rauschen des Regens. Schlamm. Der dicke Geruch nach Lehm umgab ihn. Auf seinen durchnässten und frierenden Körper gingen wahre Sturzbäche Regen hernieder. Stimmen kamen näher. Irgendwo leuchtete etwas auf, bewegte sich mit den Schritten der Männer. Stiefel schwappten im Schlamm. Das Klirren von Waffen.
Er drehte seinen Kopf – oder besser gesagt, Bastien drehte den Kopf. Ein Mädchen lag neben ihm, die Haut gespenstisch weiß. Ein weißes Mieder bedeckte kaum die üppigen Brüste. Es war durchnässt mit dunklem Blut. Das Blut bedeckte auch ihre Schultern und ihren Hals, wie ein morbider Schal. Die Augen – geöffnet? Blicklos? Nein, sie waren geschlossen.
„Yannick?“, flehte Althea ihn an. Er streckte die Hand nach ihr aus. Seine Hand stieß gegen eine muskulöse Brust. Seidig fühlte sie sich unter seinen Fingern an, weich und angenehm. Und sie war blutrot.
Das Blut der Raben. Der Zorn von London . Eine akzentuierte Stimme, tief und heiser. Elegant. Spottend.
Plötzlich konzentrierten sich seine Gedanken auf seinen Schwanz und die Hand, die seinen Schaft liebkoste.
Althea? Hoffte sie, ihn wieder zu sich zurückzuholen, indem sie ihn erregte?
Es war eine große Hand. Lange Finger. Scharfe Fingernägel.
Er riss die Augen weit auf, aber alles, was er sehen konnte, waren Licht und Schatten. Goldene Strähnen hingen ihm in die Augen. Er konzentrierte sich. Haar. Es war feines Haar.
Nicht Altheas. Und auch nicht seins.
Bastiens Haar.
Bastien? Yannick rief in Gedanken wieder und wieder den Namen seines Bruders.
Er war mit seinem Bruder nie auf diese Weise verbunden gewesen. Sie waren Zwillinge, und darum hatten sie eine besondere Verbindung besessen. Sogar bevor er zum Vampir geworden war, wussten sie oft, was der andere dachte. Aber er hatte noch nie ein Geschehen durch die Augen seines Bruders beobachtet.
Er stöhnte. Nein, Bastien stöhnte. Ein heiseres Seufzen, aus dem gleichermaßen das sinnliche Verlangen und die Wut über seine Schwäche sprachen. Yannick spürte das Gewicht, das ihn niederdrückte, fühlte Atem, der über seinen Hals strich. Ein stacheliges Halsband berührte seine Haut. Er nahm den Geruch des anderen Mannes wahr – unverwechselbar. Saubere Haut, Zedernholzgeruch, der die Kleidung durchdrang. Eine Spur von
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