Blutrot wie die Wahrheit
ich jäh, dass ich ein Problem habe.â
âJa?â, fragte Will nach, als Foster nicht weitersprach.
âIch weià eigentlich gar nicht, warum ich Ihnen all das erzähle.â
âWeil ich genau verstehe, was Sie für Virginia Kimball empfunden haben. Bei mir war es genauso.â
SchlieÃlich fuhr Foster fort: âMein alter Freund ist nicht mehr Dekan der medizinischen Fakultät. Sein Nachfolger ist Calvin Ellis, ein Mann strenger Sitten und fester Prinzipien. Er erwägt, mich zum stellvertretenden Dekan zu berufen, worauf ich schon sehr lange gehofft und spekuliert hatte. Als ich an jenem Morgen aufwachte, wurde mir auf jeden Fall bewusst, wie sehr es auch mir schaden könnte, sollte das Rote Buch zum jetzigen Zeitpunkt ans Tageslicht gelangen.â
âUnd was haben Sie dann getan?â, fragte Will, wenngleich er es natürlich schon wusste.
âIch habe den Detective bestochen, damit er das verdammte Buch in der Versenkung verschwinden lässt â am besten wäre, er würde es verbrennen â, falls es jemals wieder auftauchen sollte.â
âDurchaus verständlich, von Ihrer Warte aus besehen.â
âNachdem ich Ihnen nun all meine dunklen Geheimnisse gebeichtet habeâ, meinte Foster in belustigtem Ton, âsind Sie es mir zumindest schuldig, mein Haus zu kaufen.â
âEinverstanden.â
Foster lachte. âNein, im Ernst, denken Sie noch einmal ganz in Ruhe darüber nach und â¦â
âDas habe ich bereits. Neuntausend hatten Sie gesagt, nicht wahr?â
âMmmh â¦â
Nell war wohl mindestens ebenso perplex wie Isaac Foster.
âEin ganzes Haus zu einem Preis, für den manch anderer nicht einmal einen gebrauchten Revolver bekommt â¦â, sinnierte Will. âKlingt doch wie ein Schnäppchen.â
âWillst du das Haus wirklich kaufen?â, fragte Nell ihn ungläubig, als sie nach ihrem Besuch bei Foster die Acorn Street hinabschlenderten; heute waren sie zu Fuà unterwegs.
âGefällt es dir nicht?â
âDoch, schon, aber was will ein alleinstehender Mann â zudem ein alleinstehender Mann, der überhaupt nur selten zu Hause ist â mit einem so groÃen Haus?â
âVielleicht will ich ja das Interesse der besseren jungen Damen gewinnenâ, meinte er in Anspielung auf Winifred Pratts guten Rat.
âHewitt!â, rief jemand hinter ihnen. Als sie sich umdrehten, sahen sie Foster, der sich aus einem Fenster im ersten Stock lehnte, die Hände an den Mund gelegt: âUnd diese Blavatsky â¦?â
âVöllig verrückt, wenn Sie mich fragenâ, rief Will zurück. âKlarer Fall.â
Foster grinste so zufrieden, als habe ein geschätzter Kollege gerade seine eigene Diagnose bestätigt. âSagen Sie Ihrem Anwalt, er soll wegen des Hauses mit Pratt Kontakt aufnehmen. Ich hätte da nur noch eine Bedingung: Der Verkauf setzt voraus, dass Sie sich darum bewerben, Gerichtsmedizin in Harvard zu lehren.â
âWas?â
âMachen Sie einen Termin mit dem Dekan aus und schlagen Sie ihm vor, auf diesem Gebiet Vorlesungen halten zu wollen. Selbst wenn er Ihnen die Stelle anbietet, sind Sie keineswegs verpflichtet, sie anzunehmen. Aber Sie müssen sich zumindest darum bewerben.â
âHalt, warten Sie â¦â
âUnd noch diese Woche.â Foster winkte ihnen zum Abschied zu und schloss das Fenster.
âMiss Nell Sweeney und Dr. William Hewitt für Mr. Thurston.â Will reichte dem ausgesprochen gut aussehenden jungen Kammerdiener, der nach kurzem Klopfen an der hellgrünen Tür erschienen war, seine Visitenkarte.
Der Diener, gekleidet in eine militärisch anmutende blaue Uniform samt Epauletten und viel Goldlitze, bedeutete ihnen, in das prunkvolle Vestibül zu treten. Von einer Konsole nahm er ein silbernes Tablett, legte Wills Karte darauf und entschwand.
Eine Minute später schon kehrte er zurück und forderte sie auf, ihm den Korridor hinunter in einen Wintergarten zu folgen, in dem in groÃe Kübel gepflanzte Bäume, Büsche, Farne und Rankengewächse so üppig wucherten, dass es schien, als sei ein tropischer Dschungel durch den dunklen Schieferboden emporgeschossen. Maximilian Thurston hatte sich eine makellos weiÃe Leinenschürze vor seinen Hausrock gebunden. Er stand mit dem Rücken zu ihnen, hielt mit der einen Hand den Geweih-Knauf seines Stocks
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