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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Aufwartung zu machen“, erklärte Foster. „Und es erschien mir irgendwie schäbig, diese Beziehung zu Virginia weiterzuführen, während ich zugleich um Louise warb. Ich habe Virginia gesagt, dass es mit Louise langsam ernst würde, und dass ich sie deshalb nicht mehr treffen könne. Ungefähr einen Monat später fand ich einen Brief von Virginia, der unter meiner Tür durchgeschoben worden war. Sie verlangte achthundert Dollar, sonst wolle sie Louise und dem Dekan der medizinischen Fakultät das Rote Buch zeigen.“
    â€žDas Rote Buch?“
    Endlich , dachte Nell.
    â€žEin dickes Tagebuch, in rotes Schlangenleder gebunden. Virginia hat darin über all ihre Männerbekanntschaften geschrieben. Und glauben Sie mir, sie war dabei sehr detailfreudig. Sie hat mir gern mal daraus vorgelesen – unter Auslassung der Namen, versteht sich –, und mir ist selten etwas so Pikantes zu Ohren gekommen. Ich wage gar nicht, daran zu denken, was sie über mich geschrieben hat, denn wir haben Dinge getan, die … nun ja, sagen wir mal so: Sie hat gewisse Seiten von mir zum Vorschein gebracht, die sonst eher verborgen bleiben.“
    Mrs. Kimballs einstige Liebhaber wären ruiniert, dachte Nell, gesellschaftlich und beruflich, sollte das Rote Buch jemals wieder auftauchen. Vielleicht hatte einer der Männer sie ja an besagtem Tag aufgesucht, um das Buch an sich zu bringen – entweder um sich selbst zu schützen, oder aber um aus den pikanten Details seinen eigenen Vorteil zu schlagen –, und die Situation war außer Kontrolle geraten. Oder vielleicht war er auch schon mit dem festen Vorsatz gekommen, Mrs. Kimball zu töten, damit sie ihre Affäre niemals mehr publik machen könne, oder er war wütend darüber, dass sie ihn erpresste oder eifersüchtig auf ihre anderen Liebhaber. Wie es schien, gab es allerhand Gründe, weshalb die ihr einstmals so zugeneigten Gentlemen Mrs. Kimballs Tod gewünscht haben könnten.
    â€žIronie des Schicksals war“, erzählte Foster weiter, „dass Louise und ich uns ein paar Tage, bevor ich Virginias Brief bekam, getrennt hatten. Das hatte Virginia natürlich nicht wissen können. Und was den Dekan anbelangte, so sind wir seit Jahren schon sehr gut miteinander befreundet. Da er mich recht unbekümmert an allen Einzelheiten seiner eigenen Affären teilhaben lässt, sorgte ich mich wenig darum, dass meine kleine Liebelei mit Virginia irgendwelche Konsequenzen von dieser Seite nach sich ziehen würde. Anders als er war ich zumindest nicht verheiratet.“
    â€žSie haben die achthundert demnach nicht gezahlt“, vermutete Will.
    â€žDoch, habe ich.“
    Kurz war es ganz still. „Das verstehe ich nicht“, meinte Will dann. „Wenn Sie doch nichts gegen Sie in der Hand hatte …“
    â€žVirginia war sehr stolz. Sie muss sich wirklich in einer sehr misslichen Lage befunden haben, wenn sie sich nun dazu herabließ, mich zu erpressen. Ich hatte das Geld, und ich gab es ihr gern.“
    Ungläubig stand Nell in Isaac Fosters Bibliothek – fast meinte sie, ihren Ohren nicht recht zu trauen. Aus Wills Schweigen schloss sie, dass ihn Fosters Großzügigkeit ebenso überraschte wie sie.
    Schließlich meinte er: „Warum haben Sie ihr das Geld nicht einfach so gegeben?“
    â€žOh nein, sie wäre zutiefst brüskiert gewesen. Sie hätte es niemals angenommen. Erpressung war ihre Art, Gewinn aus ihren einstigen Liebschaften zu schlagen – gewiss war ich nicht der Einzige, den sie auf diese Weise angepumpt hat –, ohne dass sie sich die Blöße geben musste, ihre überaus prekäre Lage einzugestehen. Wenn Sie ihre Briefe hätten lesen können, wüssten Sie, was ich meine. Sie hat es so klingen lassen, als sei alles nur ein amüsantes Spiel für sie, als mache sie es aus einer aberwitzigen Laune heraus und nicht aus Bedürftigkeit.“
    â€žBriefe?“, fragte Will. „Haben Sie denn mehr als einmal ein solches Schreiben bekommen?“
    â€žAber ja, sie hat mich alle paar Monate angepumpt.“
    Einen Moment lang schwieg Will, dann meinte er: „Sie scheint Ihnen tatsächlich etwas bedeutet zu haben. Ihr Mord wird Sie gewiss zutiefst getroffen haben.“
    Nach einer ganzen Weile erst erwiderte Foster: „An jenem Nachmittag hatte ich eine dreistündige Vorlesung über Klinische Chirurgie gehalten. Als

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