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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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zusammenzog. „Sie ist ein gutes Mädchen.“ Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu. „War ein gutes Mädchen. Sie würde niemals … So was könnte sie gar nicht …“ Mit der Faust hieb er gegen das Wagenfenster, brummte etwas Verdrießliches vor sich hin und polierte dann mit dem quietschenden Leder über das Glas, um den Abdruck seiner Hand wieder vom Glas zu wischen. „Das stimmt nicht, was da so geschrieben wird. Es stimmt einfach nicht! Die kannten sie ja nicht mal. Nicht so, wie ich sie kannte. Die ha’m doch gar keine Ahnung!“
    â€žIch weiß.“
    â€žNein, tun Sie nicht!“, fuhr Brady sie an. Es war das erste Mal, dass er ihr gegenüber so die Stimme erhob, und es traf sie sehr, beunruhigte sie zutiefst und ließ sie sich ganz verloren fühlen. „Sie können es gar nicht wissen, weil Sie sie nämlich auch nicht kannten.“ Sein Kinn erzitterte, und wieder traten ihm Tränen in die Augen. „Sie wissen ja nicht …“ Die Worte gingen in einem erstickten Schluchzen unter. Er sank gegen den Brougham, das Polierleder flatterte zu Boden; schützend hielt er sich seine großen abgearbeiteten Hände vors Gesicht.
    Nell nahm ihn tröstend in den Arm, führte ihn zu der Bank in der Ecke und stellte den Eimer mit dem Putzlappen auf den Boden. „Setzen Sie sich. Setzen Sie sich, Brady.“
    Mittlerweile weinte er wirklich und stieß dabei leise Verwünschungen aus, die Nell nicht verstehen konnte. Sie reichte ihm ihr Taschentuch. Er nahm es und verbarg sein Gesicht dahinter, beugte sich vornüber und brach in lautes, heiseres Schluchzen aus, derweil sie ihm den Rücken tätschelte und tröstende Laute murmelte.
    Die Minuten vergingen, und bis Brady sich wieder gefasst hatte, war es im Kutschenhaus schon ein wenig heller geworden. Durch die Ostfenster schien die Sonne herein und ließ die Wassertropfen auf dem Brougham verdunsten.
    â€žDen kann ich jetzt grad noch mal waschen“, stellte Brady mit zitternder und tränenschwerer Stimme fest, als er sich mit Nells Taschentuch die Nase putzte. „Ganz fleckig und streifig wird er sein, wo ich noch nicht poliert hab’.“
    â€žDas kann warten.“ Nell schloss ihren Arm fester um den Mann, der ihr während der letzten fünf Jahre so oft Trost und rettender Fels in der Brandung gewesen war. „Geht es wieder?“
    Brady seufzte tief, die Ellenbogen schwer auf die Knie gestützt. „Sie war meine einzige Verwandte. Also hier drüben, meine ich. Die andern sind ja alle noch in der alten Heimat.“ Er knüllte das feuchte Taschentuch zusammen, wischte sich damit die Augen, strich es dann sorgsam wieder glatt und runzelte die Stirn, als er das kunstvoll gestickte Monogramm in der Ecke entdeckte. „Oh je, schau’n Sie nur, was ich mit Ihrem schönen Taschentuch gemacht habe. Ich weiß noch genau, wann Mrs. Hewitt es Ihnen geschenkt hat.“
    â€žDas macht nichts.“
    â€žIch lass es waschen“, versprach er und legte es ordentlich zusammen.
    â€žUm mein Taschentuch sorge ich mich wirklich nicht, Brady“, versicherte ihm Nell. „Ich mache mir vielmehr Sorgen um Sie. Ich fühle mich so …“ Hilflos. Beunruhigt. Er war tatsächlich wie ein Vater für sie – gewiss mehr, als ihr leiblicher Vater es ihr jemals gewesen war. Brady war immer da, wenn sie ihn brauchte – aufmunternd, unerschütterlich, zuverlässig. Jeden Sonntag fuhr er sie früh im Morgengrauen ins North End, damit sie die Frühmesse in St. Stephen besuchen konnte. Meist nahmen sie dabei eine der kleinen Gigs, damit sie vorn beieinander sitzen und sich unterhalten konnten. Er gab ihr allerlei gute Ratschläge oder erzählte ihr lustige Begebenheiten … Manchmal sang er ihr sogar etwas vor – Kirchenlieder oder Trinklieder, je nach Laune. Ihn nun so völlig aufgelöst zu sehen … Ihr war, als verlöre sie selbst jäh allen Halt.
    â€žIch kann mich erinnern, dass Sie mal von ihr gesprochen haben“, sagte Nell. Brady redete nur wenig von sich, aber von Fee hatte er mit großer Begeisterung erzählt. Als sie mit gerade einmal fünfzehn Jahren zur Waise geworden war, hatte er ihr eine Stelle als Dienstmädchen beschafft.
    â€žAber ich dachte, Sie würde noch für die Pratts arbeiten“, meinte Nell. Orville Pratt, einer der reichsten und mächtigsten

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