Blutrote Kuesse
hilflose Weibchen noch besser spielen konnte, wenn ich den Eindruck machte, ich wäre betrunken.
Sobald mein Glas leer war, machte mir der aufmerksame Barkeeper gleich einen neuen Gin Tonic. Bereits seit ich zur Tür hereingekommen war, hatte er mir meinen winzigen Fummel mit Blicken ausgezogen. Gut zu wissen, dass Bones viel Ahnung davon hatte, wie man ins Beuteschema passte. Mal sehen, ob es bei den Monstern auch funktionierte.
Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass nicht nur der Barkeeper sich von meinem neuen Look angezogen fühlte. Nachdem ich haufenweise Typen abgewehrt hatte, die mich auf einen Drink einladen oder mit mir tanzen wollten, war ich nicht länger geschmeichelt, sondern genervt. Mein Gott, ich musste ja nuttig aussehen. Nicht weniger als dreizehn Kerle hatten sich an mich rangeschmissen.
Der Vampir glitt so unauffällig durch die Tür, wie nur Untote es können. Seiner Größe und dem schwarzen Haar nach zu urteilen, musste er Sergio sein. Obwohl er nicht besonders muskulös oder allzu gut aussehend war, zogen sein Charme und seine selbstbewusste Ausstrahlung nicht wenige weibliche Blicke auf sich, als er sich einen Weg durchs Getümmel bahnte. Lässig nippte ich an meinem Drink und streckte die Beine aus, wobei ich die Waden aneinanderrieb. Die Bar, an der ich saß, stand etwas erhöht und in direkter Sichtweite vom Eingang, sodass er mich über die Köpfe der anderen Gäste hinweg gut sehen konnte. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie er stehen blieb, stutzte und dann die Richtung änderte. Er ging jetzt direkt auf mich zu.
Neben mir saß ein älterer Mann, der mir gebannt in den Ausschnitt starrte, doch der Vampir zögerte nicht. Mit einer schnellen Handbewegung brachte Sergio ihn zum Aufstehen.
»Geh«, wies er ihn an.
Der andere trollte sich mit glasigem Blick. Gedankenkontrolle. Durch Bones war ich gewarnt.
»Danke«, bemerkte ich. »Noch mehr Gesabber, und der Barkeeper hätte den Boden wischen müssen.«
»Wer kann es ihm verdenken?« Die angenehme Stimme mit dem ausländischen Akzent schmeichelte sich mir ins Ohr. »Ich kann den Blick selbst nicht von Ihnen abwenden.«
Ich lächelte, nahm einen großen Schluck von meinem Drink und rollte die Flüssigkeit im Mund hin und her, bevor ich sie schluckte. Ihm entging nicht die kleinste Geste.
»Mein Drink ist wohl alle.«
Ich sah ihn erwartungsvoll an. Er winkte dem Barkeeper, der mir einen neuen machte.
»Wie heißen Sie denn, meine junge Schönheit?«
»Cat«, antwortete ich und fuhr mit der Zunge über den Glasrand, bevor ich einen weiteren kräftigen Schluck nahm.
»Cat. Was für ein Zufall. Ich liebe Muschis.«
Die Anzüglichkeit war so platt, dass ich froh darüber war, von Bones in Dirty Talk auf Herz und Nieren geprüft worden zu sein, sonst wäre ich auf der Stelle rot geworden. Stattdessen zog ich, ganz wie Bones es immer tat, eine Augenbraue hoch.
»Und wie heißen Sie, mein neuer Freund und Muschi-Lieb-haber?« Alle Achtung, kein bisschen rot geworden.
»Roberto. Cat, ich muss sagen, du wirkst viel zu jung, um so ein Etablissement mit deiner Anwesenheit beehren zu dürfen.«
Verschwörerisch beugte ich mich vor, sodass mein Ausschnitt spektakuläre Ausmaße annahm. »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten? Ich bin noch gar nicht einundzwanzig. Eigentlich bin ich neunzehn. Meine Freundin hat mir ihren Ausweis geliehen, wir sehen uns ziemlich ähnlich. Du verrätst das doch niemandem, oder?«
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war er geradezu hingerissen.
»Aber natürlich behalte ich dein Geheimnis für mich, Schätzchen. Ist deine Freundin heute Abend auch hier?«
Die Frage klang unschuldig, doch ich wusste, was er meinte. Vermisst dich jemand, wenn du gehst?
»Nein. Wir wollten uns eigentlich treffen, aber bis jetzt ist sie noch nicht aufgetaucht. Vielleicht hat sie jemanden kennengelernt, du weißt ja, wie das ist. Man vergisst einfach alles um sich herum.«
Er legte seine Hand auf meine, und mir stockte fast der Atem. Zehn Punkte für Bones. Sergios Energie übertrug sich wie ein Prickeln auf meinen Arm. Noch kein anderer Vampir hatte eine solche Wirkung auf mich gehabt, bis auf einen, und man beachte, wo ich durch den hingeraten war.
»Ich weiß, was du meinst«, sagte er und drückte meine Hand.
Ich schenkte ihm ein verführerisches Lächeln und erwiderte seinen Händedruck.
Weniger als eine halbe Stunde später hatten wir den Club verlassen. Ich hatte schon mehrere Gin Tonic intus,
Weitere Kostenlose Bücher