Blutrote Kuesse
Bones hatte ihn grob gepackt, eine Hand auf dem Pflock, der in seinem Hals steckte, die andere umklammerte den in seinem Rücken.
»Wurde auch Zeit«, murrte ich.
»Hallo Sergio!«, sagte Bones munter und versetzte dem Pflock in Sergios Hals einen heftigen Ruck.
Sergio gab ein paar widerwärtig gurgelnde Laute von sich, bevor er antwortete. »Dreckiger Bastard, wie hast du mich gefunden?«
Ich war erstaunt, dass er mit halb aufgeschlitzter Kehle überhaupt noch reden konnte. Dann schloss Bones die Hand fester um den Pflock in Sergios Rücken und bohrte ihn tiefer, bis er das Herz des anderen Vampirs wohl schon berührte.
»Du hast meine Freundin ja schon kennengelernt. Ist sie nicht einfach wundervoll?«
Das Blut lief mir den Arm hinunter. Ich riss einen Ärmel meines Kleides ab und verband damit die Wunde, die mir mit jedem Pulsschlag pochende Schmerzen verursachte. Sogar in diesem Zustand konnte ich noch grimmige Zufriedenheit über den Ausdruck empfinden, der Sergio auf dem Gesicht stand, als er mich ansah.
»Du. Hast mich reingelegt.« Unglaube lag in seiner Stimme.
»Genau. Jetzt wirst du wohl doch nicht mehr dazu kommen, mich zu lecken.« Ein Teil von mir war über meine Kaltblütigkeit verblüfft, ein anderer kostete sie aus.
»Die macht was her, oder?«, fuhr Bones fort. »Mir war klar, dass du an einem hübschen Mädchen nicht vorbeikannst, du wertloses Stück Dreck. Wie passend, dass jetzt du derjenige bist, der in die Falle gelockt wurde. Ist dir das Geld ausgegangen, dass du außer Haus essen musstest, statt dir etwas kommen zu lassen?«
Sergio wurde leiser. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, wusste er das allerdings ganz genau. Na ja, ich nicht.
»Natürlich tust du das. Wie ich gehört habe, bist du sein bester Kunde. Ich habe jetzt nur noch eine Frage an dich, und ich weiß, dass du die ehrlich beantworten wirst, denn wenn nicht«, er drehte den Pflock in Sergios Rücken noch einmal herum, »werde ich ganz unglücklich. Weißt du, was passiert, wenn ich unglücklich bin? Dann fängt meine Hand an zu zucken.«
»Was? Was? Ich sag's dir! Ich sag's dir!« Sein Akzent war jetzt ausgeprägter, man verstand ihn kaum noch.
Auf Bones' Gesicht breitete sich ein wahrhaft Furcht einflößendes Lächeln aus. »Wo ist Hennessey?«
Sergios Miene versteinerte. Falls das überhaupt ging, wurde er noch blasser, als er es als Vampir ohnehin schon war.
»Hennessey wird mich umbringen. Legt man sich mit ihm an, kann man nicht mehr lange damit prahlen! Du weißt nicht, wozu er fähig ist. Und du machst mich so oder so alle.«
»Pass mal auf, mein Freund.« Ein Drehen, ein Bohren, ein Rucken. »Ich gebe dir mein Wort, dass ich dich nicht umbringe, wenn du es mir sagst. Dann hast du die Chance, vor Hennessey zu fliehen. Sagst du mir aber nicht, wo er steckt«, er versetzte dem Pflock einen weiteren Stoß, woraufhin Sergio ein hohes Wimmern von sich gab, »bist du auf der Stelle tot, und das schwöre ich dir. Und jetzt entscheide dich. Sofort.«
Er hatte keine Wahl, das konnte man auf dem Gesicht des unglücklichen Vampirs sehen. Resigniert ließ er den Kopf hängen, und aus seinem blutigen Mund kam nur ein einziger Satz.
»Chicago Heights, im Süden der Stadt.«
»Besten Dank, alter Freund.« Mit einem schnellen Hochziehen der Augenbrauen wandte Bones seine Aufmerksamkeit mir zu. »Ist das nicht dein Pflock, Süße?«
Er riss den Pflock aus Sergios Rücken heraus und warf ihn mir zu. Ich fing ihn im Flug auf, und wir sahen einander wissend an.
»Du hast es versprochen! Du hast es versprochen!«
Sergio wimmerte, als ich auf ihn zuging, den aufgeschlitzten Arm fest an die Brust gedrückt. Erstaunlich, wie ängstlich er beim Gedanken an seinen eigenen Tod wurde, wo er doch vor wenigen Minuten noch voller Vergnügen meinen hatte herbeiführen wollen.
»Ich habe es versprochen. Sie nicht. Hast du ihm noch etwas zu sagen, Kätzchen?«
»Nein«, antwortete ich und rammte Sergio den Pflock ins Herz. Die Wucht war so stark, dass meine Hand seinen Brustkorb berührte; ich zuckte zurück, um angeekelt sein zähes dunkles Blut abzuschütteln. »Mit dem habe ich genug geredet.«
Kapitel 7
Bones räumte sehr viel schneller auf als ich. Innerhalb weniger Minuten hatte er, unentwegt vor sich hinpfeifend, Sergio in eine Plastikplane gepackt und im Kofferraum verstaut. Ich saß unterdessen mit dem Rücken gegen den Wagen gelehnt auf dem Boden und drückte auf die
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