Blutrote Kuesse
enthalte nichts als Gin und Tonic - zum Beweis zeigte er mir die Flaschen -, stürzte ich ihn hinunter, als wäre er ein Zaubertrank, durch den sich der ganze Club in Luft auflösen könne. Der Drink war köstlich, der beste Gin Tonic, der mir je serviert worden war. Der Barkeeper, er hieß Logan, lächelte, als ich ihn dafür lobte, und erklärte mir, nach hundert Jahren beherrsche man eben sein Handwerk recht gut.
»Sie sind seit hundert Jahren Barkeeper?« Ich sah ihn mit großen Augen an und nahm noch einen kräftigen Schluck. »Mein Gott, wieso das denn?«
Ein beiläufiges Achselzucken. »Die Arbeit gefällt mir. Man lernt neue Leute kennen, plaudert viel und muss nicht nachdenken. Von wie vielen Berufen kann man das schon behaupten?«
Tatsächlich nicht von vielen. Von meinem ganz sicher nicht.
»Was machen Sie denn beruflich, junge Dame?«, erkundigte er sich höflich.
Vampire killen. »Ich, äh, gehe noch zur Schule. Aufs College, genauer gesagt.«
Vor Nervosität stotterte ich. Hier saß ich nun beim Plausch mit einem Vampir in einem Club voller Schreckgestalten. Wann war mein Leben so aus dem Ruder gelaufen?
»Ah, aufs College. Immer fleißig lernen, das ist der Schlüssel zum Erfolg.« Mit diesem Ratschlag und einem kurzen Lächeln wandte er sich einem Ghul zu, der auch etwas bestellen wollte. Es war schon seltsam.
»Hallo, Schönste!«
Ich drehte mich um und sah in die freundlich lächelnden Gesichter zweier junger Männer. Ihrem Aussehen und den schlagenden Herzen nach zu urteilen, waren sie Menschen. Wow, was für eine Erleichterung.
»Hallo zusammen!« Ich fühlte mich, als hätte ich in einem fremden Land jemanden aus meiner Heimatstadt getroffen, und freute mich dementsprechend maßlos, dass mir jemand mit einem Pulsschlag über den Weg gelaufen war. Sie stellten sich links und rechts von mir an die Bar.
»Wie heißt du? Das ist Martin«, er deutete auf den Brünetten mit dem jungenhaften Lächeln, »und ich bin Ralphie.«
»Ich heiße Cat.« Lächelnd schüttelten wir uns die Hände. Sie beäugten interessiert mein Glas.
»Was trinkst du denn da?«
»Gin Tonic.«
Ralphie war etwa so groß wie ich, ungefähr eins siebzig, also nicht groß für einen Mann, und hatte ein niedliches Lächeln. »Noch einen Gin für die Dame!«, grölte er wichtigtuerisch in Richtung Logan, der nickte und mir noch ein Glas brachte.
»Nett gemeint, Jungs, aber ich... warte gerade auf jemanden.« So gern ich auch unter Artgenossen war, hatte ich doch einen Job zu erledigen, und sie würden mich nur stören.
Beide stöhnten theatralisch auf.
»Komm schon, ein Drink! Wir Warmblüter haben hier keinen leichten Stand, wir müssen doch zusammenhalten.«
Seine flehentliche Bitte drückte so genau meine eigenen Gefühle aus, dass ich mich doch wieder lächelnd erweichen ließ.
»Ein Drink. Das war's, okay? Was macht ihr beiden eigentlich hier?« Sie schienen in meinem Alter zu sein und wirkten viel zu unschuldig.
»Oh, wir finden den Club toll, so aufregend.« Martin nickte immer wieder mit dem Kopf wie ein Vogel.
»Ja, so aufregend, dass ihr dabei draufgehen könnt«, warnte ich sie.
Als er das Geld für meinen Gin hevorkramte, fiel Martins Brieftasche herunter, und ich bückte mich danach. Die beiden machten aber auch wirklich einen sehr naiven Eindruck auf mich. Kichernd und mit pompöser Gebärde reichte mir Ralphie den Drink.
»Du bist schließlich auch hier. Jetzt tu mal nicht so.«
»Ihr wollt nicht wissen, warum ich hier bin«, murmelte ich mehr zu mir selbst als zu ihnen. Ein Prosit andeutend hob ich mein Glas. »Danke für den Drink. Ihr geht jetzt besser.«
»Willst du ihn nicht austrinken?«, wollte Ralphie mit beinahe kindlicher Enttäuschung wissen.
Ich hatte den Mund schon zu einer Antwort geöffnet, da kam mir eine vertraute Stimme zuvor.
»Verpisst euch, ihr Wichser.«
Bones war bedrohlich hinter ihnen aufgetaucht, und sie warfen ihm einen ängstlichen Blick zu, bevor sie das Weite suchten. Er ließ sich auf dem Barhocker neben mir nieder, nachdem er den Typen, der darauf saß, weggeschubst hatte. Der Betreffende trollte sich ohne irgendein Anzeichen von Beleidigung. Offenbar war so etwas hier gar nicht unüblich.
»Was machst du hier? Was, wenn er reinkommt?« Meine Stimme war nur ein leises Zischen, und ich versuchte krampfhaft, ihn nicht anzusehen, für den Fall, dass wir beobachtet wurden.
Er lachte bloß auf seine nervtötende Art in sich hinein und streckte mir die Hand
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