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Blutrotes Wasser

Blutrotes Wasser

Titel: Blutrotes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Torsten Krueger
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hatte sein Großvater in eins der deutschen Bücher geschrieben.
    Lázlo spürte sein Blut auf den Lippen.
    »Und dieses Mädchen ist auch nicht mehr wichtig«, machte Janosch weiter. »Dazu brauchen wir ihn auch nicht mehr.«
    »Ebenfalls richtig, mein Sohn«, sagte Holló so leise, dass Lázlo ihn kaum verstand. »Aber irgendwie, Janosch, mag ich diesen Lázlo.«
    »Weil er immer noch glaubt, du hättest seinen Vater gekannt? Pah!« Verachtung war in Janoschs Stimme. Und noch etwas anderes. Eifersucht?
    »Ja, ja«, sagte der Rabe. »Lázlo ist naiv und leichtgläubig. Aber ist das schlecht? Und glaube mir, Janosch, es fällt mir nicht leicht, ihn zu belügen.«
    Noch mehr Blut in Lázlos Mund. Frosch hatte recht gehabt. Holló, der Mann mit der silbernen Maske eines römischen Feldherrn, hatte ihn betrogen. Ihn ausgenutzt.
    »Weil du ihn … magst«, sagte Janosch jetzt.
    »Ja.« Holló sprach immer noch sehr leise. »Und weil er nur ein Opfer dieses unterdrückten Ungarns ist. So wie du. So wie ich. So wie wir alle. Es wird Zeit, dass das aufhört!«
    »Auf, auf, Ungarn!«, rief Janosch.
    »Jaja. Jedenfalls wünsche ich, dass Lázlo unseren Weg geht. Bis zum Ende.«
    »Aber er ist …«
    »Meine Wahl, Janosch. Und dabei bleibt es.«
    In diesem Augenblick jaulte Lázlos Handy los. In der hintersten Jeanstasche. Unmöglich für ihn, in diesem engen Schacht an das Ding ranzukommen.
    22.11 Uhr, Pension Liszt
    Nein. Lieber doch nicht. Lena drückte fast sofort wieder die Taste mit dem roten Telefonhörer und warf ihr Handy aufs Bett. Morgen. Sie würde Lázlo morgen anrufen, sich mit ihm treffen und ihn fragen. So einfach war das. Zufrieden, endlich eine Entscheidung getroffen zu haben, folgte sie ihrem Handy und streckte sich aus; gähnte und dachte an Lázlo, an seine Umarmungen und seine Küsse. Und an seine Heimlichkeiten. Wo er jetzt wohl steckte?
    22.12 Uhr, Burgberg, Tunnelanlage
    Lázlo steckte in der Klemme. Buchstäblich, denn zum einen war dieser fiese Luftschacht wirklich eng, zum anderen wagte er kaum zu atmen oder sich zu bewegen. Zum Glück war sein Handy nach dem einen schrillen Gitarrenriff-Klingelton sofort wieder verstummt. Er lauschte.
    »Was war das?«, fragte Janosch.
    »Ich habe nichts gehört«, lachte Holló. »Du bist zu nervös, mein Treuer.«
    Der war wohl nicht überzeugt: Lázlo hörte Schritte auf Beton. Er sah Janosch genau vor sich, wie er mit misstrauischem Gesicht die Wände absuchte und dabei sein unheimliches Grinsen aufsetzte. Aber Janosch hatte den Lauscher wohl an einem anderen Ort gesucht: »Vor der Tür ist niemand.«
    »Na, siehst du«, sagte der Rabe. »Beruhige dich. Und wenn du willst, behalte Lázlo weiter im Auge. Du bist der Sohn, den ich mir immer gewünscht habe.«
    Vorsichtig, Millimeter um Millimeter, schob sich Lázlo zurück. Sein Herz schlug so laut wie eine Abrissbirne: Bumm! Bumm! Bumm! Sein Kopf aber war so klar wie lange nicht mehr. Endlich begriff er. Niemand hatte ihn gerettet. Niemand hatte ihn aufgenommen und ihm ein neues Zuhause gegeben. Lüge.
    Lázlo schlüpfte aus dem Schacht, klopfte sich den Staub von den Klamotten, schraubte das Gitter wieder an und schichtete leise die Kartons aufeinander. Dann trat er an die Tür, lauschte und glitt hinaus auf den Gang. Mit einem Finger fuhr er auf der bröckelnden grauen Betonschicht entlang. Was sollte er tun? Und wann? In seinem Kopf brüllten noch mehr Fragen um die Wette.
    »Was tust du hier?« Lautlos wie ein Gespenst war Janosch auch diesmal wieder aufgetaucht. Stirnrunzelnd musterte er Lázlo.
    »Was wohl!«, antwortete der. »Du hast selbst gesagt, ich soll heute früher kommen. Holló will mich sprechen. Hier bin ich.«
    Janosch nickte zögernd. »Dann geh rein. Der Rabe wartet schon.«

17
    Freitag, 19. August
    10.00 Uhr, Polizeipräsidium, Teve utca
    »Guten Morgen.« Kommissar Frenyczek schaute sich um. In dem Besprechungszimmer hatten sich zehn seiner besten Leute versammelt. Viel zu wenig, dachte er. »Danke, dass Sie alle gekommen sind.« Er hatte überlegt, sich an die FBI-Akademie zu wenden, die seit dem Jahr 2000 ungarische Polizisten ausbildete. Die Amis hatten schließlich mehr Erfahrung mit Terroristen als er. Aber Frenyczeks Chef hatte kategorisch abgelehnt – der fürchtete wohl, sich zu einer internationalen Witzfigur zu machen, wenn an der ganzen Sache nichts dran war.
    Wenn.
    Das war das Schlüsselwort. Noch einmal musterte Frenyczek seine Kollegen, blickte jedem einzelnen in die

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