Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
ihm sagen wollte.
In einem Akt letzter Verzweiflung deutete ich mit dem Kinn auf den Fels, dann auf ihn und formte noch einmal die Worte: »Du bist der Erbe. Sag den Namen.«
Ich konnte erkennen, wie sich erst ungläubiges Staunen, dann Entschlossenheit in seinen Zügen spiegelte. Er nickte mir kurz zu und ich atmete erleichtert auf.
»Bright, dich scheint nicht sonderlich zu interessieren, was ich zu sagen habe. Anscheinend beunruhigt es dich kein bisschen, dass ich dich gleich vernichten werde«, sagte Malus, der es nicht sonderlich zu schätzen schien, wenn man ihn ignorierte. Mein Vater sah zu ihm und lächelte, dann sagte er ein einziges Wort:
»VERACANAS!
Erwartungsvoll sah ich auf die Lichtung, in der Hoffnung die Quelle des Guten würde dort in Erscheinung treten, doch dem war nicht so. Stattdessen begann Finn so hell zu leuchten, dass mir die Augen schmerzten. Perplex und noch immer sprachlos beobachtete ich das Schauspiel, während ich langsam begriff. In meinem Kopf fügte sich ein Puzzleteil zum anderen und ich verstand plötzlich.
Pater Finnigan war die Quelle des Guten und er war es die ganze Zeit über gewesen. In seiner menschlichen Gestalt. Er hatte mir das Armband und somit sein Blut gegeben, weil ich einer seiner Nachkommen war. Natürlich war es ihm durch den Fluch verboten gewesen, uns etwas zu verraten, aber er hatte alles getan, um mir zu helfen und uns den Weg zu weisen.
»Veracanas, schön dich zu sehen«, sagte Malus mit einem gequälten Lächeln. Finn, der jetzt nicht mehr leuchtete wie eine 100-Watt-Birne drehte sich um und breitete die Hände zu einem Willkommensgruß aus.
»Malus, wir haben uns lange nicht mehr gesehen«, antwortete er freundlich grinsend. Als ich ein Geräusch neben mir wahrnahm, wandte ich den Blick von der Lichtung ab. James und Baobhan Shin waren an meine Seite getreten. Anscheinend war der Bann gebrochen, denn auch ich spürte, dass meine Stimme zurückgekehrt war. James griff meine Hand und drückte sie. Baobhan Shin beugte sich zu mir und flüsterte mir ins Ohr:
»Gut gemacht, Claire.« Anschließend richteten wir unsere Aufmerksamkeit auf die beiden Quellen, die noch immer Höflichkeiten tauschten.
»Ich muss zugeben, ich habe nicht damit gerechnet, die Macht erneut mit dir teilen zu müssen«, erklärte Malus.
»Ich bin eben immer für eine Überraschung gut«, entgegnete Finn und zwinkerte mir zu. Malus seufzte theatralisch, dann warf er die Arme in einer Geste der Verzweiflung über den Kopf.
»So, wie ich das sehe, ist es also wieder einmal Zeit für eine kleine Wette«, bemerkte er.
»Das sehe ich genauso«, pflichtete Finn ihm bei, dann lachten beide herzhaft.
»Wette? Was für eine Wette?«, murmelte ich fragend an die Seherin gerichtet.
»Es war von jeher für beide ein schwieriges Unterfangen, gemeinsam zu herrschen. Zwischen Gut und Böse liegen Welten und die beiden konnten sich niemals einigen. Also kamen sie eines Tages auf die Idee, um einen festgesetzten Zeitraum zu wetten.« Ich schüttelte verständnislos den Kopf, weil ich nicht verstand, was Baobhan Shin meinte.
»Festgelegter Zeitraum?«
»Sie haben gewettet und der Einsatz war eine gewisse Zeitspanne. Der Sieger der Wette durfte dann während dieser Zeitspanne herrschen und der Verlierer musste abwarten, bis sie vorüber war, um sein Glück bei der nächsten Wette zu versuchen.«
»Sie haben darum gewettet, wer herrschen darf?«, fragte James ungläubig. Baobhan Shin nickte.
»Sieh dir nur einmal unsere Vergangenheit an, dann wirst du schnell feststellen, wer, wann an der Macht war. Nehmen wir nur einmal die Pest oder die Weltkriege. Das waren alles Zeitspannen, die Malus gewonnen hatte.« Ich konnte nicht fassen, was ich da hörte.
»Du willst damit sagen, das Schicksal der Menschheit wurde von jeher durch eine Wette entschieden?«
»So ungefähr«, stimmte die Seherin zu. »Das war der einzige Weg, auf den sich beide einigen konnten.« Kopfschüttelnd sah ich zu den beiden Männern auf der Lichtung, die sich angeregt miteinander unterhielten. Hätte man nicht gewusst, dass es sich hier um Gut und Böse handelte, hätte man glauben können, die beiden wären alte Freunde.
»Was hältst du von … sagen wir … von 100 Jahren als Wetteinsatz«, schlug Finn vor. Malus überlegte kurz und nickte dann grinsend.
»Einverstanden. Jetzt fehlt uns nur noch die eigentliche Wette. Wie wäre es wieder einmal mit einem schönen, altmodischen Zweikampf? Jeder von uns wählt
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