Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Hände und lächelte.
»Ich bin nur hier, um meinen Sohn zu holen, bevor ihr auf die dumme Idee kommt, auch ihn zu vernichten«, erklärte sie erstaunlich ruhig.
»Das war ein großer Fehler«, sagte Evelyn und gab ihren Hexen ein Zeichen. »Vernichtet die Seherin.« Alle fünf Hexen hoben fast gleichzeitig die Arme, so dass ihre Finger auf Baobhan Shin deuteten.
»Nein, tut das nicht«, brüllten die drei Schwestern, doch es war zu spät. Blau leuchtende Blitze schossen aus den Händen der Hexen und bewegten sich laut knisternd auf die Seherin zu, die seelenruhig dastand und lächelte.
In dem Augenblick, als die Blitze sie trafen, war es als würde sie kurz aufleuchten. Dann wurde alles wieder ruhig und die Hexen starrten entsetzt auf ihre Hände.
»Aiden, mein Sohn, komm wir gehen«, sagte die Seherin und streckte ihm die Hand entgegen. Er zögerte kurz und sah sich um. Als niemand etwas sagte, ging er an die Seite seiner Mutter.
»Du schwachköpfiges Weibsbild«, schrie Ambeth in Evelyns Richtung. »Baobhan Shins Gabe ist es, Kräfte zu absorbieren und sich zu eigen zu machen. Deine Hexen sind nun nichts weiter, als gewöhnliche Menschen, denn sie besitzen keinerlei Macht mehr. Deshalb sind sie jetzt wertlos«, brüllte sie und vernichtete kurzerhand die fünf Hexen, die immer noch verwirrt auf ihre Hände starrten.
»Deine Mutter absorbiert Kräfte?«, fragte ich flüsternd. Robert nickte und grinste über das ganze Gesicht.
»Dann wünsche ich noch einen angenehmen Abend«, sagte Baobhan Shin gespielt freundlich und nickte den Schwestern zum Abschied zu. Sie griff Aidens Hand und beide verließen die Lichtung, ohne dass jemand versuchte, sie daran zu hindern.
Erstaunlicherweise schenkten sie der Seherin und Aiden keinerlei Aufmerksamkeit mehr. Stadtessen wandten sich die Schwestern wieder Evelyn zu. Ich sah verstohlen zu James, der aufmerksam beobachtete, was geschah. Ob ich ihm von dem Ritual und Baobhan Shins Zweifeln daran erzählen sollte? Ich wischte den Gedanken sofort wieder beiseite. Damit würde ich ihn nur unnötig belasten und von unserem eigentlichen Vorhaben ablenken.
Baobhan Shin kam mit Aiden auf uns zu. Er hatte den Kopf gesenkt und konnte keinem von uns in die Augen sehen.
»Ich denke, ihr werdet meine Hilfe vielleicht noch benötigen, deshalb bleibe ich hier bei euch«, sagte sie. »Was habt ihr denn überhaupt vor?«, erkundigte sie sich neugierig.
»Evelyn davon abhalten, den Fluch zu lösen«, antwortete James.
»Und wie genau habt ihr vor das zu tun?«, hakte sie nach und sah dabei mich fragend an. Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Ganz sicher würde ich nicht noch einmal das Thema mit dem Nachkommen und dem Eisbergsalat ansprechen. Während ich noch fieberhaft nach einer Antwort suchte, brach auf der Lichtung die Hölle los.
Alle drei Schwestern hatten die Arme gehoben, um zuzuschlagen und ihre Hände zeigten in Evelyns Richtung. Gleichzeitig stürzten sich die restlichen Ubour auf die Trinität, um die drei Frauen davon abzuhalten und Evelyn bewegte ihre Hand nach vorn, in der Absicht den Blutrubin auf den Felsen zu legen.
Ohne nachzudenken, stürzten James, Balthasar und Evan auf die Lichtung, um sie davon abzuhalten. Die Trinität hatte sich unterdessen befreit und starrte wie gelähmt auf den Stein in Evelyns Hand. Auch ich rannte nun hinter James her, genau wie der Rest von uns.
Doch es war zu spät. Entsetzt sah ich zu, wie Evelyn den Stein auf den Felsen legte und dann rasch zurücktrat. Kaum war der Blutrubin mit dem Stein in Berührung gekommen, zerfloss er wie Butter in einer heißen Pfanne. Sechs kleine Rinnsale liefen nebeneinander den Felsen hinunter und trafen in einer kleinen Einbuchtung wieder aufeinander, wo sie sich zu einer Pfütze Blut vereinigten.
James, der jetzt auch begriffen hatte, dass es zu spät war, kam wieder an meine Seite geeilt und legte beschützend den Arm um mich. Dann ertönte ein ohrenbetäubendes Donnergrollen und am Himmel über uns zuckten weiße Blitze.
»Scheiße«, hörte ich James neben mir fluchen. Als dunkler Rauch in der Mitte der Lichtung aus dem Waldboden aufstieg, wurde auch mir klar, dass es zu spät war. Es war uns nicht gelungen Evelyn davon abzuhalten, den Fluch zu brechen. Die Quelle des Bösen war befreit.
Kapitel 22
Freitag, 23:10 Uhr. Verbleibende Zeit: 20 Minuten.
Ich weiß nicht, wie ich mir das Böse vorgestellt hatte, aber so ganz gewiss nicht. Der dunkle Rauch hatte sich verzogen
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