Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
ganze Aufmerksamkeit. »Wir benötigen erneut deine Hilfe«, sagte ich gerade so laut, dass man es gerade noch verstehen konnte.
»Meine Hilfe?«, wiederholte sie und zog dabei ihre perfekt geformten Augenbrauen nach oben.
»Na, du weißt schon. Deine Gabe als Seherin«, fügte ich hinzu und machte dabei eine unbeholfene Geste mit den Händen. Baobhan Shin seufzte laut.
»Es tut mir aufrichtig leid, aber ich kann euch nicht helfen«, bemerkte sie. Ich hatte damit gerechnet, dass sie wegen Aiden nicht sehr gut auf uns zu sprechen sein würde, aber dass sie uns jetzt so schnell abfertigte, schockte auch mich.
»Was Aiden getan hat, war nicht richtig, das weißt du auch. Ich verstehe, dass du ihn in Schutz nimmst, weil du seine Mutter bist, aber findest du es nicht ein wenig ungerecht, uns deshalb deine Hilfe zu verweigern? Hier geht es um viel mehr als um deine gekränkte Eitelkeit. Von einer Vampirin, die mehrere Tausend Jahre alt ist, hätte ich etwas mehr Verstand erwartet«, sprudelten die Worte aus mir heraus.
Sille schnappte laut nach Luft und James fasste mich am Arm um mich zurückzuhalten, doch es war zu spät. Diese Frau war vielleicht die einzige Chance, mein altes Leben zurückzubekommen. Mutterliebe hin oder her, sie musste ihre Gefühle außen vor lassen. Außerdem war es nicht unsere Schuld, dass Aiden sich dazu entschlossen hatte, uns zu verraten.
»Claire, ich ...«, setzte sie an, doch ich hob die Hand.
»Was Aiden getan hat, hat er ganz allein zu verantworten. Niemand hat ihn dazu gezwungen. Du solltest etwas mehr Professionalität zeigen und das Geschäftliche vom Privaten trennen. Wenn du uns nicht hilfst, werden vielleicht Dinge in Gang gesetzt, die die ganze Welt verändern werden«, platzte ich heraus. Ich redete mich förmlich in Rage und war jetzt nicht mehr zu bremsen. »Ich finde es eine Unverschämtheit, dass du ...«
»CLAIRE!«, unterbrach mich Baobhan Shin laut schreiend und funkelte mich böse an. »Ich kann euch nicht helfen«, wiederholte sie jetzt um einiges energischer.
Ich war gerade dabei tief Luft zu holen, um einen neuen Schwall Vorwürfe vom Stapel zu lassen, als ich in Baobhan Shins entsetztes Gesicht blickte und innehielt. Sie starrte auf etwas hinter mir. Noch bevor ich mich umdrehen konnte, um nach dem Grund dafür zu suchen, erklang eine mir vertraute Stimme.
»Mutter, du musst ihnen helfen.« Ich wirbelte gleichzeitig mit all meinen Freunden herum und gemeinsam sahen wir Robert in der Tür stehen. Hinter ihm konnte ich Henry, Emma und Berta erkennen, die mir breit grinsend zunickten.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie James neben mir den Mund öffnete, ihn jedoch gleich wieder schloss. Im nächsten Augenblick wurden wir beiseite gestoßen und Baobhan Shin stürmte mit ausgebreiteten Armen auf ihren Sohn zu. Ich geriet ins Taumeln und verlor das Gleichgewicht. Nur James schneller Reaktion war es zu verdanken, dass ich nicht stürzte. Er packte mich am Arm und zog mich sanft an sich.
»Wie ist das möglich?«, flüsterte er mir fragend ins Ohr, während wir beobachteten, wie die Seherin, laut schluchzend, um Roberts Hals fiel.
»Ich habe Berta, Emma und Henry gebeten, ihn zu suchen. In der Nacht, als ich Kimberly getötet habe, war auch Roberts Geist anwesend. Ich dachte, es könnte nicht schaden, sich einmal in der Gegend dort umzusehen. Vielleicht kann das Baobhan Shin überzeugen, uns zu helfen«, antwortete ich so leise wie möglich. James sah mich erstaunt und zugleich unendlich stolz an.
»Du bist doch immer für eine Überraschung gut«, entgegnete er grinsend.
Während ich das tränenreiche Wiedersehen von Mutter und Sohn beobachtete, schossen mir etliche Fragen durch den Kopf. Weshalb hatte ich Roberts Geist nicht gesehen, als er in Kanada gestorben war? Zu jener Zeit war ich ein Geistwächter gewesen. Und wie war es möglich, dass Robert plötzlich in Schottland war?
Es dauerte sage und schreibe zehn Minuten, bis Mutter und Sohn sich endlich voneinander lösen konnten. Als wir schließlich alle auf der gemütlichen Couchgarnitur Platz genommen hatten, brannte ich darauf, einige Antworten zu bekommen. Nachdem ich meine Fragen gestellt hatte, sahen alle Anwesenden erwartungsvoll zu Robert und der begann zu erzählen:
»Ich kann mich noch erinnern, dass ich in Kanada von dieser Bestie gebissen wurde und daran, wie mein Blut plötzlich in meinen Adern brannte, als sei es Feuer. Dass Aiden mich erlöste, indem er mir einen Pflock ins Herz rammte,
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