Blutsauger
ist’s doch überall: Anstatt die Leute besser zu bezahlen, wird ihnen damit Sand in die Augen gestreut. Die Motivation steigert das nicht.«
Häberle spürte, wie ihm der Chefarzt immer sympathischer wurde.
41
Zwei Tage lang hatten die beiden jungen Frauen mit dem Gedanken gerungen, ob sie sich bei der Kriminalpolizei melden sollten. Manuela Krapf und Andrea Schwarz, die beide gerade erst ihre Ausbildung zur Krankenschwester absolviert hatten, waren schließlich zu der Auffassung gelangt, nicht länger schweigen zu können. Nach ihrem Anruf bei der Kripo und dem kurzen Hinweis, worum es gehe, bekamen sie sofort einen Termin. Kerstin Iridon, die Kommissarsanwärterin, nahm sich ihrer an und führte sie in ein kleines Besprechungszimmer. Manuela Krapf ergriff selbstbewusst das Wort: »Es gibt inzwischen irre Gerüchte über Dr. Fallheimer. Deshalb haben wir uns gedacht – meine Kollegin Andrea Schwarz und ich –, dass wir Ihnen das, was wir wissen, sagen sollten.«
»Aber bitte vertraulich behandeln«, unterbrach Andrea, die noch immer von Zweifeln geplagt wurde, ob ihr Vorgehen korrekt sein würde.
Kerstin nickte zaghaft. Die Zusicherung von Vertraulichkeit konnte nie ohne Einschränkung gegeben werden.
»Dr. Fallheimer«, machte Manuela weiter und zögerte. Als wolle sie nicht sofort zur Sache kommen, erklärte sie: »Er war ein sehr feiner Mensch. Sehr sympathisch. Andrea und ich waren am Sonntagmorgen im Dienst, als er gestorben ist. Es war sehr schlimm für uns.«
Die Kriminalistin ließ ihr Zeit und verzichtete auf eine drängende Nachfrage.
Andrea nahm die entstandene Stille zum Anlass, ihre vorsichtige Zurückhaltung in Worte zu fassen: »Eigentlich geht uns das alles nichts an – aber weil wir eng mit Dr. Fallheimer zusammengearbeitet haben und es immer mehr Gerüchte gibt, beschäftigt uns die ganze Sache auch.«
»Ja«, knüpfte Manuela daran an. »Und deshalb sollten Sie wissen, dass Dr. Fallheimer in irgendeiner Weise privat etwas mit Dr. Brugger zu tun hatte.«
Kerstin zeigte sich informiert und nickte. »Mit jenem Dr. Brugger, der gerade Urlaub auf Gran Canaria macht.«
»Sie wissen das?«, staunte Andrea und war insgeheim erleichtert, dass nicht sie es waren, die die Ermittlungen in diese Richtung lenkten.
»Dass er dort ist, haben wir erfahren, ja«, bestätigte Kerstin. »Nur wissen wir nicht so genau, was er dort macht.«
Manuela zögerte. »Was er dort macht, wissen wir auch nicht. Aber …« Sie sah zu Andrea, die nervös mit ihren Fingern spielte und auf die Tischplatte starrte.
Die Kriminalistin wartete und ließ ihren Blick von einer zur anderen schweifen. In manchen Situationen, so hatte sie es erst kürzlich gelernt, war es besser, ausdauernd zu schweigen, um sein Gegenüber zum Sprechen zu bewegen.
»Na ja«, entschloss sich Manuela schließlich, den begonnenen Satz zu Ende zu führen, »Dr. Brugger ist wohl nicht ganz allein unterwegs.«
Kerstin zeigte keine Regung, obwohl sie innerlich auf die Fortsetzung des Gesprächs gespannt war. Sie schwieg weiterhin, deutete jedoch mit einem leichten Stirnrunzeln an, dass sie an Einzelheiten interessiert sein würde.
»Es sind zwei Kolleginnen auf Gran Canaria«, sprach Manuela endlich aus, was sie seit Sonntag bewegte, um allerdings gleich abzuschwächen. »Kann natürlich reiner Zufall sein. Aber wir denken, Sie sollten das wissen.«
Kerstin brauchte ein paar Sekunden, um das Gehörte zuordnen zu können. »Sie meinen …, dass er sie mitgenommen hat – in den Urlaub?«
Andreas Gesichtsausdruck verriet, dass sie sich den Schilderungen ihrer Kollegin anschloss. Manuela fühlte sich deshalb dazu angespornt, die Konversation fortzuführen: »Er hat sie wohl heimlich mitgenommen, oder besser gesagt: Sie nachkommen lassen.«
Kerstin blieb weiterhin gelassen. »Wenn es heimlich gewesen sein soll, ist’s dennoch bekannt geworden.«
Andrea schaltete sich ein: »Das kann natürlich auch nur ein Gerücht sein. Aber falls es stimmt, was so gesprochen wird, wäre es ziemlich ungewöhnlich, finden Sie nicht?«
»Männer tun manches, was wir aus weiblicher Sicht nicht nachvollziehen können.« Kerstin dachte nach und entschied, sich Klarheit zu verschaffen: »Und welche Sorge hat Sie nun ganz persönlich umgetrieben, uns dies mitzuteilen?«
Manuela schien für einen Moment hilflos zu sein. Doch ihre Kollegin Andrea vermochte ebenfalls keine Antwort zu finden.
Nach einigen Schweigesekunden hatte Manuela eine passende
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