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Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)

Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)

Titel: Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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endgültig an den Rand der Depression.
    »Es tut mir leid, Kisten«, flüsterte ich und berührte auf meinem Weg ins Foyer, von dem die schmale Treppe zum Glockenturm abging, kurz den Tisch. Ich hatte ihn schon vor langer Zeit neu beziehen lassen wollen, aber irgendwie kam mir immer das Leben dazwischen. Ich rufe den Billardladen sofort an, nachdem ich mit Marshal gesprochen habe , dachte ich schuldbe wusst. Marshal würde wahrscheinlich nicht auf meinen Anruf reagieren, aber entweder versuchte ich das, oder ich musste der I. S. vertrauen.
    Ich betrat das dunkle Foyer, in dem wir immer noch kein Licht eingebaut hatten. Wie lang ermahnte ich mich nun schon, endlich Leitungen zu verlegen? Inzwischen waren es Jahre.
    Ich sollte das besser hinkriegen , dachte ich, als ich die quietschende Tür zur Treppe aufzog. Sofort hörte ich ein leises Pochen in der kühleren Luft, die ein wenig nach nassen Dachschindeln roch. Wayde arbeitete wieder an seinem Zimmer. Ich machte mich an den Aufstieg und dachte darüber nach, dass es zu viele Dinge gab, die ich tun wollte, die ich aber einfach nicht in Angriff nahm. Ich werde anfangen, mich um all das zu kümmern, dachte ich, und schwor mir selbst, dass ich diesmal wirklich daran arbeiten würde.
    »Hi, Ms. Morgan!«, rief eine hohe Stimme. Ich zuckte zusammen und wäre fast rückwärts die Treppe hinuntergefallen.
    »Heiliger Dreck, Bis!«, rief ich, sah auf und entdeckte den katzengroßen Gargoyle an der schrägen Decke, wo er sich festklammerte wie eine seltsame Fledermaus. »Du hast mich erschreckt!«
    Der Kleine grinste mich mit seinen schwarzen Zähnen an. Seine roten Augen glühten im dämmrigen Licht der Treppe. Er hatte seine kieselsteingraue Haut so verändert, dass sie sich an den Holzton des Untergrundes anpasste, und klammerte sich mit seinen klauenbewehrten Händen und Füßen fest, während er keuchend lachte. Im selben Moment veränderte sich seine Farbe wieder, und er ließ seinen löwenartigen Schwanz peitschen, der sogar ein Büschel am Ende hatte, das farblich genau zu den langen Haaren an seinen Ohren passte. Angeblich half ihm sein Schwanz dabei, im Flug das Gleichgewicht zu halten.
    »Tut mir leid«, sagte er und verzog sein zerknautschtes, fast hässliches Gesicht zu einem Lächeln. Mit weit ausgebreiteten, ledrigen Flügeln sprang er auf meine Schulter und schlang seinen Schwanz um meinen Hals. Ich wappnete mich gegen die sinnliche Überlastung, die nicht kam … und seufzte. Vor dem Armband hatte seine Berührung dafür gesorgt, dass jede Kraftlinie von Cincinnati in meinem Kopf sang. Jetzt spürte ich gar nichts. Ich atmete seinen seltsamen Geruch ein, eine Mischung aus kaltem Eisen und den Federn der Tauben, die er fraß.
    »Ich glaube nicht, dass es dir leidtut«, erklärte ich milde und ging weiter. Sein Schwanz packte mich fester, und sofort vergab ich ihm. Bis war ein guter Junge. Er lebte jetzt seit fast einem Jahr im Glockenturm, nachdem man ihn von der Basilika verbannt hatte, weil er Leute bespuckte. Jenks fand das völlig in Ordnung, und Bis zahlte seine Miete, indem er in den vier Stunden rund um Mitternacht, in denen Jenks gerne schlief, auf Kirche und Garten aufpasste. Wo sollte der kleine Kerl auch sonst hin?
    »Wayde ist präsentabel, oder?«, fragte ich und hörte wieder das leise Klopfen.
    »Präsentabel?«
    Ich konnte Bis’ Verwirrung verstehen. Ich hatte mich umständlich ausgedrückt, und der Gargoyle trug gewöhnlich keine Kleidung, da sie seine Fähigkeit einschränkte, wie ein Chamäleon die Farbe zu wechseln.
    »Ähm, vielleicht könntest du ihn einfach vorwarnen, dass ich komme?« Vor dem oberen Treppenabsatz wurde ich langsamer. Durch den breiten Spalt unter der Tür fiel helles Licht.
    Aber dann erklang Waydes Stimme: »Ich bin ›präsentabel‹. Komm rein.«
    Das Klopfen setzte wieder ein, und ich erklomm die letzten Stufen. Gleichzeitig versuchte ich, zu entscheiden, wie ich mich ausdrücken sollte, um seine Gefühle nicht zu verletzen. Wayde hatte den Glockenturm renoviert – er lebte lieber hier oben als ständig im hinteren Wohnzimmer zu campen. Ich hatte mir noch nicht angesehen, was er alles gemacht hatte. Dabei war ich neugierig, denn es waren Holzlieferungen und auch mehrere Möbelwagen gekommen. Als ich den Raum das letzte Mal gesehen hatte, war er ein leeres, nicht isoliertes Sechseck gewesen, über dem die Kirchenglocke hing. Ein netter Raum, um einfach nur dazusitzen und den Regen zu beobachten, aber nicht

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