Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
seinen eigenen Zorn und sagte ruhig: »Weil in einem Stadtpark ein Ziegenmann aufgehängt wurde, umgeben von dämonischen Symbolen und mit einem Dämonenwort zu seinen Füßen, das dazu dient, etwas öffentlich zu machen. Je eher du ihnen die Liste gibst, desto eher kannst du mit deinem Leben weitermachen.«
Ich presste die Lippen aufeinander, als ich mich an die KFZ-Stelle erinnerte. Ich wollte diesen Teil von mir nicht opfern. Weder der I. S. noch dem FIB, wo jeder Zugriff darauf hätte.
Jenks schoss in die Luft, als Ivy sich in Bewegung setzte. Aber sie ging nur zum Fenster und riss es auf. Mit dem Geruch von vermodernden Blättern glitt die regengeschwängerte Herbstluft in den Raum, und meine Schultern entspann ten sich.
»Die Leute haben Angst«, sagte Glenn, jetzt wieder wirklich ruhig und nicht voll unterdrückter Wut. »Sie sagen, du kannst Dämonenmagie wirken, tust es aber nicht. Du hast Dämonentexte, deren Inhalt du nicht preisgeben willst. Du bist in deren Datenbank registriert.«
»Das war nicht meine Idee«, murmelte ich. »Und ich habe so gut wie keine magischen Fähigkeiten mehr. Siehst du? Ich habe mich selbst kastriert!« Wütend verlagerte ich mein Gewicht und starrte böse zu ihm auf. »Es gibt nichts, wovor man Angst haben müsste.« Langsam wurde ich echt deprimiert.
»Rachel, es tut mir leid«, sagte Glenn, als er meine veränderte Stimmung bemerkte. »Ich fürchte mich nicht vor dir, aber es ist leicht, Angst zu haben. Verständnis ist schwerer. Schreib einfach diese Liste. Mir ist egal, ob sie vollständig ist. Ich gebe sie ab, und du kannst dir dein Leben zurückholen.«
Ich sah zu Ivy. Auch wenn es einfach klang, mein Bauchgefühl sagte Nein. Ich war es leid, um jede noch so kleine Sache feilschen zu müssen, die mir eigentlich zustand, wie einen Führerschein oder die Möglichkeit, einen Platz im Flieger zu reservieren. Aber trotzdem … »Und wenn sie rausfinden, dass ich ihnen nicht alles verraten habe, verwenden sie das gegen mich«, meinte ich leise. »Nein.«
»Wo liegt das Problem?«, fragte Glenn. »Nicht wütend werden, ich versuche wirklich, es zu verstehen!«
Das stimmte wohl, und Ivy trat zwischen uns, um ihn mir aus dem Weg und zu einem Stuhl zu ziehen. »Sie hat recht«, flüsterte sie ihm ins Ohr, und ich fühlte, wie mein Nacken anfing zu kribbeln. »Sobald die I. S. etwas reinbekommt, was Rachel angeblich tun kann, und sie wissen davon, werden sie behaupten, dass sie es war. Egal, ob sie ihr Armband trägt oder nicht. Nur, weil sie das einfachste Ziel ist.«
Glenn sackte in sich zusammen und starrte besiegt auf den Boden. »Okay.« Dann sah er mich an. »Ich verstehe, was du sagen willst, aber ich stimme dir nicht zu. Ich werde sie hinhalten. Dich danach zu fragen war nicht meine Idee.«
Endlich konnte ich wieder lächeln. »Das weiß ich. Ich bin gleich zurück. Hebt mir ein Stück Pizza auf, okay?«
»Lass mich wissen, falls Wayde irgendwelche Hilfe braucht«, sagte Glenn, aber ich war bereits im Flur und hielt auf die Treppe zu. Ivy schickte schon seit mindestens einer Stunde Ich-bin-hungrig-Pheromone aus, und ich musste da einfach eine Weile raus.
»Mache ich!«, rief ich über die Schulter zurück, während ich durch die Dunkelheit wanderte. Auf keinen Fall würde ich dem FIB oder der I. S. eine Liste schreiben. Lieber lebte ich vollkommen isoliert. Autofahren wurde überschätzt, und vielleicht musste ich dieses Jahr nicht mal Steuern zahlen.
Doch ich konnte mich der Frage einfach nicht erwehren, ob ich nicht in Wirklichkeit vor dem Anblick von Ivy und Glenn floh, die miteinander glücklich waren – während ich genau wusste, dass ich an seiner Stelle hätte sein können.
5
Energisch betrat ich den Altarraum, der nur vom Fernseher in der Ecke neben der neuen Sitzgarnitur erleuchtet wurde. Pixies saßen auf den Stuhllehnen und jubelten, als das Krokodil das Zebra erwischte. Pixies und Naturdokus vertrugen sich wunderbar. Wer hätte das gedacht?
Ich war nicht gerade bester Laune. Ich wusste, dass Wayde denken würde, dass ich ihm in seinem Job nichts zutraute. Er war gut, aber er musste besser werden, bis das hier vorbei war. Der Anblick meines Schreibtisches, ein unbenutzter Staub fänger, half mir nicht gerade. Ivys Piano, selten gespielt und trotzdem vollkommen staubfrei, half auch nicht. Kistens Billardtisch, dessen Filz immer noch von einem »weißen« Zauber verbrannt war, den ein Mitglied des Hexenzirkels auf mich geworfen hatte, brachte mich
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