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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Kolonne bunt zusammengewürfelter Fahrzeuge.
    Eins nach dem anderen rollte an ihr vorbei. Es handelte sich um ramponierte Wohnmobile und alte Transporter, um Pick-ups mit angehängten Wohnwagen und um Schulbusse, die seltsamerweise bis zur Decke mit Kartons befüllt waren. Allradgetriebene Fahrzeuge zogen Caravans, in denen sich ebenfalls Kisten stapelten, und unter nassen Plastikplanen lugten Armlehnen und Beine von Möbeln hervor. Es schien, als hätten die Bewohner einer kleinen Nachbarschaft ihren Besitz zusammengerafft und wären vor einer drohenden Gefahr geflohen. Sheridan dachte an das Wort, das sie im Sozialkundeunterricht gelernt hatte. Ja, diese Karawane erinnerte sie an Flüchtlinge. Aber in Wyoming?
    Die Nummernschilder kamen von überall: aus Montana, Idaho, New Mexico, Nevada, Colorado, North Dakota, Georgia, Michigan und anderswoher. Dies allein schon war merkwürdig, vor allem im Winter, wenn die meisten Menschen wegen des Wetters lange Reisen vermieden. Viele der Fahrer wirkten rau und ungepflegt; die Männer hatten lange Bärte und steckten in dicken Sachen. Manche sahen sie an, andere schauten weg. Ein Bärtiger kurbelte im Vorbeifahren das Seitenfenster herunter und rief etwas von »Regierungsschulen«. Das klang nicht freundlich, und Sheridan trat intuitiv ein wenig in Richtung Schulgebäude und Maschendrahtzaun zurück. In den Fahrzeugen saßen mehr Männer als Frauen, und Sheridan entdeckte nur wenige Kinder mit ans Fenster gedrückten Händen und Gesichtern. In diesem Moment erst bemerkte sie Lucy und April. Die eine stand rechts, die andere links von ihr, und beide trugen Hut, Jacke und Fäustlinge und beobachteten, wie die Kolonne vorbeizog. Unter der Jacke trug Lucy – modisch wie stets – ein Kleid und glänzende
Schuhe. Sie war unbestreitbar niedlich. April hatte eine praktische Latzhose aus Cord an, unter einem schon recht abgewetzten Parka, der einst Sheridan gehört hatte.
    Am Steuer eines neueren Geländewagens saß ein untersetzter Mann mit einem würdigen, ja hoheitsvollen Profil. Im Vorbeifahren wandte er Sheridan den Kopf zu und lächelte. Sie blickten einander kurz in die Augen. Der Mann hatte etwas Freundliches, und Sheridan vermutete in ihm schon darum den Anführer der Truppe, weil er so selbstbewusst aufrecht saß.
    »Wo bleibt unser Bus?«, fragte Lucy.
    »Vermutlich folgt er der Kolonne hier«, gab Sheridan zurück und hielt nach dem Ende der Prozession Ausschau, um festzustellen, ob sich dahinter der vertraute gelbe Bus näherte. Doch wegen des Schneetreibens konnte sie nur bis zum Ende des Blocks sehen, und ihre nasse Brille war ihr auch keine Hilfe.
    »Wer sind all diese Leute?«, fragte Lucy erneut.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Sheridan und griff nach Lucys und Aprils Hand. »Einer hat mir was zugebrüllt.«
    »Wenn sie nochmal schreien, gehen wir rein und sagen es dem Direktor!«, forderte April mit Nachdruck und nahm Sheridans Rechte, die in einem roten Handschuh aus Baumwolle steckte.
    Die drei Mädchen standen da und warteten, während die Wagenkolonne langsam vorbeiglitt. Alle drei hatten blondes Haar und grüne Augen. Nur ein feiner Beobachter hätte bemerkt, dass April nicht die runde Kopfform und die großen Augen von Sheridan und Lucy besaß. Aprils Gesicht war eher rechteckig und ihre Miene stoisch und unergründlich.
    Ein ramponierter blauer Dodge Pick-up – das letzte Fahrzeug der Karawane – scherte plötzlich aus und bremste. Auf der Ladefläche stapelten sich wuchtige Umrisse unter einer durchnässten Leinenplane. Hinter dem Wagen erkannte
Sheridan die roten Lichter des Schulbusses, und Lucy rief: »Na endlich! Da kommt er …«
    Doch zunächst hielt der Dodge vor den drei Mädchen, und eine nasse Scheibe wurde heruntergekurbelt. Eine winzige Frau mit verhärmtem Gesicht betrachtete die drei. Ihr Haar war mausbraun mit blonden Strähnen, und ihr Blick war stechend und hart. Sie hatte eine Zigarette zwischen den Lippen, die beim Herunterrollen des Fensters auf und ab hüpfte.
    Sheridan starrte verängstigt zurück und drückte die Hände ihrer Schwestern fester. Der Blick der Frau war bedeutungsvoll, dabei aber fast raubtierartig. Sheridan brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass die Frau nicht sie anschaute, sondern etwas tiefer und seitlicher zielte: Sie musterte April.
    Der Pick-up setzte sich wieder in Bewegung, und die Frau wandte den Kopf um und fuhr den Fahrer an. Erneut stoppte der Wagen. Der Schulbus hatte nun aufgeschlossen und drängte

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