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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Untersuchung des Überschlags, war der dritte und kürzeste Artikel überschrieben. Darin hieß es, die Polizei hoffe auf einen möglichen Zeugen des Unfalls auf der Autobahn 87, bei dem zwei Männer ums Leben gekommen seien. Genauer gesagt werde der Fahrer eines älteren Jeeps mit einem Nummernschild aus Montana gesucht, der bei Great Falls eine Geschwindigkeitskontrolle passiert habe. Die Behörden vermuteten, der Jeep sei zum Zeitpunkt des Unfalls in der Nähe gewesen und der Fahrer habe den Crash beobachtet.
    Joe sah Marybeth an und legte die Blätter weg.
    »Fährt Nate Romanowski nicht einen Jeep?«, fragte sie.
    Joe nickte. »Das tut er.«
    »Interessant, was?«
    »Zwei Jungs aus der Hauptstadt, die ein internes Problem klären sollen, haben auf einer einsamen Straße in Montana einen Unfall«, sagte Joe. »Was mag Romanowski getan haben? Hat er den Geländewagen von der Straße gedrängt?«
    »Falls der Motor abgestorben ist, war das nicht nötig, oder?« Marybeth hatte offenbar schon länger darüber nachgedacht.

    »Aber wie sollte er das bewerkstelligt haben?«, überlegte Joe, doch schon während der Frage kam er auf die Antwort.

    Beim Frühstück lauschten sie auf die Dusche oben. Die Mädchen aßen einen Pfannkuchen nach dem anderen und ließen keinen Tropfen Sirup umkommen. Weil echter Ahornsirup teuer war, gab es ihn nur an Feiertagen und zu besonderen Anlässen.
    »Großmutter Missy duscht immer ganz schön lange«, stellte Lucy fest.
    »Sie verbraucht unser ganzes heißes Wasser«, schimpfte Sheridan und fügte genießerisch hinzu: »Ich liebe den süßen Geschmack von Sirup und den salzigen von durchwachsenem Speck.«
    »Ich mag nur den Sirup«, erklärte Lucy. »Am liebsten würde ich ihn mit dem Strohhalm trinken.« Sie lächelte und zeigte pantomimisch, wie das gehen sollte.
    »Weißt du noch, wie Mom dich erwischt hat, als du den Sirup wie ein Hund vom Teller geleckt hast?«, fragte Sheridan, um ihre Schwester zu ärgern.
    Lucy verzog das Gesicht, und Sheridan lachte. »Wie Maxine es mit ihrem Napf tut!«
    »Hör auf!«, rief Lucy.
    Marybeth bereitete der Sache mit einem missbilligenden Blick ein Ende.
    »Wie magst du sie lieber, April?«, fragte sie. »Süß oder salzig? «
    Das Mädchen hatte beim Rosenumzug und beim Frühstück geschwiegen. Joe beobachtete sie von seinem Platz am Herd. Manchmal entfernte April sich innerlich und schien fast unsichtbar zu werden, obwohl sie mitten zwischen ihnen saß.
Mitunter – so wie jetzt – wirkte sie einsam und gequält. Und bisweilen war sie wie ein lebendes, liebes kleines Gespenst.
    April murmelte etwas in ihren Schoß.
    »Was hast du gesagt, Schatz?«, fragte Marybeth.
    Das Mädchen schaute auf. Ihre Miene war hart und verhärmt. »Ich hab in der Nacht geträumt, dass meine andere Mutter mich angeschaut hat.«
    Diese Worte ließen alle am Tisch erstarren.
    Schließlich beugte Marybeth sich zu ihr vor, und Sheridan und Lucy musterten erst ihre Mutter, dann April, dann wieder ihre Mutter.
    »Geht’s dir jetzt wieder gut?«, fragte Marybeth leise.
    »Sie war vor meinem Fenster und hat mich durch die Vorhänge beobachtet«, sagte April mit noch immer gesenktem Kopf. »Sie hat mit der Hand über die Scheibe gerieben und immer wieder gesagt: ›Ich liebe dich, April, und ich vermisse dich.‹«
    Der Südstaatenakzent, mit dem sie die letzten Worte gesagt hatte, klang genau wie der von Jeannie Keeley. Joe war beunruhigt, weil er das Mädchen noch nie so reden gehört hatte.
    Zum ersten Mal an diesem Morgen war er konzentriert. Die Sorge, die seit Stunden dumpf in seiner Magengrube rumort hatte, meldete sich mit einem Schlag gebieterisch.
    Dann merkte er, dass Marybeth Augenkontakt mit ihm aufzunehmen versuchte. Als er sie ansah, wies sie mit dem Kinn zur Hintertür, ohne dass April etwas davon mitbekam. Joe begriff: Sie wollte, dass er nach draußen ging und den Hof inspizierte. Marybeth hielt das, was April erzählt hatte, offenbar nicht für einen Traum oder wollte doch allen Spekulationen ein Ende bereiten.

    Während Marybeth das Geschirr bis auf einen Teller für Missy abräumte und die Mädchen sich wieder vor den Fernseher hockten, um den Rosenumzug weiterzuverfolgen, streifte Joe in der Umkleide seinen Thermo-Overall über. Als er sich die Stiefel schnürte, schaute er auf und Sheridan direkt in die Augen. Sie hatte den Blick mitbekommen, den er mit Marybeth gewechselt hatte, und wusste, wohin er wollte. Dann wandte sie sich wieder dem

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