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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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fanden, hatten so manches Liebespaar vor allzu neugierigen Blicken verborgen. VorZeiten hatte das Gartenparadies auch einem kleinen Jungen reichlich Gelegenheit geboten, überschüssige Energie in seinen Bergen aus herabgefallenem Laub loszuwerden. Hier fühlte sich dieser Junge, längst erwachsen, genauso zu Hause wie in den Gebäuden, die den Park umgaben.
    Es machte Phin wütend, dass nichts als eine dumme Panne im technischen Ablauf das alles hier gefährden sollte. Ein entschlossener Zug legte sich um seinen Mund. Dann aber, einen Sekundenbruchteil später, erstarrte Phin. Im Schatten unter den tief hängenden Zweigen der Trauerweide bewegte sich etwas. Jemand.
    Schwarzes Haar. Lange, schlanke Beine.
    Phin zögerte. Ihn fröstelte ganz plötzlich. Seine Nerven spielten verrückt, als er Naomi Ishikawas schlanke Gestalt durch den Lichtfleck, den eine Laterne in den Schatten warf, hindurchgleiten sah. Sie hockte sich an das Ufer des künstlichen Sees und tauchte die Finger in das klare Wasser. Im Dämmerlicht war ihre Jeans kaum zu erkennen. Aber Phin brauchte nicht viel Licht. Selbst bei diesen Lichtverhältnissen ließ sich bemerken, wie fest die Muskeln von Miss Ishikawas Oberschenkeln waren   – vor allem, wenn man bereits Hand daran gelegt hatte. Gut ausmodulierte Muskeln traten deutlich hervor, als Miss Ishikawa ebenso grazil wie gewandt auf den hohen Pfennigabsätzen ihrer Stiefel am Seeufer entlangbalancierte.
    Von sich selbst überrascht musste Phin feststellen, dass er die Treppen in Richtung See hinunterging und dem gepflasterten Weg folgte, der sich durch den Miniatur-Wald wand. Miss Ishikawa neigte leicht den Kopf in seine Richtung, als hätte sie ihn kommen hören. Aber sie wandte sich nicht um.
    »Was denn? Nicht dabei, sich Pressemitteilungen aus den Fingern zu saugen?« Ihr Ton war kühl, kalt wie das Wasser, das ihre Fingerspitzen umspielte. Phin verdrehte die Augen, hob den Blick hinauf zur Glaskuppel, ehe er dem plötzlichen Drang nachgab, ihreine kurze, im Ton harsche Antwort an den Kopf zu werfen. Die Worte dafür ballten sich in seiner Kehle bereits zusammen.
    Naomi Ishikawa hatte einer Frau das Leben gerettet, die er sehr mochte. Er schuldete der millionenschweren Erbin etwas anderes, als eine schnippische Reaktion.
    »Wenn Sie meinen, dass ich mich ungebührlich betragen habe, tut mir das leid«, erwiderte er stattdessen. Das Wasser raunte, umspülte mit leisem Plätschern Laub, das von den Bäumen gefallen war, und Naomi Ishikawas Finger.
    Naomi lachte leise. Der raue Laut ließ Phins Blick ihren Rücken entlangwandern, die blassen, nackten Schultern entlang, die im Dämmerlicht unter der Weide das wenige Licht einfingen und reflektierten. Die Schultern bewegten sich, rasch und nur einmal. Eine Art Schulterzucken. »Ich bin bereit, das als Entschuldigung zu akzeptieren, Mr.   Clarke.«
    »Phin«, verbesserte er sie.
    Mit einer fließenden Bewegung, deren Eleganz und Selbstverständlichkeit ihn schlucken ließen, erhob sich seine Gesprächspartnerin und wandte ihm das Gesicht zu. Von der Wut, die noch vorhin darin zu lesen gewesen war, war nichts mehr zu spüren. Ihr Blick war distanziert, kühl, verhalten, aber verbarg ansonsten ihre Gefühle. »Der alten Dame geht es also wieder gut, ja? Ich nehme an, Sie wären nicht hier, wenn dem nicht so wäre.«
    »Es geht ihr gut, ja. Sie braucht nur Ruhe, um sich ganz zu erholen, Miss Ishi…«
    »Naomi.« Es kam zu forsch heraus. Sie verzog den Mund, als hätte sie es selbst bemerkt. Es war nur die Andeutung eines Lächelns. »Einfach nur Naomi.«
    Anspannung zog sich nach und nach durch Phins ganzen Körper. »Naomi«, wiederholte er. »Übrigens: danke. Wenn Sie nicht gewesen wären   …« Er wusste nicht, wie er ausdrücken sollte, was ihm auf der Zunge lag. Wie ein Kloß im Hals verdammte ihn die aufsteigende Angst zur Wortlosigkeit. Seine Stimme verlor sich in der Stille, die zwischen seinem Gegenüber und ihm herrschte.
    Naomi schüttelte den Kopf. »Dankbarkeit ist nicht nötig.« Geschmeidig wie eine Raubkatze trat sie genau hinter Phin auf den schmalen Pfad. Mit derselben Leichtigkeit, mit der sie seinen Dank abgewehrt hatte, schüttelte sie sich das Wasser von den Fingern. Ein Regen aus winzigen Tröpfchen verteilte sich in der Dunkelheit um Phin und die dunkelhaarige Schöne.
    Ohne nachzudenken, ja, ohne selbst zu begreifen, weshalb er es tat, schnellte seine Hand vor und packte Naomi am Arm. Sie sollte sich nicht einfach wie ein

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