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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Liandra getötet und ist geflohen.«
    Degan brauchte nicht zu fragen, von wem seine Mutter sprach, ihr leises, ängstliches Flüstern verriet es ihm. Ilana sah sich
     nach den zwei Priesterinnen um, die nun Liandras blutiges Haar mit einem Tuch umwickelten, dann zog sie Degan ein Stück beiseite.
     »Liandra hatte recht! Sie ist gefährlich, wir müssen sie finden. Doch die Engilianer sollen nichts von ihr erfahren.«
    Degan spürte bei ihren Worten, wie Unwillen in ihm aufstieg. Er hatte Liandra nie gemocht, und obwohl er ihr nicht den Tod
     gewünscht hatte, meinte er, Xirias Tat zu verstehen. »Liandra hat bekommen, was sie verdient hat!«, antwortete er leise. »Sie
     hat sie wie ein Tier behandelt … schlechter als ein Tier«, verbesserte er sich.
    Ilana schüttelte den Kopf. »Was immer du glaubst in ihr zu sehen … Xiria ist gefährlich. Ich kenne die Greife. Es gab nur
     einen, der anders war, und dies war dein Vater. Du darfst dich von ihr nicht täuschen lassen.«
    »Sie ist wie ich«, entgegnete Degan knapp. »Xiria ist nicht das, wofür du sie hältst. Sie ist verzweifelt und hilflos. Und
     sie ist zornig!«
    »Sie hat die Hohepriesterin Salas ermordet. Ihre Klauen haben |312| Liandra einfach zerrissen – Xiria kennt keine Gnade und kein Mitleid. Was immer sie auch fühlt … es wird zu nichts Gutem führen.«
     Ilana ergriff Degans Hände, doch er riss sich von ihr los. Er wollte das alles nicht mehr hören. Hatte Ilana nicht auch ihn
     belogen, obwohl er sie Mutter genannt hatte? Auch sie wollte Xirias Tod! Er hatte gehofft, dass wenigstens sie, die ihn in
     ihren Armen gewiegt hatte und eine Mutter gewesen war, die Ungerechtigkeit verstehen würde, die Xiria zuteil geworden war.
     Doch Ilana verstand ebenso wenig, wie Liandra verstanden hatte. »Ihr werdet sie nicht finden«, sprach er deshalb wütend und
     ließ seine Mutter einfach stehen.

|313| Xirias Suche
    Xiria kannte nicht viel mehr als die grauen Wände ihrer Hütte. Umso unglaublicher erschienen ihr die Bäume und das Blätterdach
     des Isnalwaldes, über das sie hinwegflog und immer wieder neue Runden zog. Es gab so viel zu entdecken, so viel zu verstehen,
     so viel zu spüren, zu riechen, zu sehen, zu erleben! Aber vor allem brauchte sie Wesen, die sie mehr Laute lehrten, damit
     sie Verbindung mit ihnen und dieser für sie so neuen Welt aufnehmen konnte. Xiria fühlte sich verwirrt und unwissend; es war
     ihr kaum möglich, die vielen Eindrücke zu verarbeiten und einen Sinn darin zu erkennen. Liebe und Hass waren das Einzige,
     das ihr verständlich erschien. Wer waren sie, diese Wesen die ihr glichen und gleichzeitig doch so anders waren? Wer war Degan,
     den sie in der Nacht von seiner Fensteröffnung aus beobachtet hatte, als er schlief? Sie hätte seinen Duft unter Tausenden
     anderen wiedererkannt, und so war es ihr ein Leichtes gewesen, ihn in diesem großen Haus zu finden. Degan hatte sie verändert,
     soviel verstand sie, aber warum? Hatte diese Veränderung etwas mit Liebe zu tun?
    Xiria beschloss aus einer Laune heraus, sich den Wald genauer anzusehen. Sie glitt hinunter und durchstieß das Blätterdach,
     das beim Näherkommen nicht mehr so undurchdringlich erschien wie von weit oben. Sie kannte diese Gewächse bereits, denn sie
     hatte auf einem von ihnen gesessen, während sie die Pärchen beim Liebesspiel beobachtet hatte. Sie wusste auch, dass sie einige
     der Früchte und Blätter essen konnte, die an ihnen wuchsen, und so glitt sie leise zum Waldboden hinunter und musste lächeln,
     als sie spürte, wie angenehm weich das Laub unter ihren nackten Füßen |314| war. Lächeln! Auch das war etwas, was sie sich von den Menschen in Engil abgeschaut hatte. Die Menschen lächelten andere Menschen
     an, und diese lächelten dann zurück. Xiria fand es hübsch, dieses Lächeln … es war neben den Lauten eine Art, wie die Menschen
     miteinander in Verbindung traten.
    Das Laub unter ihren Füßen raschelte und gab ein knisterndes Geräusch von sich. Xiria entdeckte noch etwas, das sie nachdenklich
     stimmte. Es gab durchaus andere Wesen, die sich wie sie in die Lüfte erheben konnten. Sie besaßen Schwingen, waren jedoch
     viel kleiner als sie, hatten andere Körper und waren ganz und gar mit den etwas steifen Dingern überzogen, welche auch ihre
     eigenen Schwingen bedeckten. Ihre Laute schienen sie jedoch nicht zu verstehen, und auch auf Xirias Lächeln reagierten sie
     nicht. Sie flohen vor ihr, wenn sie ihnen zu nahe kam.

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