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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Enttäuscht gab Xiria ihre Versuche auf, die kleinen Wesen zu beobachten.
     Stattdessen betrachtete sie ihren eigenen nackten Körper und dachte an die Menschen in Engil. Degans Körper war bedeckt gewesen
     – genau wie der von
Mutter
. War es richtig, sich zu bedecken? Sie verstand jedoch nicht, weshalb. Alles an ihr schien sich richtig anzufühlen.
    Sie schnupperte und folgte einem leicht süßlichen Duft, der sich in ihre Nasenflügel setzte, um schließlich einen Busch mit
     leuchtend roten Beeren zu finden. Diese Beeren konnte sie essen. Xiria spürte, wie ihr Bauch sich begehrlich zusammenzog.
     Sie nahm sich eine Beere und biss hinein. Die Süße auf ihrer Zunge war ein weiteres unglaubliches Gefühl, das sie bisher nicht
     gekannt hatte. Es war nicht so stark wie Liebe, aber doch sehr angenehm. Xiria beschloss, dass sie einen Laut würde finden
     müssen, mit dem sie dieses Gefühl zum Ausdruck bringen konnte.
    Schließlich erhob sich Xiria und ging ein paar Schritte. Überall standen diese großen Gewächse, umgeben von kleineren, und
     an jeder Stelle raschelte der Boden, wenn sie lief. Es war ruhig hier, viel ruhiger als dort, wo sie hergekommen war. Unentschlossen
     überlegte sie, was sie nun tun sollte, denn sie wusste so gut wie |315| nichts über all jenes, was um sie herum geschah. Ihr dringlichstes Anliegen war es nach wie vor, Wesen zu finden, die ihr
     Laute und Erklärungen liefern konnten, damit sie endlich besser verstand, wer sie war. Doch hier war weit und breit niemand
     zu sehen, außer diesen trillernden Schwingenwesen, die vor ihr davonflogen. Vielleicht hätte sie bei Degan bleiben sollen.
     Sicherlich hätte er ihre Fragen beantworten können; aber sie hatte sich nicht sicher gefühlt, weil sie nicht wusste, wem sie
     vertrauen konnte. Vielleicht waren sie alle dort wie
Mutter
und hätten Xiria zurück in diese kleine Hütte gebracht und geschlagen. Es war besser gewesen, erst einmal allein auf die Suche
     nach Antworten zu gehen.
    Xiria ließ sich Zeit, während sie durch den Wald ging. Sie schnupperte an allem, was ihr neu und interessant erschien, sie
     berührte die Blätter, die schorfigen Baumrinden und grub ihre Finger in den feuchten Waldboden. Erst als sie meinte, dass
     sich die Eindrücke wiederholten, ging sie zügiger und erreichte nach einer Weile eine Lichtung. Dort blieb sie stehen und
     versteckte sich hinter einem Baum. Ein unangenehmes Gefühl überkam Xiria, als sie die verwitterte Hütte entdeckte, die einsam
     und verlassen auf einer Lichtung stand. Vielleicht erwartete man sie schon, um sie wieder einzusperren!
    Erst nach einer Weile bemerkte sie die Alte, die vor der Hütte saß. So reglos hatte sie dagesessen, dass Xiria sie für eines
     dieser Waldgewächse gehalten hatte, da die Alte so knorrig und runzelig aussah, dass sie keinerlei Ähnlichkeit mit einem der
     Wesen hatte, die ihr bisher begegnet waren. Aber was immer es war, was da so scheinbar reglos vor der Hütte saß, es musste
     ihr ähnlich sein, denn es besaß Arme und Beine, Körper und Gesicht. Zwar musste Xiria genau hinsehen, um Ähnlichkeiten zu
     erkennen, denn das Fleisch, das an ihren eigenen Armen und im Gesicht glatt und wohlgeformt war, schien bei diesem Wesen irgendwie
     zu hängen, und es war fahl und schrumpelig. Zweifelnd überlegte Xiria, was sie tun sollte. Auch für dieses unangenehme Gefühl
     kannte sie noch keinen Laut; |316| doch es hielt sie davon ab, einfach ihr Versteck zu verlassen. Es warnte sie vor irgendetwas. Trotzdem schien das Wesen vor
     der Hütte das einzige weit und breit zu sein, und Xirias Not war groß. Sie musste lernen; also überwand sie sich und trat
     hinter dem Baum hervor. Xiria verzog den Mund zu einem breiten Lächeln, bemüht, es den Menschen gleichzutun. Das Wesen vor
     der Hütte schien sie jedoch zunächst nicht zu bemerken. Xiria musste trotz ihres Widerwillens nah an die Alte herantreten.
     Da endlich fuhr der alte runzelige Kopf herum und starrte sie an. Das Wesen lächelte nicht.
    »Xiria … Xiria …«, sagte sie immer wieder und klopfte sich dabei auf die Brust, so wie es Degan getan hatte, um ihre Absicht
     kundzutun. »Xiria nicht Hass, Xiria Liebe …«, versuchte sie sich verständlich zu machen. »Xiria hören Laute, Xiria Liebe.«
     Sie ahnte, dass ihre Laute kaum das wiedergaben, was sie auszudrücken bemüht war, doch sie wusste nicht, wie sie sich anders
     hätte verständlich machen sollen.
    Das Wesen schien zuerst nichts anderes

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