Blutschwur: Die Rachel-Morgan-Serie 11 - Roman (German Edition)
wo ran es lag. »Hör auf damit, Rachel«, flüsterte ich. Dann drehte ich mich um und entdeckte einen jungen, dünnen Vampir neben meinem Tisch.
Heilige Scheiße!, dachte ich. Panik durchfuhr mich. Zuerst, weil er vielleicht wusste, was ich tat, dann weil ein untoter Vampir in meiner Küche stand und ich nicht gehört hatte, wie er hereingekommen war. »Wer zur Hölle sind Sie?«, fragte ich. Mein Herz raste. Kein Wunder, dass ich das Gefühl gehabt hatte, beobachtet zu werden!
Für einen Moment ähnelte er Kisten, weil ihm die blonden Haare genauso in die Augen fielen. Als er sich die Strähnen aus den Augen schüttelte, stockte mir fast der Atem. Aber es war nicht Kisten. Das Gesicht dieses Vampirs war schma ler, jünger, weniger abgeklärt. Sein Körper war bei Weitem nicht so muskulös, sodass er eher wirkte wie ein Bücherwurm. Sein schwarzer Anzug passte ihm wie angegossen, und ein Leinenhemd, eine Ascot-Krawatte und ein Einstecktuch vervollständigten sein perfektes Auftreten. Seine Schuhe wirkten, als hätten sie bis heute noch nie Erde gesehen.
»Ich habe Sie überrascht«, sagte er. Er hielt die Hände un schuldig hinter dem Rücken verschränkt, aber damit konnte er mich nicht täuschen.
»Ivy ist nicht hier«, bemerkte ich vorsichtig, während ich darüber nachdachte, wie schnell sich ihre Rückkehr herumgesprochen hatte. »Ich kann ihr etwas ausrichten.« Und dann solltest du besser deinen Arsch aus meiner Küche schaf fen, Drecksack. Wir sprachen regelmäßig mit untoten Klien ten im ungeweihten hinteren Teil der Kirche, aber gewöhnlich klopften sie trotzdem zuerst an. Verdammt, der hier war wirklich alt, wenn er an Jenks und mir vorbeikommen konnte, ohne dass ich ihn auch nur hörte.
»Eine Nachricht wird ausreichen«, sagte der Mann. Ich trat zur Seite, um mehr Platz zwischen uns zu bringen. Ich wusste, dass die Bewegung wirken musste, als hätte ich Angst, aber ich brauchte den Raum zum Reagieren, falls es nötig werden sollte. Langsam sank seine Stimme in meine Erinnerung ein. Ich kannte sie von irgendwoher, oder vielmehr erkannte ich die Art und Weise, wie seine Stimme mich mit ihrem beruhigenden, faszinierenden Heben und Senken in ihren Bann zog. Es war unheimlich. Plötzlich machte ich mir um einiges mehr Sorgen.
Der scheinbar junge Mann sog meine Besorgnis in sich auf, während er einen Fuß hinter den anderen klemmte, sodass nur die Fußspitze den Boden berührte. Seine Augen wurden vollkommen schwarz, und ich erstarrte. »Ich möchte, dass mir Nina zurückerstattet wird«, sagte er, und schon einen Sekundenbruchteil später stand Wahnsinn in seinem Blick.
Scheiße. »Felix«, flüsterte ich. Er nickte mir zu, ohne den Blick dabei von meinem zu lösen. Das war Felix. Er war aus seinem Loch gekrochen. Er selbst stand vor mir, nicht sein williges Sprachrohr. Ivy hatte ihn herausgelockt, indem sie Nina zur Rebellion angestiftet hatte. Hier war er und suchte nach ihr.
Meine Finger glitten von der Edelstahl-Arbeitsfläche ab. Felix bewegte sich. Ich konnte noch einmal einatmen, dann war er schon über mir und drängte mich zurück, bis ich mit dem Rücken gegen die Wand neben der Küchentür prallte. Er presste seinen Arm unter meine Kehle, während ich seinen Atem auf meiner Haut spürte. Ein wunderbares Kribbeln breitete sich in mir aus, aber ich drängte es zur Seite, weil ich mich weigerte, mich so überwältigen zu lassen.
»Wo ist Nina …«, setzte er an, aber ich stieß ihn von mir.
Er stolperte zurück. Es war klar zu erkennen, wie sehr es ihn schockierte, dass er mich nicht bezaubert hatte. Ich war ebenfalls erschüttert. Der Kerl sah nicht älter aus als achtzehn, und ich spürte keine Magie an ihm. Er war jung gestorben.
»Ich werde es Ihnen nur einmal sagen, Felix«, erklärte ich, während ich mich mit einer Willensanstrengung dazu zwang, nicht in meiner Verteidigungshaltung zu verweilen. »Mir ist egal, was Sie wollen, Sie lassen Ihre Hände von mir. Verstanden?«
Ohne meine Drohung zu beachten, leckte er sich über die roten Lippen. Sein Blick glitt zur Decke. »Sie war hier. Ich kann sie riechen.« Er schloss die Augen und atmete genüsslich durch. »Sie war eigenwillig. Sie braucht … sanfte Züchtigung.«
Dieses Mal erkannte ich seine Absicht an dem Blick, den er mir zuwarf, bevor er sich wieder auf mich stürzte. »Zurück!«, schrie ich und zapfte die Kraftlinie auf dem Friedhof an, als eine Hand auf meiner Schulter landete, während er die andere in meinen
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