Blutschwur: Die Rachel-Morgan-Serie 11 - Roman (German Edition)
schockiert, als er sich mit einem hasserfüllten Knurren näher an mich heranschob. Seine Bewegungen waren rhythmisch, als tanzte er zu einer Musik, die nur er hören konnte. »Ich werde jemanden bekommen …«
»Felix, wir versuchen zu helfen!«, schrie ich, dann zog ich einen groben Kreis um mich selbst. Felix sprang mit ausgestreckten Armen los, sobald er das sah. Instinktiv wich ich zurück und brach so meinen Schutzkreis, noch bevor er sich voll gebildet hatte. Ich keuchte auf. Dann konnte ich nur noch starren, als ein Schatten aus dem hinteren Wohnzimmer in die Küche raste, Felix von mir riss und ihn in die Ecke neben dem Kühlschrank warf.
»Ohem!«, dröhnte der kleine, untersetzte Mann, der plötzlich zwischen uns stand. »Findet Euch selbst!«
»Heiliger Dreck, es ist Cormel!«, kreischte Jenks. Mit einer Hand an der Kehle zog ich mich an die Wand zurück, als ich verstand, dass es tatsächlich Rynn Cormel war, der wahrscheinlich hergekommen war, um mit Ivy zu sprechen.
»Die da muss bestraft werden!« Felix zeigte auf mich und tigerte vollkommen außer sich auf und ab. »Sie gehört mir. Mir!«
Rynn Cormel biss die Zähne zusammen und hob eine Hand. Seine Filzkappe lag auf dem Boden, und sein Mantel roch nach Kaschmir und Vampir. »Lasst den Gedanken an sie fallen, Sir«, verlangte er ruhig. Mit einer Grimasse richtete ich mich auf. Ich hatte die Luft mit meiner Angst geschwängert – und ich wusste es besser. Jenks, der mit seinem gezogenen, blutigen Schwert unter der Decke schwebte, war angespannt genug für uns beide.
»Die Dämonenhexe hat meinen Nachkommen ermutigt, sich gegen mich aufzulehnen …« Felix’ Stimme klang jetzt weicher, kalkulierender und jagte mir damit noch mehr Angst ein.
Rynn Cormel schüttelte den Kopf. Sein Brooklyn-Akzent klang seltsam, als er bestimmt erklärte: »Sie gehört mir, nicht Euch. Ich bestrafe sie, nicht Ihr.«
Niemand würde mich bestrafen. Doch ich war klug genug, den Mund zu halten. Mein Herz raste, und ich war froh, dass Cormel gekommen war. Felix war verrückt geworden.
Felix’ Schritte verlangsamten sich, und Cormel streckte ihm die Hand in einer freundlichen Geste entgegen. »Ihr seid in einer Notlage, Sir«, sagte er respektvoll. »Verstört und betrunken von der Sonne. Lasst diese Idee fahren, und wendet Euch einer neuen zu, bevor mein Schützling Euch tötet. Sie ist Euch nicht bestimmt. Sie ist mir nicht bestimmt. Sie gehört Ivy.«
»Ivy …«, knurrte Felix. Ich hielt den Atem an, als der jugendliche Vampir darüber nachdachte. Sein junges Gesicht verwandelte sich in eine hässliche Maske aus Schmerz und Angst. Seine Augen waren vollkommen schwarz und zeigten damit einen Mangel an Kontrolle, den ich bei einem frisch erwachten Untoten erwartet hätte, nicht bei einem Vampir, der älter war als die Tunnel unter Cincinnati.
»Ich bin betrunken von der Sonne«, sagte er plötzlich, und seine wunderschöne Stimme brach. »Oh Gott.« In seinen Worten lag tiefer Schmerz. Er fiel gegen die Arbeitsfläche, als wäre er gerade erst zu sich gekommen. »Was habe ich getan? Was …«
Jenks ließ sich von der Decke herabsinken, um auf meiner Schulter zu landen, und ich zuckte zusammen.
»Was tue ich?«, klagte Felix. Er hatte den Kopf gesenkt, sodass seine Haare seine Augen verdeckten, und zitterte. Erst jetzt sah Cormel zu mir, um sicherzustellen, dass es mir gut ging.
»Halten Sie es für klug, ihm den Rücken zuzuwenden?«, fragte ich, als Cormel zu mir kam, mir eine kalte Hand auf die Schulter legte und mich Richtung Flur drängte. Er trug einen schicken Anzug, der ihm das Aussehen eines Politikers in den mittleren Jahren verlieh. Sein Lächeln, mit dem er einst die Welt gerettet hatte, war nun auf mich gerichtet. Es funktionierte nicht. Ich hatte panische Angst.
»Es tut mir leid, dass Sie das sehen mussten, Rachel«, erklärte er, während ich mich seiner Hand entzog. »Die Krankheiten der Untoten sind nicht leicht zu verstehen. Dürfte ich um einen Moment allein mit ihm bitten?«
Ich schüttelte den Kopf und zog mich in eine Ecke zurück. »Nicht in meiner Kirche, nein.« Mein Blick huschte über seine Schulter zu dem untoten Vampir. Felix wirkte vollkommen verstört. Er lehnte zusammengesackt an der Arbeitsfläche, als würde er jeden Moment zu Boden rutschen. War es das, was mit alten Vampiren geschah? Verloren sie langsam den Verstand, bis sie schließlich in die Sonne traten?
Cormels Augenwinkel zuckte bei meiner ablehnenden Antwort.
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