Blutseele
hervor, steckte sich die leichteste zwischen die Lippen und saugte daran. Seine Stärke erfüllte sie, und ihre Schritte wurden schneller. Ihre Absätze klapperten flott über den Beton, der in der Sonne glitzerte.
Dummer Mann, dachte sie, als sie dem Bus zuwinkte und anfing zu laufen. Der Wunsch funktionierte. Na ja, vielleicht wäre es fairer, zu sagen, dass er funktioniert hatte . Er hatte seine Aufgabe erfüllt, als sie Remus getroffen hatte – den wilden, wütenden Remus, dessen psychotische Wut stark genug gewesen war, um Holly zu zeugen. Die Liebe war später gekommen, sodass sie, Holly und Remus inzwischen eine richtige Familie waren. Wie jede andere Familie, und darauf war Mia stolz.
Holly war das erste Banshee-Kind, das seinen Vater kannte, und mit unschuldiger Liebe und Ergebenheit mit ihm spielen konnte. Erst dadurch, dass sie Vater und Tochter beobachtet hatte, hatte Mia gelernt, dass es möglich war, Gefühle zurück in eine Person zu drücken und sie so zu beruhigen und sie glauben zu lassen, sie wäre sicher, was sie noch verletzlicher machte. Das Kind hatte in seiner Unschuld seiner Spezies all die Durchtriebenheit und Macht zurückgegeben, welche die menschlichen Gesetze den Banshees genommen hatten, und allein deswegen würde Holly unter den ihren geehrt werden. Sobald sie laufen und reden konnte, natürlich.
Atemlos lächelte Mia den Busfahrer an, als sie in die Tür trat und nach ihrem Fahrschein suchte. Tom, der tot in seinem Apartment lag, war nur noch eine ferne Erinnerung, als sie sich neben einen jungen Mann setzte, der nach Rasierwasser roch und Lust ausstrahlte, die, wie Mia wusste, auf seine neue Freundin gerichtet war. Mia lehnte sich zurück und suhlte sich gesättigt darin.
Ihre Lider flatterten, als der Bus über die Schienen rumpelte, und sie schaute kurz auf die Uhr, ein wenig besorgt. Remus würde wahrscheinlich einen ziemlichen Anfall bekommen, weil sie zu spät kam, da er nicht zur Arbeit gehen konnte, bevor sie zu Hause war und auf Holly aufpassen konnte. Aber sie beide würden es genießen, ihn zu küssen, bis er wieder ruhig war, und er würde darüber hinwegkommen.
Außerdem war die kleine Holly hungrig, und es war ja nicht so, als könnte er für sie einkaufen gehen.
Die Brücken von Eden Park
Die Brücken von Eden Park
Kistens Tod war nicht nur für die Leser ein Schock, sondern auch für mich. Er starb eigentlich erst richtig, als ich Blutlied noch einmal umgeschrieben habe und feststellen musste, dass Kistens Geschichte in einer Sackgasse enden würde. Ich konnte es einfach nicht ertragen, seinen Charakter langsam verkommen zu lassen, also habe ich das Ganze schnell und sauber gelöst. Die Brücken von Eden Park waren meine Art, Abschied von ihm zu nehmen, deswegen wurde die Geschichte als Bonusmaterial an Blutlied angehängt.
Ich vermisse Kisten immer noch.
»Du hast Entensoße im Gesicht«, sagte Kisten und lächelte, bevor er sich herüberlehnte, um sie wegzuküssen.
»Kisten!« Peinlich berührt zog ich mich zurück. Ich war nicht prüde, aber wir standen auf der Fußgängerbrücke im Eden Park, und gegenüber am Seeufer saß ein altes Paar, das uns beobachtete, als böten wir eine Vorstellung nur für sie.
»Was denn?«, beschwerte er sich und gab sich damit zufrieden, den Fleck mit dem Finger abzuwischen. Als er die Soße dann provokativ ableckte, konnte ich nur mit den Augen rollen.
Ein Schaudern durchlief mich, und ich unterdrückte es nur halbherzig. Ich blinzelte gegen die Sonne und zeigte mit dem Kopf auf das wirklich alt aussehende Pärchen. »Ich werde nicht zulassen, dass mein Bild wieder in der Cincinnati Gazette landet. Diese Zeitung kriegt meine Mutter, weißt du?«
Kisten drehte sich so, dass er sie sehen konnte, und lehnte sich dann gegen die Zementbrüstung der Brücke und zog spekulativ die blonden Augenbrauen hoch. Der Wind vom entfernten Fluss fuhr durch seine blond gefärb ten Haare, und als er lächelte, sah er einfach umwerfend aus. Gott, was war das nur mit Vampiren? Wenn sie tot waren, waren sie attraktiv, aber wenn sie immer noch ihre Seele hatten … Verdammt!
»Sie sehen nicht wie Paparazzi aus«, meinte Kisten, als er sich wieder zu mir umdrehte, wobei er einen Hauch von Fangzahn zeigte. »Ich würde sagen, wir geben ihnen was zum Beobachten.«
Ich war in Versuchung. Gott, war ich in Versuchung, aber mein Bild unter der Überschrift »Was man nicht anziehen sollte« hatte mich zu einer weiseren Frau gemacht. Ich wusste
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