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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Seele bloßgelegt. Sie hatte sie nicht genommen, und sie lag um ihre Füße wie ein dichter Nebel, der langsam seine Farbe von Gold zu Purpur wechselte. Aber sie hatte ihm auch nichts zurückgegeben, nicht so, wie ein Mensch es getan hätte, um seine Seele zu schützen, bis seine Aura sich wieder sammelte.
    Mia fiel vor ihm auf die Knie, ihre Hand immer noch an seiner Schulter, die noch warm war von den Resten sei nes Lebens. Kummer verzerrte ihre fein geschnittenen Gesichtszüge, und dann schluchzte sie auf, harsch und voller Schmerz. Es folgte ein weiteres Schluchzen, und sie kniete neben ihm und umklammerte mit zitternder Hand den Wunsch, der ihm den Tod gebracht hatte. Die Tränen, die aus ihren Augen fielen, verwandelten sich in ihrem Schoß von Salzwasser zu schwarzem Kristall, das Zeichen für den Schmerz einer Banshee, und sie fielen geräuschlos, während sie weinte.
    Das Strahlen von Toms Seele erfüllte den Raum, und sie schloss die Augen, weil das Licht in ihren fahlen Augen schmerzte. Die Türen waren geschlossen, die Fenster verrammelt, und obwohl seine Seele verschwunden war, hing in den Zimmern noch die Energie seines Todes.
    Und Mia weinte. Sie hatte ihn umgebracht, so sicher, als hätte sie ihm ein Messer in die Lungen gestoßen. Ihr Schluchzen hallte durch das Apartment, und ihre kristallenen Tränen saugten die Energien im Raum auf, bis das Strahlen nur noch eine Erinnerung und die Luft wieder rein war. Die Liebe war verschwunden, die Furcht, die Gemütlichkeit, alles war verschwunden, als hätte in diesen Wänden niemals jemand geliebt oder gelebt und wäre auch nicht hier gestorben. Sie behielt nichts von seiner Energie für sich selbst. Es war ihr schwergefallen, aber es für sich selbst zu beanspruchen war niemals ihre Absicht gewesen.
    Langsam versiegten Mias Tränen, bis sich ihre Atmung wieder beruhigte und sie nicht mehr keuchte. Die Tränen, die aus ihren Augen fielen, waren nicht länger schwarz, sondern zuerst nur noch grau und jetzt absolut klar, sodass sie die Sonnenstrahlen nach dem Regen reflektierten. Die Gefühle im Raum waren in ihnen verdichtet und gesammelt. Es würde nichts geben, was sie mit dem Tod dieses Mannes verband, nichts, was darauf hinwies, dass er anders gestorben sein könnte als friedlich im Schlaf.
    Toms Körper lag mit dem Gesicht nach unten auf der Couch und ein Arm hing über die Kante, sodass seine Finger den Boden berührten. Ohne ihn anzusehen, zog Mia sich langsam an, müde und ausgelaugt. Sie schaute einmal auf den Wunsch um ihren Hals, dann ignorierte sie ihn. Die Tränen sammelte sie ein wie Bilder von verschwundenen Kindern, voller Liebe und Schmerz. Wenn sie es nicht tat, würde jemand sie finden und erkennen, und dann würde sie zur Befragung einbestellt werden. Das Gesetz wusste, wozu eine Banshee fähig war, und sie würde nicht zulassen, dass sie dafür ins Gefängnis kam.
    Mit ungeschickten, langsamen Bewegungen befühlte Mia den Rücken ihres Kleides, um sicherzustellen, dass es richtig zugeknöpft war. Die Kaffeemaschine dampfte, und sie räumte sorgfältig ihre leere Tasse wieder in den Schrank, bevor sie die Maschine ausmachte und seine Tasse gefüllt auf den Couchtisch neben ihn stellte. Sie drehte die Musik leiser und Schuldgefühle brachten sie dazu, eine Decke über ihn zu legen, als würde er schlafen. Seine Kleidung warf sie in den Wäschekorb.
    Still stand sie eine Weile vor ihm, den Mantel schon über den Schultern. »Adieu, Tom«, flüsterte sie, bevor sie ihre Einkaufstüte nahm und leise die Wohnung verließ.
    Eine Welle der Erschöpfung überrollte sie, als sie auf dem Gehweg stand. Der Regen hatte aufgehört, und die Sonne blitzte hinter den schweren Wolken hervor. Ungeschickt kramte Mia ihre Sonnenbrille hervor und setzte sie auf. Der Verkehr rollte auf der regennassen Straße zischend an ihr vorbei, und sie atmete tief ein, als ein Paar an ihr vorbeiging, das gerade heftig über die Höhe des Trinkgelds diskutierte, das er gegeben hatte. Nach Toms Liebe war das ein saurer Geschmack, und sie ließ es ungekostet an sich vorbeiziehen.
    Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und beschleunigte ihre Schritte. Sie wühlte in der Tasche, fand ihren Ehering und steckte ihn sich wieder auf den Finger. Dann schob sie verschämt ihre Hand wieder in die Tasche und wühlte damit durch Toms Lebenskraft, gespeichert und verdichtet in ihren Tränen.
    Schließlich verzog sie das Gesicht zu einer schuldbewuss ten Grimasse, zog eine Handvoll Tränen

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