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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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entspannen. Das war in dem Jahr geschehen, bevor man sie gefunden hatte.
    »Mrs. Thomson«, flehte sie und verdrängte ihre Schuldgefühle, »Zach braucht professionelle Anleitung. Wenn er sich dem strengen Training unterwerfen will, kann er das tun, und es wird immer einen Job für ihn geben. Wenn nicht, werden sie ihn behutsam ausbrennen, und er kann sonst unversehrt zu Ihnen zurückkehren. Aber er darf nicht so weitermachen wie jetzt. Es ist weder sicher für ihn noch für seine Umgebung.«
    Die Agentur sollte verdammt sein. Sie würde ihren Job machen. Oder?
    »Sie werden ihn chippen«, meinte die Frau mürrisch. Als hätte irgendwer noch wirkliche Freiheit.
    Grace hob eine Schulter und ließ sie wieder sinken. »Jede Form von nicht geerdetem GPS würde keine dreißig Sekunden halten. Es ist viel einfacher, uns über unsere Handys zu finden.«
    »Ihm eine Gehirnwäsche verpassen«, sagte die Frau, die sich immer noch halb hinter ihrer Tür versteckte.
    »Warum?« Das war von allen Großstadtmythen derjenige, der am schwersten zu zerstreuen war. Am einfachsten zu glauben. Wahrscheinlich, weil bei denjenigen, die vor dem fünften Lebensjahr gefunden wurden, ein Fünkchen Wahrheit mitschwang. Bei den Älteren gaben sie sich meistens gar keine Mühe. Man brannte die Ungeeigneten einfach aus und ließ sie wieder nach Hause gehen. »Wenn er seine Fähigkeiten und seine Kontrolle nicht entwickeln will, kann er ohne seine Gabe wieder gehen.«
    »Sie werden ihn niedermetzeln!«, zischte die Frau wütend, fast als würde Grace gerade zur Verräterin an ihrer eigenen Art. »Ihm seine Gabe nehmen, wenn er sich weigert, für die Agentur zu arbeiten. Mit meinem Sohn ist alles in Ordnung!«
    Grace nickte. »Da stimme ich Ihnen zu. Aber man drückt einem Mann, der keinerlei Selbstkontrolle hat, keine gela dene Waffe in die Hand. Das System mag seine Fehler haben, aber es ist das Einzige, das wir haben.« Grace trat wieder auf die Veranda und blinzelte, als sie plötzlich im Schatten stand. »Ohne Kontrolle und Verordnungen würde man Werfer wie Zach und mich jagen und umbringen wie im achtzehn ten Jahrhundert die Hexen.« Im Zuge ihres Studiums in der Agentur hatte sie auch einen Kurs besucht, in dem die Mei nung vertreten wurde, dass diese Hexenverfolgungen durch natürliche Bewegungen im Erdmagnetfeld verursacht worden waren. Durch kurze magnetische Instabilitäten, die letzt endlich eine Veränderung im menschlichen Genom erzeugt hatten, die erst wirklich zum Tragen kam, als die Pole sich endgültig umkehrten.
    »Zach besitzt Kontrolle«, sagte Mrs. Thomson, aber Grace hörte die Kapitulation in ihrer Stimme. Sie wollte das Beste für ihren Sohn; sie hatte nur Angst.
    »Er hat meinen Partner angegriffen, Mrs. Thomson. Das war kein Unfall. Aber wir gestehen verängstigten, unwissenden Kindern eine Menge zu. Er kann noch akzeptiert werden. Lassen Sie mich ihm helfen. Er hat Angst. Das muss nicht sein.« Grace sah keinen Grund zu erwähnen, dass Zach auch das Herz ihres Hundes angehalten hatte. Einen Hund umzubringen stellte kein strafwürdiges Vergehen dar, selbst wenn es moralisch verwerflich war. Doch in ihren eigenen Erwägungen würde dieser Punkt durchaus eine Rolle spielen. Wieder biss sie die Zähne zusammen. Verdammter Jason …
    Die Frau vor ihr senkte den Blick, runzelte die Stirn und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Dann hob sie den Kopf wieder, und in ihren Augen lag ein gefährliches Leuchten. »Versprechen Sie es mir.«
    Graces Miene wurde ausdruckslos. »Was soll ich versprechen?«
    Die Frau trat auf die Veranda, auch wenn sie sich immer noch an der Tür festklammerte, als könnte sie jeden Moment zurückspringen. »Versprechen Sie mir, dass Sie nicht zulassen werden, dass irgendwer ihm wehtut. Sie haben gesagt, Sie würden ihn verstehen. Er ist erst siebzehn. Noch ein Junge!«
    Grace selbst war ebenfalls siebzehn gewesen, als man sie gefunden hatte. Man hatte sie in eine Ecke gedrängt wie ein wildes Tier, und sie hatte eine Drohung nach der anderen ausgestoßen. Es waren drei Leute nötig gewesen, um sie zu überwältigen. Nur durch ein Wunder hatte sie niemanden verletzt – und das war der einzige Grund dafür gewesen, dass man ihr eine Chance gegeben hatte. Und das war auch der einzige Grund, warum sie jetzt Zach wollten. »Ich werde mein Bestes geben. Aber letztendlich hängt es von ihm ab.«
    O Gott. Das Beste für ihn, das Beste für sich selbst, das Beste für die Agentur. Das alles passte

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