Blutseele
wollte nicht mehr darüber reden. Meine Hände waren kalt, und ich ließ die Uhr in meinen Schoß fallen, um die Handschuhe wieder anzuziehen.
»Hey!«, sagte Pierce, als er sie sah. »Das ist meine!«
Mir fiel die Kinnlade runter, aber dann dämmerte es mir. »Kein Wunder, dass der Zauber nicht funktioniert hat. Das ist deine Uhr?« Ich zögerte. »Bevor sie meinem Dad gehörte? Vielleicht kann ich es noch mal probieren«, sagte ich. Aber er schüttelte den Kopf, während gleichzeitig offensichtlich war, dass er die Uhr anfassen wollte.
»Nein«, sagte er. »Ihr seid seine Tochter, und das Blut, das den Zauber entfacht hat, ist eine engere Verbindung als ein Stück edles Metall. Wäre er in der Position gewesen zu kommen, hätte er es getan.« Seine Augen leuchteten eifrig, dann leckte er sich über die Lippen und fragte: »Darf ich?«
Schweigend gab ich sie ihm.
Pierce’ Lächeln war so strahlend, dass es fast wehtat. »Es ist meine«, sagte er, dann schob er schnell hinterher: »Verzeiht mir. Ich meinte, dass es einst die meine war. Ich nehme an, sie wurde verkauft, um den Stein zu bezahlen, der mich davon abhielt aufzuerstehen und meinen unrechtmäßigen Tod zu rächen. Seht Ihr?«, sagte er und zeigte auf eine kleine Delle. »Dies ist geschehen, als ich mich gegen einen Pfosten geworfen habe, um einem schlecht gelaunten Klepper zu entkommen.«
Ich lehnte mich vor und fand ein wenig Trost in seiner Geschichte.
»Ich frage mich, ob der Scherenschnitt meiner Liebsten noch darin ist«, meinte er dann und drehte die Uhr um. Ich zog die Augenbrauen hoch, als er einen Fingernagel in eine winzige Spalte schob und ein lateinisches Wort flüsterte. Der hintere Deckel schwang auf, und ein gefaltetes Stück Papier flatterte zu Boden.
»Das ist es nicht«, sagte er seufzend. Ich hob das Papier auf und gab es ihm.
»Was ist es?«, fragte ich dann. Er zuckte mit den Achseln und gab mir die Uhr, während er den Zettel auffaltete. Aber dann schien mein Herz stehenzubleiben, als der Duft des Pfeifentabaks meines Dads von dem Papier aufstieg.
Pierce bemerkte meinen Gesichtsausdruck nicht, sondern blinzelte auf die Worte hinab. »Mein kleines Glühwürmchen«, sagte er, und Tränen schossen in meine Augen, als mir klar wurde, wer diese Worte geschrieben hatte. »Ich schreibe dies am Abend unseres Herbsttages, während ich dich schlafen lasse. Du bist noch ein Kind, aber heute habe ich die werdende Frau in dir gesehen …« Pierce brach ab und sah mir in die Augen. »Das ist für Euch«, sagte er und hielt mir das Blatt entgegen. Seine Miene wirkte so tief betroffen, als teilte er meinen Kummer.
»Lies es mir vor«, sagte ich und unterdrückte ein Schluchzen. »Bitte.«
Pierce rutschte ein wenig auf seinem Sitz hin und her, dann las er weiter. »Heute habe ich die werdende Frau in dir gese hen, und du bist wunderschön. Mein Herz bricht bei dem Gedanken, dass die Umstände wahrscheinlich verhindern werden, dass ich sehe, wie du deine volle Stärke entwickelst, aber ich bin stolz auf deinen Mut und ich bewundere heute schon, was du erreichen wirst, wenn deine körperliche Stärke endlich mit deinem Geist in Einklang gerät.«
Ich hielt den Atem an, um nicht laut zu weinen, aber davon bekam ich nur Kopfweh, und trotzdem rann eine heiße Träne über meine Wange.
»Fürchte dich nicht davor, deinen Fähigkeiten zu vertrauen«, las Pierce mit weicher Stimme weiter. »Du bist stärker, als du denkst. Vergiss niemals, das Leben voller Mut auszukosten und vergiss niemals, dass ich dich liebe.« Pierce ließ das Blatt sinken und legte es mir in den Schoß. »Es ist unterschrieben mit ›Dad‹.«
Ich schnüffelte und lächelte Pierce an, während ich mir über die Augen wischte. »Danke.«
»Kleines Glühwürmchen?«, fragte er in dem Versuch, mich ein wenig von meinem Herzschmerz abzulenken.
»Ich glaube, es liegt an den Haaren«, sagte ich, hob das Papier unter meine Nase und atmete tief den schwachen Geruch von Pfeifenrauch ein. »Danke dir, Pierce«, sagte ich und drückte ihm die Hand. »Ohne dich hätte ich diese Nachricht niemals gefunden.«
Der junge Mann lächelte und schob sanft eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. »Es ist nichts, was ich mit Absicht getan hätte.«
Vielleicht, dachte ich, während ich ihn anlächelte, hatte der Zauber, um meinen Dad zurückzuholen, letztendlich doch funktioniert – auf die einzige Weise, wie es möglich war, indem seine Liebe die Regeln der Natur und der Magie verbogen
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