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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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nickte, den Blick auf Robbies immer noch brennenden Marshmallow gerichtet. »Ja, die gelben Seiten. Ein farbiger Mann hatte Mitleid mit mir und hat mich in Euer Viertel gefahren.«
    Ich drehte mich entsetzt zu ihm um, aber dann fiel mir ein, dass er seit über hundert Jahren tot war. »Es ist jetzt höflich, sie ›schwarz‹ zu nennen. Oder Afro-Amerikaner«, korrigierte ich ihn, und er nickte.
    »Sie sind alle freie Männer?«
    »Es gab einen großen Kampf darum«, erklärte ich, und er nickte, die Augen nachdenklich zusammengekniffen.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und schließlich drehte Pierce sich zu mir um. »Warum seid Ihr so melancholisch, Miss Rachel? Es ist uns gelungen. Meine Seele ist gerächt, und das Mädchen in Sicherheit. Ich bin davon über zeugt, dass ich meinen Lohn erhalten werde, wenn die Sonne aufgeht.« In seine Augen trat ein nervöser Ausdruck. »Sei er nun gut oder schlecht.«
    »Er wird gut«, sagte ich schnell und umklammerte die Uhr, als könnte ich ein wenig Glück herauspressen. »Ich freue mich für dich, und ich weiß, dass du auf der guten Seite landen wirst. Versprochen!«
    »Ihr wirkt nicht erfreut«, murmelte er, und ich kleisterte mir schnell ein Lächeln aufs Gesicht.
    »Ich bin es aber. Wirklich«, sagte ich. »Es ist nur … Es ist nur so, dass ich nun ausprobiert habe, wer ich sein will, und ich …« Meine Kehle war wie zugeschnürt, als wäre es weniger real, wenn ich es nicht aussprach. »Ich kann es nicht«, flüsterte ich. Ich kämpfte mit den Tränen, während ich ins Feuer starrte und darum rang, meine Atmung gleichmäßig zu halten.
    »Doch, Ihr könnt …«, widersprach Pierce. Ich schüttelte den Kopf so heftig, dass meine Haare flogen.
    »Nein, kann ich nicht. Ich bin bewusstlos geworden. Wärst du nicht da gewesen, wäre ich einfach umgefallen und er wäre entkommen und dann wäre alles umsonst gewesen.«
    »Oh, Rachel …« Pierce glitt auf den Stuhl meiner Mutter und legte einen Arm um mich. Ich gab es auf, stark zu spielen, drehte mich und umarmte ihn richtig, sodass ich mein Gesicht in seinem Mantel vergraben konnte. Langsam atmete ich ein und roch Kohlenstaub und Schuhpolitur. Er hatte einen echten Geruch. Aber dem Hörensagen nach hatten das die meisten Geister.
    »Euch fehlt es nicht an Mut«, sagte er, und sein Atem bewegte die Haare auf meinem Kopf. »Das ist der wichtigste Teil. Der Rest ist nebensächlich. Echte Stärke bedeutet, mit seinem Versagen leben zu können. Sich einzugestehen, dass man manchmal nicht rechtzeitig dort sein kann und dass wegen dieses Mangels jemand stirbt. Es war Klugheit, die den Vampir gefangen hat, nicht reine körperliche Stärke. Außerdem wird die Kraft noch kommen.«
    Es klang so einfach. Ich wollte ihm glauben. Ich wollte ihm so sehr glauben, dass meine Brust davon schmerzte. »Wird sie?«, fragte ich, als ich mich ein Stück zurückzog, um ihm mit verweinten Augen ins Gesicht schauen zu können. »Ich habe das auch immer geglaubt, aber ich bin so verdammt schwach. Sieh mich an«, sagte ich abfällig. »Eingewickelt wie ein Baby, und meine Knie werden jedes Mal weich, wenn ich nur aufstehe, um am Fernseher umzuschalten. Es ist dumm, zu denken, dass die I.S. mich wollen wird. Ich sollte aufgeben und nach Portland gehen, um eine Erdhexe zu werden, dann einen Zauberladen aufmachen und …« Meine Augen liefen wieder über. Verdammt . »Und Zauber ver kaufen«, beendete ich den Satz und trat ein wenig Schnee ins Feuer.
    Pierce schüttelte den Kopf. »Das ist die verflixt dümmste Idee, die ich gehört habe, seitdem ich wieder Ohren zum Hören habe, und ich bin gesonnen zu sagen, dass ich einige dumme Dinge gehört habe, seitdem Ihr mich aufgeweckt habt. Könnte ich mit den Toten sprechen, würde ich Euren Vater fragen, und ich weiß, was er antworten würde.«
    Seine Sprache entglitt ihm wieder; er musste aufgeregt sein. Ich schaute von der Stelle auf, wo der Schnee ge schmolzen war und ein Holzscheit halb gelöscht hatte. »Das kannst du nicht wissen«, sagte ich missmutig. »Du hast ihn nie auch nur getroffen.«
    Trotzdem lächelte er mich an, und seine blauen Augen reflektierten das dämmrige Licht. »Das brauche ich auch nicht. Ich erwarte von einem Mann, der eine junge Dame von solchem Feuer aufgezogen hat, nur eine Antwort: Tut, was Euer Herz Euch sagt.«
    Ich presste die Lippen zusammen. »Ich bin zu schwach«, sagte ich dann, als wäre es das einzig Wichtige. »Nichts wird sich ändern. Nichts.«
    Ich

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