Blutseele
herausragenden Job, in dem sie ihre Ausbildung auch einsetzen konnte, musste sie feststellen, dass ihr Selbstbewusstsein immer noch an genau die Dinge geknüpft war, die sie fertigmachten.
Sie vermisste Skimmer. Sie hatte sie ständig daran erin nert, dass das Leben mehr bot, als nur auf sein Ende zu war ten, um dann wirklich anzufangen zu leben. Und auch wenn Kisten ihrer Zimmergenossin auf der Highschool nicht im Geringsten ähnelte, hatte er in diesen letzten paar Jahren diese Lücke angenehm ausgefüllt.
Ivy schaute mit einem bösartigen Lächeln durch die Glaswand, die den Blick auf ein ganzes Stockwerk voller Schreibtische freigab. Sie überschlug die Beine und lehnte sich wei ter über den Tisch, während sie darüber nachdachte, welche ganz besondere Lücke Kisten als Nächstes füllen sollte.
»Verdammte Vampirpheromone«, hauchte sie und richtete sich wieder auf. Es passte ihr nicht, wohin ihre Gedanken wanderten, wenn sie zu viel Zeit in den unteren Stockwerken des Inderland-Security-Hochhauses verbrachte. Seit sie beim Morddezernat der I. S. arbeitete, hatte sie ein echtes Büro bekommen statt einem Schreibtisch neben allen anderen Lakaien, aber es gab zu viele Vamps – sowohl lebende als auch untote – hier unten, sodass die Klimaanlage nicht damit fertigwurde.
Kistens Tirade über dämliche Scherzanrufe endete plötzlich. »Was haben Vamppheromone damit zu tun, dass meine Pizzalieferanten von Menschen angegriffen wurden?«, fragte er in einem lausig schlechten britischen Akzent. Das war sein neuester Tick, und sie hoffte inständig, dass er bald den Spaß daran verlieren würde.
Sie rollte ihren Stuhl näher an den Tisch und nahm einen Schluck von ihrem Mineralwasser, während sie ihre Augen auf die geschlossene Bürotür der Chefin auf der anderen Seite des Raums gerichtet hielt. »Nichts. Soll ich auf dem Weg nach Hause irgendwas holen? Ich komme hier vielleicht früher raus. Art ist im Büro, was heißt, dass jemand gestor ben ist und ich arbeiten muss. Ich wette um den ersten Biss, dass er mir die Mittagspause kürzen will« – sie nahm noch einen Schluck – »und das hole ich mir dann am Ende des Tages zurück.«
»Nein«, sagte Kisten. »Danny geht heute einkaufen.«
Einer der Vorteile, wenn man über einem Restaurant wohnt, dachte sie, während Kisten eine Einkaufsliste herunterleierte, die sie nicht im Geringsten interessierte. Sie zog den Teller mit den Pommes vom Tisch und stellte ihn sich auf den Schoß, achtete aber sorgfältig darauf, dass nichts auf ihre Lederhose fiel. Die Tür der Chefin öffnete sich und erregte ihre Aufmerksamkeit. Art kam heraus und schüttelte Mrs. Pendle ton die Hand. Er war fast eine halbe Stunde dort drin gewesen. Er hielt einen Stapel Papiere in der Hand, und Ivys Puls schlag beschleunigte sich. Sie saß schon viel zu lange hier rum und zermarterte sich den Kopf über Arts ungelöste Mordfälle. Der Mann hatte keinerlei Berechtigung, im Morddezernat zu arbeiten. Untot hieß nicht automatisch klug.
Außer die Klugheit liegt darin, uns so zu manipulieren, dass wir den Untoten unser Blut geben . Ivy zwang sich, weiterzuessen, und dachte darüber nach, dass die Untoten ihre lebenden Vampirverwandten eher aus Eifersucht ins Visier nahmen, und weniger, um das gute Verhältnis zu den Menschen zu bewahren, wie sie immer behaupteten. Da sie mit dem Vampirvirus in ihrem Genom geboren worden war, genoss Ivy einen Teil der Stärken der Untoten, ohne die Nach teile wie Lichtempfindlichkeit oder Schmerzen durch religiöse Symbole hinnehmen zu müssen. Auch wenn ihre Fähigkeiten nicht an die von Art herankamen, war sie doch stärker und konnte besser hören als jeder Mensch, und ihr Geruchssinn war für die sanfteren Gerüche von Schweiß und Pheromonen sensibilisiert. Der Blutdurst der Untoten war bei ihr keine biologische Notwendigkeit, sondern mehr eine Blutlust, die ein unvergleichliches Hochgefühl auslöste, wenn sie gestillt wurde … und wenn sie mit Sex gemischt wurde, machte sie schnell abhängig.
Ivys Blick wanderte unfreiwillig zu Art, und er lächelte sie an, als würde er ihre Gedanken lesen. Er kam direkt auf sie zu, und der Papierstapel in seiner Hand wirkte wie eine Absichtserklärung. Sie verlor den Appetit und wirbelte ihren Stuhl so herum, dass sie dem Raum den Rücken zuwandte. »Hey, Kist«, sagte sie und unterbrach damit seine Ausfüh rungen über die schlechten Pilze, die Danny neulich gekauft hatte, »Planänderung. Wenn ich mir den
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