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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Papierstapel so anschaue, ist das einer von den Aufträgen, wo ich hinter Art herräume. Ich werde wohl nicht vor Sonnenaufgang nach Hause kommen.«
    »Schon wieder?«
    »Schon wieder?«, äffte sie ihn nach und spielte mit einem Stift herum, bis ihr aufging, dass das ihre Laune verriet. Sie legte ihn mit einem scharfen Knall auf den Tisch zurück. »Gott, Kisten. Bei dir klingt das so, als wäre es jede Nacht.«
    Kisten seufzte. »Lass den Papierkram bis morgen liegen, Liebes. Ich weiß nicht, warum du dich so reinhängst. Du wirst nicht befördert werden, bevor Artie Smartie nicht von dir kosten durfte.«
    »Meinst du?«, fragte sie. Ihr Gesicht wurde heiß, und ihr verging endgültig der Appetit. Sie knallte den Teller auf ihren Schreibtisch und zwang sich, ruhig sitzen zu blei ben, obwohl sie am liebsten jemanden geschlagen hätte. Kampfsport-Meditation hatte sie bis jetzt vor Gerichtsterminen bewahrt; sie definierte sich hauptsächlich über ihre Selbstkontrolle.
    »Du kanntest das System, als du den Job angenommen hast«, redete er ihr gut zu, und Ivy zog die Ärmel ihres engen schwarzen Pullovers von den Ellbogen zu den Handgelenken runter, um die Narben dort zu verbergen. Sie konnte fühlen, wie Art den Raum durchquerte, und Adrenalin sorgte dafür, dass ihr Magen sich zusammenzog. Es ist ein Auftrag, rechtfertigte sie sich, aber sie wusste, dass Art der Grund für das Kribbeln war, nicht die Chance, mal aus dem Büro rauszukommen.
    »Warum, glaubst du, arbeite ich lieber mit Piscary als für die I. S.?«, sagte Kisten gerade. Worte, die sie schon viel zu oft gehört hatte. »Gib ihm, was er haben will. Mir ist es egal.« Er lachte. »Zur Hölle, es wäre vielleicht sogar ganz nett, wenn du mal nach Hause kommst und einen Film schauen willst, statt mich auszusaugen.«
    Sie griff nach ihrer Wasserflasche und leerte sie bis auf den letzten Tropfen, bevor sie sich den Mund abwischte. Sie hatte das System gekannt – zur Hölle, sie war darin aufgewachsen –, aber das hieß nicht, dass sie die Gesellschaft mochte, nach deren Regeln sie spielen musste. Sie hatte beobachtet, wie diese Regeln das Leben ihrer Mutter beendet hatten, beobachtete jetzt, wie sie ihren Vater aussaugten und ihn Stück für Stück umbrachten. Aber es war der ein zige Weg, der ihr offenstand. Und sie war gut darin. Sehr gut. Und das machte ihr am meisten Sorgen.
    Sie versteifte sich, als Art seine braunen Augen auf ihren Nacken richtete. Untote Vamps schauten sie so an, seit sie vierzehn geworden war; sie kannte das Gefühl. »Ich dachte, du wärst wegen der Dentalvorsorge bei Piscary geblieben«, sagte sie sarkastisch. »Seine Zähne in deinem Hals.«
    »Ha, ha. Sehr witzig!« Kistens gute Laune beruhigte sie kein bisschen.
    »Ich mag, was ich tue«, sagte sie und hob eine Hand, als es an der Tür klopfte. Sie drehte sich nicht um, aber sie registrierte den stimulierenden, erotischen Geruch des untoten Vampirs, der in ihrer Tür stand. »Ich bin verdammt gut darin«, fügte sie hinzu, um Art daran zu erinnern, dass sie dafür verantwortlich war, dass seine Aufklärungsquote in den letzten sechs Monaten drastisch gestiegen war. »Zumindest bin ich kein Pizzalieferant.«
    »Ivy, das ist nicht fair.«
    Es war ein Tiefschlag, aber Art beobachtete sie, und das würde jedem auf die Nerven gehen. Nach sechs Monaten gemeinsamer Arbeit hatte er all ihre Eigenarten kennengelernt, konnte ihren Pulsschlag und ihre Atmung lesen und wusste genau, was sie anmachte. In letzter Zeit hatte er dieses Wissen zu seinem Vorteil eingesetzt und ihr das Leben zur Hölle gemacht. Es war nicht so, als wäre er nicht attraktiv – Gott, das waren sie alle –, aber er arbeitete schon seit dreißig Jahren auf demselben Posten. Sein Mangel an Ehrgeiz sorgte nicht gerade dafür, dass sie ihm an die Kehle springen wollte. Und über ihre Instinkte zu etwas verführt zu werden, das ihr Wille eigentlich ablehnte, hinterließ einen schlechten Geschmack in ihrem Mund.
    Und was noch schlimmer war: Nachdem sie das erste Mal voller Blutlust nach Hause gekommen war und festgestellt hatte, dass Piscary auf sie wartete, war ihr klar geworden, dass der Meistervampir die Partnerschaft wahrscheinlich eingefädelt hatte, weil er wusste, dass sie sich widersetzen würde – und Art darauf bestehen würde. Das wiederum sorgte dafür, dass sie nach Hause kam und bereit war, ein wenig Druck abzulassen. Traurig war nur, dass sie sich selbst nicht sicher war, ob sie sich Art

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