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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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schwatzten und lachten zusammen in den Straßen des Dorfs.
    »Das ist genau wie in dem Kinetoskop«, hauchte Kit. »Wie abgefahren ist das denn?«
    »Nicht ganz genauso«, sagte Fancy nachdenklich. »Da müsste ein Hügel sein.«
    »Meinst du den, auf dem wir stehen?«
    »Noch einer. Gleich neben dem Dorf.«
    Ein sanfter, grüner Hügel materialisierte sich in der Ferne, gerade klein genug, dass jemand hinaufrennen konnte, ohne außer Atem zu kommen. Ein paar Kinder taten genau das und zogen ihre Drachen hinter sich her wie ungehorsame Hunde.
    »Schau«, sagte Fancy. »Das ist besser. Was ist denn?«, fragte sie Kit, als diese sie anstarrte.
    »Wie hast du das gemacht, Hexe?«
    »Was gemacht?«
    »Der Hügel ist aus dem Nichts aufgetaucht, das meine ich. Aus dem Nichts.«
    »Und?«
    Fancy verstand Kits Überraschung nicht. Im Kinetoskop zu sein war nicht anders als davor zu sein, und sie hatte alles in dem glücklichen Ort über Jahre angeordnet und neu sortiert.
    Kit stellte sich hinter Fancy und legte die Arme um ihre Schultern. »Weißt du überhaupt, wie großartig du bist? Ich wünschte, ich könnte nur halb so viel wie du.«
    »Wenn ich es in mir habe, hast du es auch.« Sie schmiegte sich in Kits Umarmung. »Wir sind praktisch dieselbe Person.«
    »Nein, sind wir nicht. Ich sehe ihn jetzt, den Unterschied zwischen uns. Ich habe ihn vorher nie gesehen.«
    Fancy kam es vor, als hätte man ihr die Luft aus den Lungen gequetscht. »Wir sind nicht unterschiedlich! Sag das nicht. Du musst dich nur konzentrieren.«
    Kit versuchte es. Sie ließ Fancy los und starrte mit gerunzelter Stirn auf den Ort unter ihr.
    »Woran denkst du?«
    Kit entspannte ihr Gesicht und seufzte. »An Franken. Er sollte hier sein und das alles sehen, weil er doch jetzt hier leben wird.«
    »Wir sind im Paradies, wo wir alles möglich machen können, und alles, woran du denken kannst, ist Franken?« Sie sagte den Namen so laut, dass die Glücklicher-Ort-Leute mit allem innehielten und zu ihr herüberschauten, so aufmerksam wie Erdmännchen.
    »Du hast ihn hergebracht«, erinnerte Kit sie ruhig, als wollte sie betonen, wie laut Fancy gerade gewesen war.
    »Ich hab ihn hergebracht, um ihn loszuwerden.«
    »Und das ist dir gelungen, Fancy. Also warum können wir jetzt nicht alle etwas Spaß haben?«
    »Du willst Spaß mit Franken haben? Gut. Lasst uns alle Spaß haben.«
    Fancy stürmte zurück durch die Hecke zu dem Kopflosen Garten und achtete nicht auf Kits Rufe, sie solle auf sie warten und sich beruhigen. Fancy tat keins von beidem. Stattdessen sprang sie auf die Plattform, auf der Franken saß und sich zu freuen schien, die beiden zu sehen, Kit zu sehen. Dann fuhr sie mit ihren Fingern durch Frankens Haar und riss ihm die Schädeldecke ab.
    »Fancy!« Kit kam vor Franken zum Stehen. Seine Augen waren weit aufgerissen.
    »Was ist gerade passiert?«, fragte er sie.
    »Halt das mal.« Fancy ließ die Schädeldecke in seinen Schoß fallen. Er griff reflexartig danach und erstarrte, als er bemerkte, was er da in den Händen hielt.
    Frankens Gehirn glänzte pulsierend und bläulich grau.
    »Das ist genauso faltig wie die Innereien von dem Alten!«, rief Fancy. Es war fast schon wunderschön, mal ein Gehirn zu sehen, das in seiner natürlichen Umgebung arbeitete, statt in einer Flüssigkeit in einem Einmachglas zu schwimmen, ganz ohne Zusammenhang. »Kannst du dich noch erinnern, welchen Teil wir rausschneiden müssen?«, fragte sie ihre Schwester, die sie gerade wie ein Fisch angaffte.
    »Ich auch nicht mehr«, sagte Fancy. »Ich schneide einfach alles raus.« Sie schnippte mit den Fingern. »Gib mal dein Messer.«
    »Bist du verrückt?«, kreischte Kit, die endlich ihre Stimme wiedergefunden hatte. »Du kannst doch jetzt keine Lobotomie durchführen. Dafür gibt’s keinen Grund. Setz ihm die Schädeldecke wieder auf.«
    »Aber du hast gesagt …«
    »Setz sie ihm auf!«
    Fancy rang Franken die Schädeldecke aus den Händen – er schien sie nicht loslassen zu wollen – und schraubte sie ihm wieder über das Gehirn. Sie war ernsthaft entrüstet. »Du hast die ganze Zeit, seit wir ihn gefangen genommen haben, immer nur davon geredet, ihn umzubringen.«
    »Ich hab’s mir anders überlegt.«
    »Dann überleg’s dir wieder anders! Wir können hier alles tun.«
    »Ich will Franken nicht wehtun.«
    »Niemand würde davon erfahren.«
    »Doch, ich!« Riesige pinkfarbene Flügel wuchsen aus Kits Rücken.
    Jetzt war es an Fancy zu gaffen, als Kit ihre

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