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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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zeigte es ihm. Ihre Fäuste wurden so groß wie Fanghandschuhe beim Baseball. Das zusätzliche Gewicht ließ sie vornüberkippen und aufs Gesicht fallen. Als sie sich auf den Rücken rollte, hatten ihre Hände wieder die normale Größe, und Doyle warf sich lachend neben sie. Sein Lachen hatte den leichten, schwirrenden Ton eines Jungen, dem weder Gefahr noch Gewalt drohten.
    Nicht lange, und der enge Raum in Doyles Haus erschien um sie herum. Kit brachte Fancy dazu, Doyle seine sieben Dollar zurückzugeben, und dann gab Kit ihm noch zwanzig und lachte, als er in die wartenden Arme seiner Patentante rannte.
    »Wir schaffen es nie in die Südsee, wenn du dauernd unser Geld weggibst«, brummelte Fancy, als sie wieder in ihrem Zimmer waren. Insekten brummten gegen das Fliegengitter.
    »Warum willst du weg?« Kit saß vor dem Schminktisch und trug tiefroten Lippenstift auf. »Es gibt doch so viel, was man hier jetzt tun kann?«
    »So viel was?« Fancy warf sich auf ihr Bett und schnappte sich Bearzilla vom Regal. »Kopflose Jungs und böse alte Männer wie den Paten? Und wie kommt’s, dass du jeden Jungen, der dir über den Weg läuft, küsst? Du bist so … wahllos.«
    Kit berührte ihren Mund und starrte auf die roten Lippen im Spiegel. »Weißt du, was ich denke, Fancy? Ich denke, wir sollten uns eine Weile nicht sehen.«
    »Nicht sehen?« Die Worte klangen so fremd und seltsam, dass Fancy sie noch einmal sagen musste. »Nicht sehen?«
    »Ja. Dann kannst du, wenn ich mal wieder wahllos bei Leuten bin, ihre Augen nicht explodieren lassen!«
    »Das wollte ich gar nicht«, sagte sie und fragte sich, was Kits Problem war. Die alte Kit hätte beim Anblick eines Jungen, dessen Augen explodierten, gekichert. »Es ist außerdem egal. Glücklicher-Ort-Leute sind nicht echt.«
    Kit sagte nichts. Sie fuhr nur damit fort, die alte Kit unter Schminke und Blödsinn zu begraben. »Vergiss nicht, um sechs den Ofen runter auf 180 Grad zu stellen.«
    »Warum soll ich daran denken?«
    »Weil ich nicht hier sein werde.«
    »Aber es ist fast Abendessenszeit!«
    »Madda weiß Bescheid.«
    Fancy drückte Bearzilla an ihre Brust. »Wo gehst du hin?«
    »Amelia Dandridge will mit mir abendessen, um sich dafür zu bedanken, dass ich ihr von Greenley erzählt habe.«
    »Von wem?«
    » Greenley . Die erste Leiche, die ich aufgeweckt habe. Aber ehrlich gesagt glaube ich, dass Amelia einfach nur einsam ist und jemanden zum Reden braucht oder so.«
    »Und du bist die Schulter zum Ausheulen?«
    Kit sah gekränkt aus. »Was stimmt nicht mit meinen Schultern?«
    »Was hab ich gerade gesagt von wegen wahllos?«
    »Amelia ist ein echter Mensch, Fancy. Oder kennst du schon den Unterschied nicht mehr?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Das macht mir Sorgen«, sagte Kit und starrte Fancy mit traurigen Augen im Spiegel an. »Dass du eines Tages nicht mehr den Unterschied zwischen echt und unecht kennst. Das wird nämlich ein schlimmer Tag sein, Fancy. Ein verdammt schlimmer Tag.«

AUS FANCYS TRAUMTAGEBUCH:
    Ich sah einen Baum voller leuchtend roter Früchte. Ich pflückte eine, um sie mit nach Hause zu nehmen und mir mit Kit zu teilen, aber ich konnte nicht widerstehen und musste reinbeißen, nur um zu sehen, ob sie so gut schmeckte, wie sie aussah. Sie tat es. Aber das laute Kauen zog ein paar Hunde an. Ich versteckte die Frucht in meiner Tasche, aber die Hunde umzingelten mich, schnüffelten an mir und schnappten nach meinen Hüften und Oberschenkeln. Also riss ich mich los und rannte. Aber sie bekamen mich zu fassen, und als sie in mich hineinbissen, gab es ein frisches, saftiges Geräusch.

KAPITEL NEUNZEHN
    Kit saß in einem pinkfarbenen Unterkleid am Teetisch und blätterte durch Fancys Skizzenbuch. Ihre Stirn war konzentriert gerunzelt. So viel Aufmerksamkeit hatte Fancy schon seit einer Weile nicht mehr von Kit bekommen. Seit der Sache mit dem Paten war Kit viel unterwegs gewesen, und selbst, wenn sie zu Hause war, war sie meist mit den Gedanken woanders, und sie hatte eine nervige Vorliebe für Liebeslieder entwickelt – »Mr. Sandman«, »Earth Angel«, »I Only Have Eyes for You« –, je schnulziger, desto besser. Aber heute schien sie fast normal.
    »Was denkst du?«, fragte sie, als Kit fertig damit war, über die Darstellungen in Tusche und Wasserfarben von Obstschalen und beweglichen Puppengliedern zu brüten.
    »Du hast ein Auge für Farben. Es hat eine gewisse Intensität.« Kit schüttelte den Kopf und schlug das Buch zu. »Aber die

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