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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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Handfläche.
    Fancy sah das Wort lange an und war ehrlich erstaunt über seine Dreistigkeit, sie einfach anzufassen, abgesehen davon, dass er sie um einen Gefallen bat. Sie schloss ihre Hand über dem Wort, als wäre es lebendig und zerbrechlich. »Woher weißt du, wie der Keller aussieht?«
    »Fotos.«
    »Der Tod ist nicht wirklich so«, sagte sie ihm. »Schön und so.«
    »Wie ist er denn?«, fragte Ilan und warf ihr einen durchtriebenen Blick zu. »Ein Tanzwettbewerb oder eine Teegesellschaft? Ein Boxkampf? Mir scheint, du willst dich der Wirklichkeit des Todes genauso wenig stellen wie ich.«
    »Du weißt nicht, was ich will. Ich weiß nicht, was die Leute über mich sagen, aber glaub nur nicht, dass du mich kennst.«
    »Ich kenne dich, Fancy. Ich weiß alles über dich. Das Problem ist nur, dass du nichts über mich weißt.«
    Fancys Tag wurde sogar noch nervenzerreißender, als Kit nicht auftauchte, um mit ihr die Briefe zu lesen. Als es an der Haustür klingelte, rannte Fancy los, bis ihr einfiel, dass Kit nicht wie ein Fremder klingeln würde.
    Als sie herauslugte, sah sie, dass es nur Ilan war, und öffnete die Tür.
    »Wusstest du, dass hier ein Obstkorb vor der Tür steht?« Regengeruch lag im Wind.
    Er hob den Korb von der Veranda. Es war ein riesiges Ding, fast noch größer als Fancy, adressiert an sie und Kit von Doyle und seiner Patentante. Ilan trat an ihr vorbei ins Haus.
    »Warte …«
    »Wo soll ich ihn hinstellen?«
    »Ich kann einen Obstkorb tragen.«
    »Wollte nur helfen.« Er stellte ihn auf den Kaffeetisch. Er trug schwarze, in silberne Ketten geschlungene Armbänder, als wäre er gerade aus einem Verließ ausgebrochen. Fancy war überzeugt, dass wenn sie ihn ankettete, er nicht ausbrechen könnte.
    »Also, was gibt’s?«
    »Nichts.«
    Es war zu dunkel, weshalb sie die Fensterläden öffnete, um Licht in den Raum zu lassen. Ilan folgte ihr, während sie von einem Fenster zum nächsten ging, und erinnerte sie an einen der samtenen Tiger an der Wand, die sie heimsuchten, umzingelten und anstarrten auf eine Art, vor der sie sich nicht verstecken konnte. Irgendwie fühlte sie sich durch ihn festgekettet.
    »Bist du allein?«
    »Madda ist hier.« Er war nicht mal besonders groß, aber er schien zu viel Raum einzunehmen. Sie schämte sich mit einem Mal für den faulig-reifen Geruch des Strandflieders, mit dem Madda so gerne das Haus dekorierte, weil die Blumen »so schön sterben«. Es war besonders peinlich, weil Ilan so gut roch, wie Wiesenklee und Farbe.
    Er blieb vor ihr stehen. Sie konnte sehen, wie sein Blut im Hals pochte. »Ist es okay, dass ich hier bin? Deine Ma hat alle möglichen Vorstellungen davon, wofür du schon bereit bist. Aber vielleicht bist du noch nicht dafür bereit, mit einem Jungen allein im Haus zu sein.«
    »Ich bin nicht allein.«
    »Ohne Aufsicht«, korrigierte er sich.
    Seine Lippen schienen etwas feucht, als hätte er sich gerade erst drübergeleckt, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, seine Zunge gesehen zu haben. Daran hätte sie sich erinnert.
    »Ich bin keine fünf.«
    »Warum ziehst du dich dann so an? Mit diesen winzigen Kleidern? Hast du denn nichts, das dir passt? Die Träger schneiden dir in die Schultern und behindern womöglich die Durchblutung.«
    »Tun sie nicht.« Taten sie doch, irgendwie. Er zeigte ihr, was er meinte, indem er versuchte, seinen Finger unter ihren Träger zu schieben, was ihm nicht gelang.
    Fancy wich vor seiner Hand zurück und setzte sich in den Korbstuhl.
    »Wenn ich dir das Kleid vom Körper schneide, tu ich dir einen Gefallen.« Er zog eine Ottomane zu sich und setzte sich vor sie, entschlossen, sie zu belagern. »Würde dich vor Wundbrand oder so retten.«
    »Ich hab keine Angst vor dir. Lustig, dass du denkst, ich hätte welche.«
    »Ist das ein Problem? Du glaubst, ich hab noch eine Rechnung offen? Meinst du, ich will dir wehtun? Was zwischen unseren Familien geschehen ist … Ich geb dir keine Schuld.«
    »Das hast du zu Madda gesagt. Dass du ihr keine Schuld gibst.«
    »Ich geb nicht mal deinem Pop die Schuld. Das hab ich versucht, aber es hat mir meinen nicht zurückgebracht, weißt du?«
    »Ich würde jeden, der meiner Familie das angetan hat, was Daddy deiner getan hat, töten. Oder es bis zu meinem Tod versuchen.«
    »Du wirst verrückt. Du wirst gewalttätig. Aber nichts ändert sich.«
    »Bist wohl einer von diesen Gutmenschen?«
    »Nein. Ich weiß es nicht. Vielleicht. Magst du Gutmenschen?«
    »Nein. Ich mag

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