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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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und zuckte die Achseln. Also drängte sich Robert weiter durch die Menschenmenge und musterte dabei die Umstehenden. Jung und Alt waren auf dieser Party vertreten, die meisten offensichtlich fahrendes Volk oder Aussteigertypen, oder auch New-Age-Anhänger mit Flatterkleidern und verfilztem Haar. Roberts Herz klopfte heftig, als er, Louisa noch immer im Schlepptau, die Küche betrat. Auf einem alten Kieferntisch stand Essen, dazwischen brennende Teelichte. Zwei Männer luden sich gerade Bohnensalat und Fladenbrot auf ihre Teller.
    »Da, Rob, sieh mal!« Louisa zupfte an Roberts Hand.
    Draußen im Garten war eine Gruppe von Jugendlichen zu sehen. Einige hielten sich eng umschlungen, andere tanzten mit hoch über den Kopf erhobenen Händen und wieder andere tranken etwas aus Dosen und rauchten. Auch Ruby war dabei. Sie warf gerade den Kopf zurück und lachte, dann legte sie die Arme um Arts Hals. Robert marschierte nach draußen.
    »Ruby!« Erbost zog er sie von dem Jungen weg. »Was treibst du hier?«
    »Hallo, Paps«, sagte Art. »Sie sind doch bestimmt auch mal jung gewesen.« Er steckte eine Hand in die Tasche. Robert spannte die Muskeln an.
    »Ist ja gut«, mischte sich Louisa ein. »Lass ihn, Robert. Hauptsache, wir haben Ruby gefunden.«
    »Zeit zu gehen, junge Dame.« Seine Worte kamen Robert unecht vor, sie erreichten, dass er sich einmal mehr wie ein unechter Vater fühlte. Welches Recht hatte er schon, Ruby etwas zu befehlen? Sie gehörte ja nicht einmal zu ihrer Mutter, geschweige denn zu ihm.
    »Wohin gehen wir denn?«, fragte Ruby und sträubte sich gegen seinen Griff.
    »Zu deiner Mutter«, antwortete Robert.
    Erst als sie alle drei im Auto saßen, dachte er: Zu welcher Mutter eigentlich?

30
    I
    ch hatte recht. Jo-Jos Po ist klatschnass. Sie liegt nackt auf dem weichen Teppich in dem Zimmer, das ich für Sarahs Baby eingerichtet habe. Wie eine kleine rosige Krabbe sieht sie aus.
    Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was mit Sarah ist. Sie hat mir doch versprochen, vorbeizukommen und mir ihr Kind zu zeigen! Aber das ist jetzt auch egal. Jo-Jo macht gerade ein Pfützchen auf den Teppich. Ich hebe sie hoch und gehe mit ihr ins Bad. Eine Hand habe ich unter ihren schrumpeligen Po gelegt, mit der anderen stütze ich ihren schwachen Rücken. So habe ich Natasha auch immer gehalten.
    Ich drehe den Wasserhahn auf, gieße ein wenig Schaumbad in die Wanne und warte, bis genug Wasser eingelaufen ist.
    Kaum halte ich sie ins Wasser, fängt Jo-Jo an zu schreien. Offensichtlich ist sie es nicht gewöhnt, gewaschen zu werden. Ich knie mich auf den Boden, beuge mich über den Wannenrand und lasse Wasser über ihr dickes Bäuchlein laufen. Dabei stütze ich ihren Kopf mit der anderen Hand. Mit einem Waschlappen rubbele ich an den Schmutzrändern an ihrem Hals herum.
    Ihre Mutter hat sich nicht besonders gut um sie gekümmert; deshalb plagt mich auch kein schlechtes Gewissen, dass ich ihr Jo-Jo weggenommen habe. Diese Frau hat noch vier andere Kinder, die wahrscheinlich genauso schmutzig sind. Bestimmt ist sie froh, dass ich ihr eins abgenommen habe. Jetzt muss sie eins weniger verhauen.
    Jo-Jo kreischt und brüllt, dass ihre kleine belegte Zunge nur so zittert. Ihr Geschrei wirbelt durch meinen Kopf und bringt Erinnerungen zurück. Albträume.
    Nach dem Bad hülle ich sie in ein warmes Handtuch und drücke sie an meine Brust. Ich tanze mit ihr durch die Gegend, bis sie zu schreien aufhört. Dann bringe ich sie in das Zimmer, das jetzt ihres ist. Dort wickle ich sie und ziehe ihr einen von den Strampelanzügen an, die ich für Sarahs Baby gekauft habe. Der Strampler ist ein klein wenig zu kurz, weil er für ein Neugeborenes gedacht ist. Damit Jo-Jo die Zehen nicht krümmen muss, trenne ich den Saum an den Füßen auf.
    Sie schreit schon wieder. Vermutlich hat sie Hunger; also lege ich sie in den Weidenkorb und schaue in der Küche nach, was ich ihr geben könnte. Der Keks, den ich ausgespuckt habe, liegt noch auf dem Fußboden und irgendetwas riecht schlecht. Wahrscheinlich der Mülleimer. Im Kühlschrank ist noch ein bisschen fettarme Milch, die gestern abgelaufen ist. Das muss im Augenblick reichen, bis ich richtige Babynahrung kaufen kann. Weil ich keine Nuckelflasche habe, schütte ich ein wenig Milch in eine Schüssel und stelle sie kurz in die Mikrowelle. Dann nehme ich einen Löffel und gehe mit der Milch in Jo-Jos Zimmer. Sie schreit immer noch.
    Ich setze sie auf meinen Schoß und bette sie in die Armbeuge.

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