Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
Vom Netzwerk:
waren nahezu nackt. Robert schloss den Wagen ab. Falls er Baxter nicht fand, würde er sich Shorts kaufen und zur Abkühlung ein kurzes Bad im Meer nehmen.
    Er zog ein Stück Papier aus der Hosentasche. Im Internet hatte er die Adresse von »King’s Blumen« gefunden und sich einen Stadtplan von Brighton ausgedruckt. Das Geschäft lag nicht weit von der Strandpromenade entfernt an der Market Street, und schon nach wenigen Minuten Fußmarsch durch die schattigen Gässchen der Altstadt stand Robert vor der Ladenfront, die ganz in Cremeweiß und Grün gehalten war und in eleganten goldfarbenen Lettern die Aufschrift »King’s Blumen, Floristik für jeden Anlass. Inhaber: Baxter King« trug.
    Ein rascher Blick ins Schaufenster verriet Robert, dass die Blumen und Dekoartikel selbst im Vergleich zu Erins Londoner Laden sehr teuer waren. Aber es hatte einen anderen Grund, dass er vor Überraschung scharf die Luft einzog: Das minimalistische Arrangement aus gedrehten Bambushalmen und feuerfarbenen Orchideen, die nur grob angestrichenen Holzbretter, auf denen gewagte Kreationen aus Anthurien und Bärengras angeordnet waren, die einzelnen Lilien, wie hingestreut auf einem Untergrund aus Sand und Strandkieseln und mit Zuckerwasser besprüht, das wie Tauperlen wirkte – all das glich fast aufs Haar Erins Schaufenster in London.
    Robert lehnte sich gegen einen Laternenpfahl. Er konnte den Anblick des Schaufensters nicht länger ertragen. Hatte Baxter King Erins Ideen kopiert oder war sie so verliebt in den kreativen Mr King, dass ihr Laden in London unbedingt so aussehen musste wie seiner in Brighton? Auf jeden Fall standen sie einander wohl sehr nahe. Robert wurde ganz schlecht bei dem Gedanken. Gegenüber dem Blumenladen befand sich ein Café. Er setzte sich an einen Tisch am Fenster, bestellte einen starken Kaffee und grübelte darüber nach, wie er vorgehen sollte.
    »King’s Blumen« fand offenbar regen Zuspruch. Im Verlauf von fünfzehn Minuten zählte Robert ebenso viele Kunden, die den Laden mit dekorativ verpackten Blumengebinden verließen. Drinnen konnte er zwei junge Frauen in Jeans und kurzen Tops und lose um die Hüften geschlungenen grünen Baumwollschür­zen erkennen. Sie unterhielten sich, bedienten die Kunden und einmal zog die Blonde ihre Schuhe aus und kletterte mit einer Sprühflasche ins Schaufenster, um die Blumen zu befeuchten, eine Tätigkeit, bei der Robert auch Erin schon häufig zugesehen hatte. Wahrscheinlich hatte sie es von Baxter King gelernt. Er fragte sich, wo der Mann wohl stecken mochte. Vermutlich war er zu wichtig, um sich mit dem Alltagskram im Geschäft abzugeben. Vielleicht würde Robert ihn gar nicht zu Gesicht bekommen und dann wäre die ganze Fahrt umsonst gewesen. Robert hatte die Absicht, ihn erst einmal aus sicherer Entfernung zu beobachten, bevor er sich zu erkennen gab. Wissen ist Macht, sagte er sich und schwenkte den Rest seines Kaffees in der Tasse.
    Er stand auf und wollte gerade das Café verlassen, als er plötzlich erstarrte. Ein kleiner, untersetzter Mann in einem lila und gelb gemusterten Hemd im Stil der siebziger Jahre betrat »King’s Blumen« und umarmte als Erstes die beiden Verkäuferinnen. Dann beugte er sich über den Ladentisch und blätterte einige Papiere durch, bevor er einen Rundgang durch den Raum machte. Dabei zupfte er hier und dort ein paar Blumen zurecht und unterhielt sich lachend mit den Frauen.
    »Das ist also Baxter King«, murmelte Robert erleichtert und ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Der Mann war kaum größer als eins siebzig und fast so breit wie hoch. Soweit Robert es von seinem Platz aus erkennen konnte, hatte King ein rotes Gesicht mit einem gelblich-braun gescheckten Bart. Durch ein paar schüttere graue Haarsträhnen schimmerte die sonnenverbrannte Kopfhaut. Robert lachte auf und bestellte sich noch einen Kaffee.
    Der Mann war ausgesprochen hässlich. Robert hätte gern gewusst, was Erin an ihm fand. Da sie ihn, Robert, zum Mann genommen hatte, war er immer davon ausgegangen, dass sie eher auf den konservativen Typ stand. Es gab ihm zwar kurz einen Stich, dass er sich selbst so sah, aber er bevorzugte nun einmal konventionelle, wenn auch hochwertige Kleidung und trug, seit er denken konnte, den gleichen Haarschnitt. Trotzdem hatte er immer gehofft, dass Erin ihn für einen attraktiven und außergewöhnlichen Mann hielt.
    Doch vielleicht reichte ihr das nicht, fuhr es ihm durch den Kopf. Vielleicht war ja Baxter King genau

Weitere Kostenlose Bücher