Blutskinder
Blumen klauen wollte.« Robert setzte zum Sprechen an, doch Baxter redete schon weiter. »Und als sie dann schluchzend vor mir auf dem Boden kauerte und mir ihre traurige Geschichte erzählte, tat sie mir furchtbar leid. Sie war so schrecklich verzweifelt, das arme Ding! Und dann musste sie ja auch noch für das Kind sorgen.«
Robert öffnete seinen Mund, schloss ihn jedoch sogleich wieder. Jedes einzelne Wort wäre ihm wie ein dicker Klumpen im Halse stecken geblieben. Das konnte doch nicht wahr sein! Als Baxter King verstummte und gedankenverloren in ein Gesteck mit purpurfarbenen Rhododendren starrte, fing Robert an zu lachen.
»Offensichtlich liegt hier ein Missverständnis vor.« Er atmete erleichtert auf. »Anscheinend sprechen wir von zwei völlig verschiedenen Frauen.« Aber Roberts Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Immerhin hatte King eine Tochter erwähnt und da war auch noch der Brief, den King, den dieser Mann hier an Erin geschickt hatte. »Ich meine Erin Knight – oder Lucas. Ungefähr eins siebzig groß, helle Haut, blondes Haar, ungefähr so lang.« Robert deutete mit einer Hand die Haarlänge an. Schon wieder bildete sich dieser Kloß in seiner Kehle. Erin und Blumen klauen? Das war einfach unvorstellbar.
»Ja, Erin Lucas. Ich weiß, dass sie jetzt Knight heißt. Sie hat mir von Ihnen erzählt. Ich war ja so erleichtert, als ich hörte, dass sie einen ordentlichen Mann geheiratet hat! Endlich hat sie mal Glück.«
Robert trat Schweiß auf die Stirn, der von der Klimaanlage unangenehm gekühlt wurde. Dieser Mann, den er verdächtigte, eine Affäre mit seiner Frau zu haben, stritt seine Bekanntschaft mit Erin nicht etwa ab, sondern gab sie offen zu! Robert wusste nicht, was er von alldem halten sollte. Ihm wurde so schwindlig, dass er sich unbedingt setzen musste.
»Könnte ich wohl ein Glas Wasser haben? Ich habe eine lange Fahrt hinter mir und …«
»Aber sicher. Kommen Sie mit nach hinten, da können wir uns ungestört unterhalten.« Baxter holte die Verkäuferinnen wieder herein und führte Robert anschließend durch eine Art Küche in einen schattigen Hof mit Kopfsteinpflaster. Ringsum standen so viele Eimer mit Blumen und Zierbäumchen in Terracottakübeln, dass nur ein kleines Fleckchen Platz für einen Tisch und zwei Stühle übrig war.
Verwirrt setzte sich Robert, nahm dankend das Glas mit dem kalten Wasser und trank. Dann wischte er sich mit der Hand den Mund ab und beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Er wägte seine Worte sorgfältig ab.
»Ja, Sie haben recht. Unsere Ehe ist wirklich ein Glücksfall für sie. Und ihr Laden hilft ihr, auf dem Pfad der Tugend zu bleiben.« Er bemühte sich um einen leichten, scherzhaften Ton, und falls King den leisen bitteren Beiklang in Roberts Worten herausgehört hatte, ließ er es sich nicht anmerken.
»Stimmt genau, mein Lieber. Gleich vom ersten Tag an, als sie für mich arbeitete, wusste ich, dass sie Talent hat. Und einen Blick für Farben und Schönheit. Ihre Blumenarrangements haben sie hier in der Gegend ziemlich bekannt gemacht. Patrick war schon ganz vernarrt in sie, als sie bei uns einzog. Gott sei Dank, denn immerhin ist sie ja fast acht Jahre geblieben.« Baxter King stieß ein Lachen aus, wie es Robert noch nie zuvor gehört hatte. Es erinnerte ihn an Eselsgeschrei.
»Armer Patrick.« Baxter seufzte und warf einen Blick auf Robert, der zu Boden starrte und versuchte, das Gehörte zu verarbeiten. »Wie schrecklich, dass er so enden musste.«
Wenn er alles von diesem merkwürdigen Mann erfahren wollte, musste er ihn bei Laune halten, erkannte Robert. »Patrick?«, fragte er also in einem Ton, als könne er sich gerade nicht recht an ihn erinnern.
»Mein Partner. Er ist bei dem entsetzlichen Brand umgekommen.« Wie ein Schauspieler auf der Bühne senkte Baxter pietätvoll den Kopf.
»Ihr Geschäftspartner?«
»Lebensgefährte, mein Guter. Mein Lover. «
Robert nickte übertrieben langsam, um Zeit zu gewinnen. Auch diese Information musste er erst einmal verdauen. Baxter King hatte einen Liebhaber gehabt?
Vielleicht steht er ja jetzt auf Frauen, schoss es Robert durch den Kopf, doch dann gingen ihm die Augen auf. Der Mann war klar und eindeutig schwul. Robert hatte sich derart in die Vorstellung verrannt, dass Baxter und Erin eine Affäre hatten, dass er blind für das Offensichtliche gewesen war.
Doch diese Erkenntnis warf nur noch mehr Fragen auf. Er war zwar mittlerweile davon überzeugt, dass sie
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