Blutskinder
verstehe ich aber nicht –«, begann Louisa.
»Ist doch klar«, unterbrach Robert sie. »Erin hielt es nicht für nötig, die Geburt ihrer Tochter anzumelden, da das Kind bloß das Ergebnis einer schnellen, geschäftsmäßigen Nummer war. Vielleicht wollte sie Ruby ja sogar zur Adoption freigeben, hatte dann aber keine Lust auf den ganzen Papierkram.«
Louisa trank einen Schluck Kaffee. »Lass uns noch mal darüber nachdenken, Rob.« In diesem Augenblick klingelte ihr Mobiltelefon. Nach einem Blick auf das Display nahm sie den Anruf zögernd entgegen. »Hi«, sagte sie und lauschte dann. »Ich kann nicht. Bin bei der Arbeit.« Wieder hörte sie zu. »Mindestens noch ein paar Tage.« Sie holte so tief Luft, dass es fast wie ein Seufzen klang. »Ich weiß. Tut mir leid. Tschüss.« Sie klappte das Handy zu und nahm das Gespräch mit Robert wieder auf, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. »Wir müssen uns das gründlich durch den Kopf gehen lassen, Rob –«
»War das Willem?«
»Ja.« Die Antwort kam ein wenig widerstrebend.
»Du scheinst dich nicht besonders über seinen Anruf gefreut zu haben.«
»Er wollte, dass ich nach Hause komme.«
»Das ist nur verständlich.« Robert dachte daran, wie sehr er wünschte, dass Erin und Ruby wieder bei ihm wären.
»Es geht dir gar nicht mehr in erster Linie um die Geburtsurkunde, sondern um Erins zweifelhafte Vergangenheit, stimmt’s?« Louisa hatte offenbar keine Lust, über Willem zu reden.
Als Robert seine Beine ausstreckte, stieß er versehentlich gegen Louisas Oberschenkel. Sie trug eine schwarze Hose, die sich eng an ihre durchtrainierten Beine schmiegte und ein wenig hochgerutscht war, sodass Robert ihren Knöchel mit dem silbernen Fußkettchen sehen konnte.
»Ja«, antwortete er geistesabwesend. Im Augenblick war er mehr an dem Verhältnis zwischen Louisa und ihrem Mann interessiert. »Willst du denn nicht nach Hause?«
Louisa seufzte. »Ich bin bei der Arbeit. Für dich. Wenn ich diesen Auftrag erledigt habe, fahre ich nach Hause zu Willem.« Robert registrierte, dass sie den Namen ihres Mannes fast widerwillig aussprach. »Allerdings weiß ich gar nicht genau, was ich eigentlich noch für dich tun soll«, setzte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu.
»Zunächst einmal könntest du herausfinden, wer diese Frau ist.« Er tippte mit dem Finger auf das Medaillon. Louisa drehte es um und öffnete den Deckel. Auch sie holte das Bild heraus. »Und dann kannst du dafür sorgen, dass einer von deiner tollen Agentur sich Erins Computer vornimmt und gelöschte Dateien wiederherstellt. Das soll doch angeblich möglich sein.«
»Findest du nicht, dass das ein bisschen zu weit geht, Robert? Erinnert dich das nicht allzu sehr an das letzte Mal?« Sie schaute sich die Rückseite des Fotos an. »Ungewöhnlicher Name. Da sollte sich doch etwas in Erfahrung bringen lassen. Für die Nachforschungen brauche ich einen Tag.«
Robert nickte. Die Sache mit dem Computer ging ihm nicht aus dem Kopf. »Du kannst mein Haus gern als Stützpunkt für deine Recherchen und … na ja, was auch immer benutzen. Wenn du willst, gebe ich dir einen Schlüssel.«
»Danke. Macht es dir etwas aus, wenn ich mal einen Blick in Erins Büro werfe?«
»Nur zu. Die pikanten Briefe hat sie mitgenommen, aber ich kann dir was zu Baxter King sagen, dem Mann der mir erzählt hat, dass … du weißt schon.«
»Könnte gut sein, dass sie heute Abend schon wieder zu Hause ist. Und wie stehst du dann da, Robert Knight, mit einer anderen Frau im Haus?« Louisa lächelte ihn so strahlend an, als nehme sie an einem Schönheitswettbewerb teil. »Geh jetzt ins Büro oder mach sonst was und lass mich weiterarbeiten. Du musst dir nicht auch noch den Kopf hier zerbrechen.«
Robert zerbrach sich aber sehr wohl den Kopf über die Sache. Gedankenverloren stand er da und starrte vor sich hin, während Louisa auf ihre Tastatur einhämmerte, als wäre er gar nicht vorhanden.
19
R
obert überlegte, ob er Erins und Rubys Verschwinden der Polizei melden sollte. Aber die Polizei war für Verbrechen zuständig, und wie man es auch drehte und wendete, Erin hatte nichts Unrechtes getan, jedenfalls nicht im Sinne des Strafgesetzbuches. Wenn eine Frau ihren Mann verließ, weil er ihr nachspionierte, ging das die Polizei nichts an. Sie würden ihn nur auslachen und wieder nach Hause schicken.
Robert nahm ein Taxi zu Dens Haus, wo sein Auto stand. Dann fuhr er zu »Floristik taufrisch« und schloss die Ladentür mit
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