Blutskinder
Paar Handschellen daran hingen. Helena hatte seinen Blick bemerkt.
»Haben Sie Lust darauf?« Sie zwinkerte ihm zu.
»Ist nicht unbedingt mein Ding«, krächzte er, worauf sich Helena neben ihn auf die Bettkante setzte.
»Was ist denn Ihr Ding, Mr Knight? Was kann Helena heute Nachmittag für Sie tun?«
Statt einer Antwort musterte er sie und fragte sich, wie sie wohl zur Prostitution gekommen war. Er sah den leeren Augenausdruck, die wächserne Haut, die sich über den Wangenknochen spannte, und das lange, zu häufig gebleichte Haar, das dringend einen Friseur nötig gehabt hätte. Obwohl sie noch immer ihren Bademantel trug, konnte Robert sehen, dass Helena sehr dünn war. Ihre knochigen Finger, die die Zigarette im Aschenbecher ausdrückten, ihr magerer Hals, der aus dem Kragen des Bademantels ragte, und ihre Stirn, die sich über den eingefallenen Zügen wölbte, all das verriet ihm, dass sie zu wenig aß.
»Ich weiß nicht … Vielleicht könnten wir uns ein bisschen unterhalten.« Robert schluckte. Warum weckte Helenas ausgemergelter Körper nur diesen Beschützerinstinkt in ihm? Im Augenblick interessierte sie ihn mehr als jede andere Frau auf der Welt, dabei fand er sie so anziehend wie eine tote Ratte. Stand sie in seinen Augen für Erin? War es das?
Helena drückte ihn sanft auf das Bett, knöpfte sein Hemd auf und wollte ihm gerade die Hosen ausziehen, als Robert ihre Hand festhielt und ihr damit Einhalt gebot. Plötzlich drang der Lärm des Fernsehers noch lauter nach oben. Helena sprang auf und lief zur Tür.
»Stell das verdammt noch mal leiser, Josh!« Sie trat wieder ans Bett, legte ihren Bademantel ab und lächelte auf Robert hinunter, der wie erstarrt dalag. Dann begann sie mit schnellen, kreisenden Bewegungen seine Brust zu massieren. »Schauen Sie doch nicht so ängstlich, Mr Knight. Ich werde Ihnen schon nichts tun.« Helena bekam einen Hustenanfall. Es klang, als würden sich ganze Schichten von Teer und Schleim in ihrer Kehle lösen.
»Nein!« Er richtete sich auf und starrte auf ihren Körper, vor den sich jetzt Erins wunderschönes Bild schob. Er wollte diesen Körper berühren, um herauszufinden, ob es wirklich Erin war. Mit der Hand über den flachen Bauch streichen, dessen Haut schon lange ihre Spannkraft verloren hatte.
Doch da löste sich Erins Bild auf, und Robert starrte auf Helenas schlaffe Brüste, deren riesige Nippel aussahen, als hätte sie sie in geschmolzene Schokolade getunkt.
Ohne auf Roberts Einspruch zu achten, drückte Helena ihn mit ihren sehnigen Armen zurück aufs Bett und begann, ihn kraftvoll zu massieren. Als sie um ihn herumging, erhaschte er einen Hauch ihres natürlichen Geruchs, einer Mischung aus dem Duft regennasser Erde und altem Schweiß.
»Das da unten ist mein Sohn, er stellt den verdammten Fernseher immer so laut.« Helena stieß ein gackerndes Lachen aus, ohne von Robert abzulassen. »Darf s jetzt vielleicht ein bisschen mehr sein, mein Schatz? Du bist scheinbar nicht mehr ganz so verkrampft.«
»Ihr Sohn?« Wieder setzte Robert sich auf. Er fühlte sich unbehaglich.
»Mach dir keine Gedanken. Er ist daran gewöhnt. Wie sonst sollte ich das Geld beschaffen, um ihn zu ernähren und auf die Universität zu schicken? Ich selbst gehe auch wieder zur Schule, musst du wissen. Weil ich was Gescheites lernen will.« Helena drückte Robert abermals aufs Bett und machte sich an seiner Hose zu schaffen.
»Auf welche Schule gehen Sie denn?«, fragte er ungläubig.
»Ich mache das Abitur nach. Meine Hauptfächer sind Psychologie und Englisch. Anschließend will ich Therapeutin werden, damit ich all den verkorksten Weibern da draußen helfen kann.« Sie lachte und musste erneut husten. »So wie ich eins bin«, fügte sie hinzu, als sie wieder sprechen konnte.
Dann, mit einer behänden Bewegung, legte sich Helena plötzlich auf Robert und begann, aufreizend mit ihren Hüften zu kreisen. Er hatte das Gefühl, als läge ein dünnes Ledertuch auf ihm.
Angesichts ihrer Worte war Robert wie erstarrt. Wie verzweifelt und zugleich wild entschlossen musste diese Frau sein, dass sie ihren Körper an fremde Männer verschacherte, während unten ihr Sohn fernsah? Als sie abermals versuchte, seine Hose zu öffnen, zog er rasch die Beine an und rollte sich auf die Seite.
»Tut mir leid, aber ich kann nicht. Wegen Ihrem Sohn und … überhaupt.«
Im selben Augenblick wurde Robert klar, dass Erin der eigentliche Grund war. Dass sie sein ganzes Leben bedeutete und er
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