Blutskizzen
wir schon hier in der Gegend sind, könntest du mir einen Gefallen tun. In meiner alten Wohnung im Heidegrund stehen noch die letzten beiden Umzugskartons. Könnten wir die mit zu meiner neuen nehmen? Liegt fast auf dem Weg«
»Klar geht das. Wir haben dann nur noch zwei Richtung Innenstadt.«
»Gut, erspart mir einen Weg. Wenn du willst, können wir uns auch den Fundort von Kunz ansehen, in dem Container am Supermarkt, das wolltest du doch. Ist auch hier in der Nähe.« Er korrigiert kurz die Sitzposition. »Wo müssen wir denn hin?«
Die Straßenschilder sind nur schlecht zu erkennen. An der Ziegelei, müsste dann die übernächste sein.
»Diese noch nicht, die nächste. Dann Nummer siebzehn.«
Kurze Straße, am Ende ein beleuchtetes Schild »Müller und Müller«. In zwei Fenstern brennt Licht. Ernst rollt auf den Hof. Vor der Rampe drei Sattelschlepper, kein VW-Transporter zu sehen. Im ersten Auflieger stapeln zwei Arbeiter große Pappkartons, mit Gestöhne.
»Morgen, können Sie uns sagen, wie wir zum Büro kommen?«
Sie setzen kurz ab. »Zu Korte? Durch die Glastür, dann rechts.«
Im Büro alte Luft mit satter Nikotinnote. Fünf Schreibtische, zwei sind unbesetzt, vorne zwei Mädchen, sehen aus wie Azubis, Korte am letzten. Kurzärmeliges Hemd, schwarze Lederkrawatte. Der Kopf wächst halslos aus dem Hemdkragen, wie ein roter Medizinball. Bei Wetten auf Herzinfarkt hätte der’ne Spitzenquote.
»Herr Korte?«
»Hier bei der Arbeit, was gibt’s denn schon am frühen Morgen, Leute?«
»Konstantin Kirchenberg. Das ist mein Kollege Ernst Funk, wir sind von der hiesigen Kripo und ermitteln in einem Mordfall.«
Die beiden Azubis sehen gleichzeitig auf, ihm entgleisen die Gesichtszüge.
»Kripo? Mordfall!«
»Ist erst mal nicht so dramatisch, wie es sich anhört. Bei einem unserer Verfahren könnte ein heller VW-Transporter eine Rolle spielen, der eine Aufschrift hat. Deshalb überprüfen wir Fahrzeuge dieses Typs. Ihre Firma hat auch so einen. Führen Sie darüber ein Fahrtenbuch?«
»Selbstverständlich, wie für alle unsere Fahrzeuge.« Ist ja gut. Eure Lenkzeiten interessieren heute keinen.
»Prima, dann können Sie uns ja sagen, wer am 19. 10., also vor etwa fünf Wochen, das Fahrzeug gefahren hat.«
Er steht auf, der Bauch schabt an der Schreibtischkante, steckt sich im Gehen eine Filterlose an. Er geht zu einem Schrank, nimmt aus einem der Fächer eine Tasche, sieht nach.
»Hab ich mir fast schon gedacht. Eigentlich fährt den jeder mal, Expressgut oder einzelne Stückware. Meistens aber Bernd, Bernd Michels.«
»Einer Ihrer Fahrer?«
»Ne, ne«, zwei tiefe Züge hintereinander, »ist eigentlich unser Buchhalter, aber wir machen hier alle nicht nur einen Job. Bernd fährt öfter kleinere Touren, wenn Not am Mann ist, macht er auch ganz gerne.«
»Bernd Michels. Ist der zu sprechen?«
»Im Augenblick nicht, der ist unterwegs, sagte ich ja schon, ist der öfter.«
»Wo wohnt der?«
»Müssten wir nachsehen. Claudia, sieh mal im Personalordner nach.« Leicht militärischer Unterton.
Eines der Mädchen steht auf, rollt ein Schrankrollo herauf, nimmt einen Ordner. Sie blättert, geht zum Schreibtisch, er notiert die Adresse, reicht den Zettel.
»Gut, das reicht uns, Herr Korte. Könnten wir uns das Fahrzeug jetzt noch ansehen, die Beleuchtung interessiert uns noch.«
»Macht das jetzt schon die Mordkommission?« Mit amüsiertem Grunzen, Seitenblick zu den beiden Azubis.
»Ja. Wenn man Mist gebaut hat, sind das so die Strafarbeiten.« Lassen wir ihm den Spaß, im Geiste legt er die beiden wahrscheinlich zweimal am Tag übern Schreibtisch.
Er lacht, seine Wampe hüpft. Grauenhaftes Geräusch, klingt wie früher,’ne Luftpumpe, in die Wasser gekommen ist.
»Aber den Wagen können Sie sich nicht ansehen, genau mit dem ist Michels unterwegs. Der kommt vor Mittag auch nicht wieder, ist Richtung Hannover, ganz eiliges Maschinenteil.«
Klar, die Karren rollen natürlich tagsüber.
»Hatte der Wagen in letzter Zeit kleinere Reparaturen, also auch Lampen und so weiter?«
»Der müsste eigentlich in Ordnung sein, der war nämlich«, er sieht noch mal im Fahrtenbuch nach, »in der letzten Woche beim TÜV.«
»Beim TÜV? Wo lassen Sie das machen?«
»Bei Weber an der Bundesstraße.«
»Gut, Herr Korte, mehr brauchen wir im Augenblick nicht. Sollte es nötig sein, schauen wir noch einmal vorbei.« Er grüßt beflissen, die beiden Azubis wagen einen letzten Blick.
Draußen knechten die
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