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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Balkon, dahinter Felder und ein Wald.
    »Tolle Aussicht.«
    »Ja, die wird mir fehlen.«
    Im nächsten Raum zwei Umzugskartons, Ernst nimmt einen. Ganz schön schwer.
    »Donnerwetter, was hast du denn...Scheiße!« Der rechte Griff reißt ein, der Karton kippt, nachgreifen ins Leere, fällt auf die Seite. Der Deckel klappt auf, Videokassetten fallen raus. »War nicht zu halten, tut mir leid.«
    Er setzt seinen ab, hilft mit einladen. »Kein Problem, war ein alter Karton.«
    »Local Hero«, »Es war einmal in Amerika«, »Der Clou«, »Blade Runner«.
    »Sind das alles deine Filme? Ich wusste gar nicht, dass du so ein Filmfan bist.« »Unheimliche Begegnung der dritten Art«, »Zeugin der Anklage«, »Bodyguard«, »Titanic«. »Du siehst dir ›Titanic‹ an?«
    »Wundert dich, he?« Er lächelt unsicher. »Häufig sind es gar nicht die ganzen Filme, sondern nur einzelne Szenen.«
    Fertig.
    »Gib mir den kaputten, ich fasse unten drunter, kannst du meinen nehmen.«
    Genauso schwer. Er schafft es, mit Karton im Arm abzuschließen, leises Stöhnen. Draußen wird der Regen wieder stärker.
    Ernst guckt »Titanic«.

14 Uhr 04
    Das Handy.
    »Kirchenberg.« Mit Frosch im Hals.
    »Hallo, Konni, hier ist Bruno.« Verdammt, Bruno, den gibt’s ja auch noch, völlig vergessen.
    »Hi, Bruno, ich hab schon ein paar Mal an dich gedacht, wollte heute Abend anrufen, hab’s bis jetzt einfach nicht dazwischen gekriegt. Du weißt ja...« Der hört bestimmt, dass es gekrückt ist.
    Sonja kommt rein, will wieder gehen, sieht die Aufforderung, bleibt.
    »Ist schon klar, Konni, kenne ich ja. Ich bin halt nur in der Stadt, hab die Polizei gesehen und dachte, ruf einfach mal an, vielleicht gibt’s ja noch’ne Möglichkeit.«
    »Du bist in der Stadt, das passt doch prima. Wenn du etwas Zeit hast, komm doch jetzt auf einen Kaffee hoch.«
    »Du, so war das nicht gemeint, ich will dich auch nicht in Schwierigkeiten...«
    »Quatsch nicht rum, Bruno, mir passt es wirklich ganz gut jetzt. Wenn du willst, komm rüber. Melde dich unten bei der Wache, die rufen dann hier oben an.«
    Er drückt das Gespräch weg. Da scheint ja echt die Hütte zu brennen. Der Geburtstag, Doris’ Geburtstag vor sechs Wochen, das war das letzte Treffen. Machte alles noch einen normalen Eindruck an dem Abend. Sonja zieht hörbar die Nase hoch.
    »’tschuldigung, war grad mit meinen Gedanken woanders.«
    »Schon gut«, sie winkt ab, »hier sind die Listen von den Transportern, die wir heute schon angetroffen haben, es fehlen natürlich noch einige. Bis jetzt haben wir insgesamt zwei mit defekten Bremslichtern zum jetzigen Zeitpunkt. Wie es damals war, können die nicht mehr sagen, bis auf einen, der angibt, sein Bremslicht vor etwa drei Wochen repariert zu haben.
    »Akten?«
    »Wir haben von den Fahrern, die wir zuordnen können, zwei mit Erkenntnissen, allerdings hat von denen nur einer ein Auto mit defektem Licht gefahren.«
    Akkurat, übersichtlich, fast chic. Die Listen sehen aus wie von’nem Grafiker.
    »Wisst ihr schon, weshalb die Akte haben?«
    »Nichts Aufregendes, aber einer«, sie zeigt auf die Liste, »Bertram, der Dachdecker, ist wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft, mehrfach. Wohl ein richtiger Schläger.«
    »War’s das?« Sie nickt. »Wenn noch was ist: Ich bin noch ein, zwei Stunden hier, unsere Fahrer überprüfen und endlich mal den Tatortbericht fertig schreiben, danach fahre ich wahrscheinlich mit Ernst auch noch mal raus. Sechs ist MK-Besprechung, kurz vorher treffen wir drei Teams uns hier.«
    Kurze Bestätigung, sie geht. Kühle Schönheit, hat fast ein Glamourgesicht. Warum ist die dann so völlig reizlos? Die Augen? Wie sie sich bewegt? Eigentlich eine Katalogfigur. Vielleicht zu perfekt. Ne, hat was mit dem Wesen zu tun, mit innen. Die umgibt eine eisige Erotik.
    Telefon.
    »Kirchenberg.«
    »Ja, die Wache, Lindner. Hier ist ein Bruno Fedderau, der...«
    Einen Hunni darauf, dass es um Doris geht.
    Sonja noch mal, hat ihren Stift vergessen, kurzer entschuldigender Blick.
    Es klopft, er wartet tatsächlich auf das Herein.
    »Hi.« Verlegenes Lächeln mit schief gezogenem Mund. Er nimmt sich einen Stuhl, setzt sich vor den Schreibtisch.
    »Na, Alter. Willste’n Kaffee?«
    »Ne, lass man, ich weiß ja, wie es bei’ner Mordkommission zugeht, will dich auch nicht lange nerven.«
    »Red keinen Quatsch, du nervst nicht.«
    Dankbares Nicken, er sieht auf den Boden. Die Ellbogen auf den Oberschenkeln, er reibt sich die Hände, tiefer

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