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Blutspiele

Blutspiele

Titel: Blutspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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sind.«
    »Normalerweise. Ich habe noch nicht so viel Erfahrung damit. Ich weiß es einfach nicht. Aber ich habe Ihnen ja erzählt, dass ich diese ermordeten Kinder hören konnte, obwohl ich im Koma lag. Das bedeutet, dass mein Geist noch etwas wahrnahm und funktionierte. Vielleicht gilt das auch für den Übertragungseffekt.«
    »Wenn er gewirkt hat, dann sind Joe und ich vielleicht immun dagegen.«
    »Mein Gott, hoffentlich. Ihr Joe benimmt sich nicht anders als sonst?«
    »Nein. Er ist gerade mit einem neuen Fall beschäftigt. Ich habe vor ein paar Minuten mit ihm telefoniert.« Eve umklammerte das Telefon, aber sie bemühte sich, die plötzlich aufsteigende Angst zu verdrängen. »Okay, er hat sich Jane gegenüber ein bisschen … steif benommen, als sie ankam. Und mir gegenüber war er etwas zu aufgeregt. Aber er hat in den letzten Tagen eine Menge durchgemacht. Ich bin nicht bereit, eine leichte Veränderung seines Verhaltens auf das Konto Ihres Voodoo-Zaubers zu schreiben.«
    »Würde er Ihnen erzählen, wenn er ein Problem hätte, das jenseits seines normalen Weltverständnisses liegt?«
    »Er spricht mit mir.« Aber Joe war ein Realist reinsten Wassers. Würde er es überhaupt vor sich selbst zugeben können, wenn er etwas erleben würde, was weder real noch akzeptabel für ihn wäre? Und heute Morgen war er keineswegs in der Lage gewesen, mit ihr über das, was ihm Sorgen machte, zu sprechen.
    »Aber Sie sind sich nicht sicher«, bemerkte Megan hellsichtig. »Nicht in diesem Fall. Da kann ich Ihnen keine Vorwürfe machen. Und ihm auch nicht. Die gewohnten Regeln greifen einfach nicht. Man stellt seine geistige Gesundheit in Frage. Das ist die erste Reaktion. Danach kommt es wohl auf den Einzelnen an.«
    »Megan.« Eve konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Ich glaube Ihnen, dass Sie diese toten Kinder hören konnten. Es war sehr schwer für mich, das zu akzeptieren. Wie Sie sagten, es widerspricht allem, was wir meinen zu wissen. Aber diese Sache mit der Übertragung kann ich nicht glauben. Ich weiß, dass Sie davon überzeugt sind, und ich habe großen Respekt vor Ihnen, aber ich denke, Sie liegen falsch.«
    »Das haben Sie sehr diplomatisch formuliert«, sagte Megan. »Ich habe diese Erfahrung eben gemacht.« Sie schwieg einen Augenblick. »Wir sind Freundinnen geworden, Eve. Ich hatte gehofft, Sie würden mir so weit vertrauen. Es ist schwer, das alles allein zu tragen.«
    »Wir sind Freundinnen. Aber Freundinnen müssen sich nicht in allem einig sein.«
    »Das ist wahr.« Megan fügte hinzu: »Aber Freundinnen beschützen einander, und das habe ich versucht. Ich muss Sie schützen, und ich muss Joe Quinn schützen.« Ihre Stimme vibrierte vor Intensität. »Selbst wenn ich mich nicht zu Ihnen hingezogen fühlen würde, so hätte ich doch Verantwortung. Ich könnte nicht zulassen, dass etwas, was ich getan habe oder was ich bin, Ihr Leben zerstört. Versprechen Sie mir, dass Sie die Augen offen halten, ob etwas anders ist als sonst?«
    »Natürlich.«
    »Und versprechen Sie mir, dass Sie mich dann anrufen. Verschweigen Sie es nicht.«
    »Ich werde mich melden.«
    »Gut. Ich weiß, das war schwer für Sie. Sie behalten die Dinge gern für sich.«
    »Und Sie nicht?«
    »Doch. Wir haben eine ganze Menge gemeinsam. Aber darum fühle ich mich Ihnen ja auch so nah. Auf Wiederhören, Eve.« Sie legte auf.
    Ja, und sie selbst fühlte sich ebenfalls mit Megan verbunden, dachte Eve, als sie das Gespräch beendete. Sie hatten beide eine Vergangenheit, die Schatten auf die Gegenwart warf, und hatten sich durch alptraumartiges Leid gekämpft. Eve hatte Megan nicht sagen wollen, dass sie an ihr zweifelte. Megan war ihre Freundin, und Freundschaft war in Eves Leben etwas Seltenes und Besonderes. Abgesehen von Joe und natürlich Jane führte sie ein ziemlich zurückgezogenes Leben. Megan war fast wie eine Bombe in ihr Leben geplatzt, als sie nach den sterblichen Überresten eines kleinen Jungen suchten, und sie hatten ein Band geknüpft, das nur schwer wieder zu zerreißen sein würde.
    Eve ging auf die Veranda und stieg die Stufen zum Seeweg hinunter. Warum bekämpfte sie Megan in dieser Angelegenheit so sehr? Megan hatte ihr merkwürdige und grausige Dinge gezeigt, die sie bis ins Innerste erschüttert hatten. Dennoch konnte Eve den letzten Schritt nicht gehen; die Behauptung, Megans Berührung wecke latente übersinnliche Fähigkeiten, mochte sie einfach nicht glauben. Wie aus einem Instinkt heraus wehrte sie sich

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