Blutspur des Todes
sich um einen dummen Jungenstreich.
Grace lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen und beobachtete, wie Pakula Barnetts Schrank durchsuchte und Schuhkartons voller Baseballkarten ausleerte.
Sie musterte Melanie und fragte sich, ob sie nicht einfach nur versuchte, etwas für sich und ihren Sohn herauszuschlagen: Eine Haftstrafe mit Aussicht auf Bewährung für Charlie und ein geringeres Strafmaß für sich selbst. Aber Grace und ihr Chef waren übereingekommen, dass es nichts schaden konnte, der Sache nachzugehen.
Vielleicht fanden sie ja tatsächlich etwas, das Max Kramer belastete.
Was für eine Ironie, wenn ausgerechnet Max Kramer, der verurteilte Mörder aus der Todeszelle holte, der Anstiftung zum Mord bezichtigt und am Ende selbst in der Todeszelle landen würde.
»Ich glaube, hier ist nichts«, sagte Pakula, nachdem er die Schubladen durchsucht hatte. Er ging zum Bett, sah darunter, schüttelte den Kopf und schlug dann die Decke zurück.
Und da war es. Im gleichen Moment, in dem Grace den weißen Plüschhund sah, wusste sie, dass sie gefunden hatten, wonach sie suchten.
»Das ist Mr. McDuff«, sagte sie, ohne sich bewusst zu sein, wie albern das in dieser Situation klang.
»Wie bitte?« fragte Pakula.
Grace nahm Emilys Plüschhund auf. »Meine Tochter vermisst ihn seit Mittwoch. Sie hat die ganze Zeit behauptet, der Schattenmann hätte ihn mitgenommen.«
»Der Schattenmann?« Pakula sah sie an, als habe sie den Verstand verloren. Sogar Melanie schien irritiert zu sein.
Grace fühlte es, noch bevor sie den Schnitt in Mr. McDuffs Rücken entdeckte. Vorsichtig drückte sie den Schlitz auseinander und sah, dass es eine Audiokassette war.
»Er muss sich gedacht haben, dass ich in dem Fall, dass ihm etwas zustößt, seine Sachen durchsuchen lasse und mir Emilys Hund natürlich nicht entgehen wird. Ich glaube, wir haben unseren Beweis.«
Dann warf sie Melanie einen Blick zu: »Okay, Sie haben Ihren Handel.«
Epilog
Zwei Jahre später
Manhattan, New York
Andrew Kane erwiderte Erin Cartlans Lächeln.
»Die Schlange reicht raus bis auf die Straße«, sagte sie, erfreut über die vielen Leute, die sich ein Exemplar seines neuen Buches signieren lassen wollten.
»Man sagt ja, es sei Ihr bisher Bestes«, erklärte die Frau, die direkt vor ihm stand und auf ihr Autogramm wartete.
»Östlich von Normal. Was hat Sie bloß auf diesen Titel gebracht?«
»Lesen Sie es, dann werden Sie es erfahren«, antwortete er.
»Stimmt es tatsächlich, dass die Geschichte auf wahren Ereignissen beruht?«
»Ach, Sie kennen doch die Verlage«, erwiderte er, den Blick auf seine Signatur gerichtet, die er auf die erste Seite gesetzt hatte. »Die behaupten alles Mögliche, wenn es dazu dient, Bücher zu verkaufen.«
Er gab ihr das Buch zurück – und in dem Moment sah er sie. Fast hätte er sie zwischen den anderen Wartenden in der Schlange gar nicht erkannt. Sie trug ein braunes Kostüm und kurze Haare und sah richtig gut aus. Man hätte sie für eine erfolgreiche Geschäftsfrau halten können, aber kaum für eine Frau, die auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden war.
Sie nickte ihm zu, als sie merkte, dass er sie erkannt hatte, und er winkte ihr, an seinen Tisch zu kommen.
Andrew stand auf und wusste nicht recht, wie er sie begrüßen sollte, doch da streckte sie ihm bereits die Hand entgegen.
»Mein Gott, Melanie, Sie sehen großartig aus. Wie lange sind Sie …« Doch dann wurde er sich wieder der wartenden Schlange bewusst und hielt inne.
»Erst seit ein paar Monaten.«
»Und wie geht es Charlie?«
»Gut. Nun ja, den Umständen entsprechend. In drei Jahren kann er ebenfalls einen Antrag auf Bewährung stellen.« Sie drehte sich um und blickte auf die Schlange. »Herzlichen Glückwunsch. Ihr Roman ist wirklich gut. Mir hat gefallen, wie Sie das alles beschrieben haben.«
»Nun ja, an einigen Stellen musste ich mir natürlich einige Freiheiten erlauben.«
»Ich weiß.« Sie lächelte ihn an. »Wie haben Sie das alles rausgekriegt über …« Sie kam näher an sein Ohr und senkte die Stimme. »Über meinen Vater und, na ja, Sie wissen schon?«
»Das meiste weiß ich von Ihrer Mutter und aus Zeitungsartikeln. Dass Jared keine andere Möglichkeit gesehen hat, als ihn umzubringen, um die Misshandlungen zu beenden, ist wahrscheinlich einer der Gründe dafür gewesen, dass er so geworden ist.«
Er nahm sie beiseite und deutete Erin und den in der Schlange Wartenden mit einer kurzen Geste
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